US-Aktien Die Frühlingsboten bedeuten noch nicht die Wende

An der Börse mehren sich die Anzeichen eines neuen Aufschwungs. Doch die zarten Frühlingsboten bedeuten noch nicht wirklich die Wende.

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Wall Street Quelle: AP

Die Investoren dürfen sich wieder einmal bei den Zentralbanken bedanken. Weltweit lockern die großen Spieler, wie die Europäische Zentralbank (EZB), die Bank of Japan und Chinas Notenbank, aber auch kleinere Spieler, wie zuletzt jene Norwegens und Neuseelands – ihre Geldpolitik. Die Bank of England hat ihre Zinsen angesichts der Unsicherheiten über einen möglichen Austritt Großbritanniens aus der EU auf historischen Tiefständen belassen. Auch die US-Zentralbank Fed hat sich vor Kurzem gegen eine Zinsanhebung entschieden und die Erwartungen auf zukünftige Zinsschritte gedämpft. EZB-Chef Mario Draghi hat die Zinsen erstmals in der Geschichte auf null reduziert.

Die Folge: eine Abschwächung des Dollar-Kurses und eine Erholung der Rohstoffpreise, insbesondere des Ölpreises. Der sinkende Dollar-Kurs hat den zuvor abgesackten rohstoffnahen Aktien wieder Auftrieb verliehen, womit die Einbußen von mehr als zehn Prozent, die große Indizes nach der Jahreswende hinnehmen mussten, egalisiert wurden. Unter den Nachzüglern finden sich große Technologiewerte, die im vergangenen Jahr zur Zeit des Dollar-Anstiegs zu den größten Gewinnern gezählt hatten.

Wie Chefstratege Michael Hartnett von der Bank of America/Merrill Lynch beobachtet, verläuft die jüngste Erholung vieler Aktien parallel zu einer Aufwertung des chinesischen Yuan. Das deute auch auf ein Nachlassen der China-Sorgen hin. Fast alle großen Börsen haben sich von den zu Jahresbeginn erlittenen Einbrüchen schon wieder merklich erholt. Dank des geldpolitischen Rückenwinds verzeichneten die großen US-Indizes die fünfte Woche in Folge Zugewinne.

Nun stellt sich die Frage, ob der von Rohstoffen angeführte Aufwärtstrend eher riskanter Anlageklassen mehr als eine kurzfristige Gegenbewegung ist. Wird die weltweit lockere Geldpolitik die Aufwärtsdynamik in Schwung halten können?

Zu den großen Gewinnern zählten auch Junk-Bonds (Schrottanleihen). Seit seinem Tiefstand hat der Kurs des beliebtesten börsengehandelten Junk-Bonds-Fonds um zehn Prozent zugelegt.

Aber vielleicht sind das nur Frühblüher, die, wie die Knospen nach dem wärmsten Februar in den USA seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, dem kalten März wieder zum Opfer fielen. So sieht es jedenfalls David Levy, der in der dritten Generation das Jerome Levy Forecasting Center leitet. „Sobald die Frühjahrsdaten herauskommen und der positive Effekt des warmen Winters verpufft ist, werden die gegenwärtig überaus erfreulichen Daten auf das – meist nicht sehr gute – Trendniveau zurückfallen“, schrieb Levy seinen Kunden.

Seiner Meinung nach werden die Märkte wieder „Anpassungsbedarf haben“, sobald die Daten der weniger begünstigten Monate März und April veröffentlicht werden; die Bärenmarktrally werde dann enden, auch weil die Blase, die Levy in den Schwellenländern erkennt, wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücke. Die ist seiner Einschätzung nach größer als die Technologieblase zum Millenniumswechsel oder die US-Häusermarktblase vor Lehman.

Teure Schwellenländer

Die noch immer überzogene Bewertung der Schwellenländer sei das Ergebnis staatlicher und Notenbank-Eingriffe, die das Platzen der jeweils vorangegangenen Blase kompensieren sollten, sagt Levy: „Diesmal sehen viele Leute Ausschnitte der Blase, aber nur wenige verstehen, dass sie alle nur Ausdruck eines einzigen gigantischen, weltweiten Spekulationsexzesses sind.“ Der schrumpfende Welthandel, die rückläufige Nachfrage nach Investitionsgütern, der Verfall der Preise von Industriewaren und die nach wie vor schwachen Einkaufsmanagerindizes sowie straffere Kreditkonditionen signalisieren die Existenz globaler Überschusskapazitäten, so Levy weiter. Vielleicht sind das ja auch jene „fraglichen Entwicklungen“, die die Fed in ihrer Entscheidung, ihr Zinsziel unverändert bei 0,25 bis 0,5 Prozent zu belassen, nebulös andeutete.

Allzu viel Vertrauen in den Aufschwung haben auch die Zins- und Futures-Märkte nicht. In der Vergangenheit waren sie meist bessere Taktgeber als die meisten Experten. Sie erwarten keine weitere Zinserhöhung in den USA vor Dezember. Das widerspricht der Aufschwungsrhetorik vieler Volkswirte, denn für den Fall einer starken, ausdauernden Erholung hat die Fed weitere Zinserhöhungen angekündigt.

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