Unternehmensanleihen Anleger ignorieren Warnung von Buffet und Gross

Der Bullenmarkt sei vorbei, sagen Warren Buffett und Bill Gross – und warnen vor einem Investment in Firmenanleihen. Dennoch begeben Unternehmen aus den USA derzeit fleißig neue Bonds. Sie hoffen auf Spekulanten.

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Investmentlegende Warren Buffett: Mitleid für Bondanleger. Quelle: ap

New York Die Emission von Unternehmensanleihen in den USA steuert auf ein neues Rekordhoch für den Monat Mai zu. Offenbar wollen Emittenten noch rasch ihre Titel am Markt platzieren, bevor die Nachfrage abflaut. Immerhin haben Experten wie Bill Gross, der Verwalter des weltgrößten Anleihefonds, und Starinvestor Warren Buffett davor gewarnt, bei den niedrigen Renditen Geld in diesem Bereich zu investieren.

Angeführt wird die Emissionswelle in diesem Monat vom brasilianischen Energiekonzern Petroleo Brasileiro, dessen elf Milliarden Dollar schwere Emission die bislang höchste eines Schwellenland-Unternehmens ist. Insgesamt wurden in diesem Monat bereits Titel im Volumen von 120,2 Milliarden Dollar bei Investoren platziert, wie aus Bloomberg-Daten hervorgeht. Wenn es so weiter geht, könnte der bisherige Rekord von 162,6 Milliarde Dollar aus dem Mai 2008 übertroffen werden. Bereits jetzt wurden die 108,2 Milliarden Dollar für den gesamten Mai 2012 klar überboten.

Die Emittenten zapfen eifrig den Markt an, da immer mehr Anleger darauf spekulieren, dass die Renditen anziehen dürften, nachdem sich eine Konjunkturerholung abzeichnet. Drei Präsidenten von Fed-Regionalbanken sprachen sich vergangene Woche dafür aus, die monatlichen Käufe von 40 Milliarden Dollar an Hypothekenpapieren durch die Federal Reserve ausklingen zu lassen. Sie verwiesen darauf, dass das Tempo bei der Erholung des Immobilienmarktes anziehe. Dadurch könnte potenziell die Nachfrage nach riskanteren Anlagen – von Aktien bis hin zu Ramsch-Bonds – nachlassen.

„Viele Emittenten dürften der Ansicht sein, dass es besser ist, das Schicksal nicht herauszufordern“, sagt Edward Marrinan, Makro-Kredit-Stratege bei RBS Securities.

Warren Buffett, der Chairman und Chef der Investmentholding Berkshire Hathaway, hatte in einem Bloomberg-Interview diesen Monat erklärt, dass ihm Bond-Investoren Leid täten, da die Renditen von Unternehmensanleihen so niedrig seien.


Renditen auf Rekordtief

Tatsächlich sackten die Renditen Anfang Mai auf nie dagewesene 3,35 Prozent ab. Zum Vergleich: 2008 lag diese noch bei mehr als elf Prozent, wie aus dem Bank of America Merrill Lynch U.S. Corporate & High Yield Index hervorgeht. Das entspricht Zinseinsparungen von etwa 76,5 Millionen Dollar jährlich pro platziertem Bondvolumen von einer Milliarde Dollar. Die Rendite betrug Ende vergangener Woche 3,465 Prozent.

Bill Gross, der den 293 Milliarden Dollar schweren Total Return Fund verwaltet, schrieb kürzlich in einer Twitter-Notiz, dass der seit 30 Jahren anhaltende Bond-Bullenmarkt wahrscheinlich sein Ende gefunden habe.

Und auch die Analysten von Morgan Stanley kamen in einem Bericht zu dem Ergebnis, dass Investoren mittlerweile zum Teil zu viele Unternehmensanleihen kaufen müssten, um ihr gewünschtes Ergebnis erzielen zu können. „Die Investoren verfügen über Barmittel zum Ausgeben“, erklärte das Team um Adam Richmond. Käufer müssten jedoch Unternehmensanleihen „in einem Ausmaß ansammeln, der durch die Fundamentaldaten nicht gerechtfertigt“ sei.

Wie sich die Emissionen im weiteren Jahresverlauf entwickeln werden, hängt vor allem von den Zinsen ab, sagt das Analystenteam um Jason Shoup von Citigroup. Sie rechnen damit, dass viele Unternehmen aggressiv auf den Markt drängen werden, um Papiere zu refinanzieren, die 2014 fällig werden. Einige würden sich auch Mittel für Akquisitionen oder Investitionen verschaffen. Dies dürfte umso stärker geschehen, je mehr die Fed über einen Rückzug aus ihrem Bond-Programm diskutiere.

„Die Bedingungen für die Emittenten könnten gar nicht idealer sein“, schrieben die Analysten in ihrem Bericht. „Wie lange die Party andauert – das ist die Milliarden-Dollar-Frage.“

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