Ulrich Stephan "Der schwache Euro ist Europas Lichtblick"

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"Die Sorgen um eine Blase sind berechtigt"

Was trübt den Ausblick? Vom schwächeren Euro dürften doch einige Unternehmen profitieren.

Das schon. Allerdings erwarten wir, dass das Wachstum im Winter etwas schwächer ausfallen wird, auch bedingt durch Krisen wie die in der Ukraine. Zudem belasten Reformen wie der Mindestlohn oder das Rentenpaket den Arbeitsmarkt.

Deutsche haben keine Ahnung von Finanzen
Geldanlagen werden nicht hinterfragtObwohl die Zinsen aktuell auf extrem niedrigen Niveau herumkrebsen, hinterfragt die Mehrzahl der deutschen Anleger ihre bestehenden Geldanlagen nicht (69 Prozent). Lediglich 31 Prozent nehmen das Niedrigzinsumfeld zum Anlass, ihre Anlageformen zu überprüfen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Union Investment. Analysten der Bank haben das Anlageverhalten der Deutschen im zweiten Quartal des laufenden Jahres untersucht. Quelle: dpa
Desinteresse und mangelnde KenntnisseDie allgemeine Zurückhaltung beruht zum einen auf Desinteresse und zum anderen auf mangelnden Kenntnissen. Nur 19 Prozent der Befragten setzen sich aus eigenem Antrieb mit Finanzangelegenheiten auseinander. Rund 53 Prozent setzen sich überhaupt nicht mit Finanzfragen auseinander. Nur jeder Fünfte glaubt sich mit Geldanlagen gut auszukennen. Satte 39 Prozent halten ihre Finanzkenntnisse für unzureichend. Quelle: dpa
Junge Erwachsene schätzen Kenntnisse am schlechtesten einBesonders schlecht um den Wissensstand in Sachen Geldanlagen steht es bei den jungen Erwachsenen. In der Altersgruppe der 20- bis 29-jährigen glauben lediglich 14 Prozent über gute Finanzkenntnisse zu verfügen. 59 Prozent halten ihr Wissen für nicht ausreichend. In der höheren Altersgruppe der 40- bis 49-jährigen sieht die Lage nicht viel besser aus. Hier sind nur 16 Prozent davon überzeugt gute Kenntnisse in Finanzfragen zu besitzen. Bei den Menschen im Alter zwischen 50 und 59 Jahren sind es immerhin 24 Prozent, die glauben, ausreichendes Wissen über Geldanlagen zu haben. Quelle: IMAGO
Je höher das Einkommen, desto mehr Finanzwissen ist laut eigener Einschätzung vorhandenBefragte mit einem monatlichen Einkommen unter 1300 Euro schätzen ihr Finanzwissen besonders schlecht ein. Hier glauben nur drei Prozent über ausreichende Kenntnisse zu verfügen. In der Einkommensklasse über 2300 bis 3100 Euro steigt dieser Wert auf 14 Prozent, bei Menschen mit einem Einkommen über 4100 Euro liegt die Schätzung bei 34 Prozent, „Das Ergebnis der Studie zeigt, wie groß der Nachholbedarf bei diesem wichtigen Thema ist. Selbst unter den lebenserfahrenen älteren Menschen und denjenigen mit höheren Einkommen fühlt sich nur eine Minderheit in Finanzangelegenheiten sattelfest“, sagt Giovanni Gay, Geschäftsführer bei Union Investment. Quelle: dpa
Nur wenige SelbstentscheiderDie fehlenden Finanzkenntnisse sorgen für einen hohen Bedarf an Finanzberatung. 40 Prozent der Deutschen sind laut eigener Aussage bei ihren Anlageentscheidungen auf konkrete Empfehlungen ihres Bankberaters angewiesen. Besonders großen Wert auf die Beratung legen die 20- bis 29-jährigen (47 Prozent). Selbstentscheider hingegen gibt es nur wenige. Nur 33 Prozent der Haushalte investieren genügend Zeit, um eine möglichst treffende Anlageentscheidung zu treffen. Quelle: dpa
BauchgefühlIn erster Linie wollen sich die Deutschen mit ihren Finanzentscheidung wohlfühlen. 71 Prozent der Befragten geben an, dass ihnen ein gutes Bauchgefühl dabei wichtig ist. „Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Bankberatern im Kundengespräch eine bedeutende Aufgabe zukommt. Sie müssen ihren Kunden die Vorteile einer breit gestreuten Geldanlage aufzeigen und Brücken zu chancenreicheren Investments bauen. Nur wer sein Vermögen ausgewogen strukturiert und einschätzbare Risiken eingeht, kann bei langfristig niedrigen Zinsen auskömmliche Erträge erzielen“, erläutert Gay. Quelle: dpa
Starke SicherheitsorientierungIm Vordergrund jeder Entscheidung steht die Sicherheitsorientierung. 63 Prozent der Befragten steht der Aspekt der Sicherheit an erster Stelle. Rund 25 Prozent legen Wert auf größtmögliche Flexibilität der Geldanlage. Nur jeder Zehnte hat hohe Gewinnziele im Blick. Quelle: dpa

