Übernahmen an der Börse Wetten auf das große Fressen

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Wenn Übernahmen platzen

Davon profitieren will auch Georg Issels. Durch die Brille mit den Halbmondgläsern überblickt er an seinem Schreibtisch drei Monitore, auf denen Finanznachrichten, Zahlenkolonnen und E-Mails aufblinken. Der gebürtige Rheinländer beschäftigt sich mit dem Thema Börse, seit er 16 ist. Hinter seinem Schreibtisch hängt eine rote Schmuckaktie des Kölner Kondomherstellers Condomi an der Wand, der heute längst pleite und vergessen ist. Daneben ein Bild von Issels mit Starinvestor Warren Buffett. Der eigentliche Schatz seines Unternehmens hängt aber nicht an der Wand, sondern stapelt sich in Dutzenden gelben Ordnern in Regalen der Scherzer-Zentrale in der Kölner Friesenstraße.

Darin sammeln die Investoren alle Informationen zu den Unternehmen, die sie begleitet haben. Dieser Fundus ermöglicht es, auch spontane Entscheidungen zu treffen wie im Fall der M.A.X. Doch der Vorgang zeigt auch, dass Übernahmespekulationen selbst für Profis ein schwieriges Geschäft sind. M.A.X. wurde bisher nicht übernommen, das Übernahmeangebot der Günther Holding lehnten die Aktionäre ab. Im November musste das Unternehmen seine Gewinnprognose kassieren. Die schönen Kursgewinne, die Issels mit seinem schnellen Handeln vor einem Jahr aufgebaut hatte, sind dahin. „Übernahmespekulationen brauchen oft viel Zeit und erfordern Geduld“, sagt er.

Diese Deals schrieben Geschichte
Bayer kauft Monsanto Quelle: REUTERS
Platz 10: Royal Dutch kauft Shell Transport & Trading Quelle: dpa
Platz 9: Exxon kauft Mobil Quelle: AP
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Platz 8: AT&T kauft Bell South Quelle: REUTERS
Platz 7: Pfizer kauft Warner-Lambert Quelle: AP
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Und selbst wenn Geduld und Gespür von Anlegern belohnt werden und ein Übernahmeangebot kommt, lauern Fallstricke. Schmerzlich erfahren mussten das jüngst Aktionäre des Herzogenrather Halbleiterspezialisten Aixtron. Sie haben sich die Hände gerieben, als ein chinesischer Fonds im Mai sechs Euro je Aixtron-Aktie bot. Das waren satte 60 Prozent Aufschlag zum durchschnittlichen Börsenkurs. Die Aktie schoss von gut vier bis auf 5,89 Euro.

Typisch für Übernahmen: Der Kurs steigt nach Bekanntgabe der Offerte oft bis knapp unter den angebotenen Kaufpreis. Knapp darunter, weil immer ein Restrisiko besteht, dass die Transaktion scheitert. Im Fall Aixtron hieß das Risiko Barack Obama und trat Anfang Dezember ein. Der US-Präsident untersagte die Übernahme wegen Bedenken, der Verkauf des US-Geschäfts von Aixtron an China könnte die nationale Sicherheit gefährden. Die Übernahme platzte, der Kurs kollabierte.

Auch beim Lübecker Maschinenbauer SLM Solutions scheiterte eine Übernahme vergangenes Jahr. Dem US-Hedgefonds und SLM-Großaktionär Elliott International war der gebotene Preis offenbar zu niedrig. Das Angebot von General Electric fiel durch, der Kurs brach ein. Wer hingegen die Gunst der Stunde sofort nutzte und seine Aktien nach Bekanntwerden der Offerte an der Börse versilberte, strich bis zu 77 Prozent plus im Vergleich zum Durchschnittskurs vor dem Übernahmeangebot ein.

Das zeigt: Für Anleger ist es oft besser, bei Übernahmeangeboten nicht lange zu fackeln. So entgehen sie dem Risiko, dass ein platzendes Geschäft die Rendite zunichte macht. Im Gegenzug müssen sie in Kauf nehmen, dass sie an der Börse weniger kassieren, als wenn der Deal tatsächlich klappt.

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