US-Aktien Bewertungstief führt Anleger nicht in Versuchung

In den vergangenen vier Jahren haben sich die US-Aktienkurse mehr als verdoppelt, zuletzt markierte der Dow Jones acht Rekordtage. Privatinvestoren hat es noch nicht zurück an die Börsen gezogen, sie bleiben nervös.

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Trotz der guten Lage an der NYSE zieht es die Privatanleger nicht zurück in Aktien. Quelle: AP/dpa

London/New York Obwohl die US-Aktienkurse sich in dem seit vier Jahren anhaltenden Bullenmarkt mehr als verdoppelt haben, sind die Unternehmen im US-Leitindex Standard & Poor's 500 immer noch billiger als bei jedem anderen Kurshoch seit 1980. Privatanleger haben bislang eher einen Bogen um Aktien gemacht.

Vergangene Woche stieg der S&P 500 bis auf ein Prozent an seinen bisherigen Höchststand und hat damit 131 Prozent gegenüber seinem Tief zugelegt. Derzeit werden die Aktien im S&P 500 zu einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15,4 gehandelt, deutlich unter dem Durchschnitt von 19,9 für die Haussen seit 1962, wie Bloomberg-Daten zeigen. Der Dow Jones Industrial Average machte am 5. März sämtliche Verluste aus der Finanzkrise wieder wett und kommt für dieses Jahr auf ein Plus von elf Prozent.

Privatanleger haben seit Jahresanfang 20 Milliarden Dollar in US- Aktien gesteckt – das sind allerdings gerade einmal 3,5 Prozent der Abflüsse seit 2007. Dagegen pumpten sie im laufenden Jahr 44 Milliarden Dollar in festverzinsliche Papiere, wie Daten des Branchenverbands Investment Company Institute (ICI) zeigen. Optimisten sehen das Fehlen privater Käufer als Anzeichen, dass noch genügend Mittel vorhanden sind, um die Rally aufrecht zu erhalten. Pessimisten befürchten dagegen, dass die Rally zu sehr von den Konjunkturmaßnahmen der Fed abhängt und auslaufen wird, sobald diese sich zurückzieht.

„Ich war auf dem Parkett an der New Yorker Börse, als der Dow sein neues Rekordhoch markierte, und es knallten weder Champagnerkorken noch waren die Leute besonders aufgeregt”, kommentierte Michael Holland, Chairman und Gründer des Vermögensverwalters Holland & Co. „Die Bewertungen sind extrem niedrig. Wenn es keine wirklich schlechten Nachrichten gibt, führt der Weg des geringsten Widerstands nach oben.”

Vergangene Woche legte der S&P 500 0,6 Prozent auf 1.560,70 Punkte zu und kommt damit für das Jahr auf ein Plus von 9,4 Prozent. Der Dow rückte bis auf 14.514,11 Zähler vor, nachdem er acht Tage hintereinander Rekordhochs markiert hatte. Am Montag gaben die Futures 0,5 Prozent nach, belastet durch die Abgabe auf zyprische Bankeinlagen, die die Eurozone beschlossen hatte.


Aktien sind momentan günstig bewertet

Bisher haben vor allem institutionelle Investoren von der Rally profitiert. Private Anleger haben in den sechs Jahren bis Ende 2012 mehr als 600 Milliarden Dollar aus Aktienfonds abgezogen, wie Daten des ICI belegen. Erst im Januar kauften sie netto wieder Aktien. Auch jetzt noch sind die Privatinvestoren nervös und haben in den zwei Wochen bis zum 6. März geschätzte 1,7 Milliarden Dollar aus Aktien abgezogen und 10,5 Milliarden Dollar in Anleihen gepumpt.

Auch im Vergleich zu Staatsanleihen sind Aktien derzeit so günstig wie fast nie bewertet, legt man die vom ehemaligen Notenbankchef Alan Greenspan bevorzugte Berechnungsmethode zugrunde. Aktuell erzielen Unternehmen im S&P 500 Gewinne in Höhe von 6,5 Prozent ihres Aktienkurses. Das sind rund 4,5 Prozentpunkte mehr als die Rendite zehnjähriger Treasuries. In den vergangenen zehn Jahren lag dieser Abstand durchschnittlich bei rund 2,5 Prozentpunkten, wie Bloomberg-Daten zeigen.

Die Bewertungen im S&P 500 sind trotz eines Anstiegs der Unternehmensgewinne auf fast das Doppelte seit 2009 unter ihren historischen Durchschnitten geblieben. In der fünf Jahre anhaltenden Rally bis Ende Oktober 2007 lag das Kurs-Gewinn-Verhältnis laut Bloomberg-Daten im Schnitt bei 18,1 und während der Aufwärtsbewegung in den 1990er Jahren bei 20,9. Während des Kursanstiegs ab 2002 fielen die Bewertungen den Daten zufolge erst im vierten Jahr des Zyklus unter den historischen Mittelwert von 16,4. Lediglich 1980 war die Bewertung während des Anstiegs auf ein Rekordhoch niedriger: damals wurden die Aktien zum 9,1-fachen des Gewinns gehandelt.

Doch die Privatinvestoren lassen sich offenbar auch nicht von günstigen Bewertungen anlocken. „Es sieht nicht so aus, als ob der Privatanleger schon auf den Markt zurückgekommen wäre”, sagt Joseph Veranth, Chief Investment Officer bei Dana Investment Advisors in Brookfield, Wisconsin. „Die Leute sind nicht überzeugt, dass der Aufwärtstrend echt ist. Sie haben sich zweimal böse die Finger verbrannt und hegen noch Zweifel.”

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