Und trotzdem sind Sie optimistisch für den Dax?

Ja, ein Plus von gut neun Prozent ist für 2015 möglich. Zum einen wird QE helfen. Zum anderen ist der Dax noch deutlich günstiger bewertet als andere Indizes, das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) ist niedriger als zum Beispiel beim EuroStoxx. Optimistisch sind wir vor allem für zyklische Branchen wie die Auto-, Bau- oder Chemieindustrie und Medien- oder Finanzwerte.

Gilt das auch für die US-Aktien?

Dort sind neben Finanztiteln vor allem IT- und Pharmawerte spannend.

Aktien bleiben also für renditeorientierte Anleger weiterhin unverzichtbar. Wie sieht es bei Anleihen aus?

Staatsanleihen sollten nur einen kleinen Teil des Portfolios ausmachen. Gegen zu viele Bonds spricht allein die attraktivere Rendite, die mit Dividendentiteln zu erreichen ist. Chancen gibt es allerdings in den USA, bei Unternehmensanleihen im Investment Grade-Bereich. Auch der stärkere Dollar spricht für solche Investments. Für risikofreudigere Anleger könnten auch Schwellenländeranleihen in lokaler Währung interessant sein.

Das ist die richtige Anlagestrategie für 2015

Aber wie hoch ist das Risiko an den Anleihemärkten? Einige befürchten bereits eine Blase. Bringt QE das Fass zum Überlaufen?

Die Sorgen um eine Blase sind berechtigt. Auch die Bundesbank warnte ja in ihrem Stabilitätsbericht vor Überhitzungen in bestimmten Segmenten, besonders bei Unternehmensanleihen. Das Problem besteht darin, dass der Kreditkreislauf nicht richtig funktioniert. QE wird meines Erachtens helfen, den Euro zu schwächen, und die Gewinne der Unternehmen zu steigern, die dann wiederum investieren. Tritt der Effekt allerdings nicht ein, sehe ich tatsächlich die Gefahr einer Blase, da die Anleihemärkte mit dem EZB-Geld vollgepumpt werden.

Trotz der Aussicht auf QE rechnen Sie nicht mit steigenden Inflationsraten. Ist die Beimischung von Gold als Inflationsschutz für das Depot ein Mythos?

Inflationsängste haben sich bisher als Phantomschmerzen entpuppt. Gut möglich, dass die prognostizierten hohen Inflationsraten irgendwann kommen, aber das dauert. Denn im Moment fallen die Inflationserwartungen. Auch die mögliche Zinserhöhung der Fed und der starke Dollar sprechen nicht für Gold. Ich würde es eher zur Absicherung von Eventualitäten und volatilen Phasen nutzen.

Was könnte Schwankungen auslösen?

Politische Entwicklungen in Europa könnten die Kurse durcheinander bringen. Gleiches gilt für eine Zinserhöhung in den USA. Auch wenn die sehr gut kommuniziert wurde und eingepreist ist, könnte es zu kurzfristigen Schwankungen kommen.

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