Auf großes Anlegerinteresse stößt die jüngste Ausgründung: E-Commerce-Pionier Ebay entledigte sich am 23. Juli des Online-Bezahldienstes PayPal, den er zuvor den beiden Gründergurus Peter Thiel und Elon Musk (heute: Tesla) abgekauft hatte. In diesem Fall könnte das Spin-off wirklich sinnvoll sein. Ebay möchte sich ohnehin wieder stärker auf sein ursprüngliches Kerngeschäft, Online-Auktionen, konzentrieren. Allerdings ist es womöglich zu spät, jetzt noch Ebay zu kaufen, die Aktie ist seit Oktober letzten Jahres schon rund 90 Prozent im Plus und teuer: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis der Analystenschätzungen für 2015 beträgt 17.
PayPal wiederum, das 2002 schon einmal für kurze Zeit börsennotiert war, wurde von Ebay damals für nur 1,5 Milliarden Dollar von der Börse geholt; heute ist der Bezahldienst das 31-Fache wert: 47 Milliarden Dollar. Sicher, auch die Umsätze haben sich vervielfacht, aber langfristig besteht die große Gefahr, dass das elektronische Abwickeln von Überweisungen eine margenschwache Standarddienstleistung wird.
Weitere Abspaltungen dürften in den kommenden Monaten stattfinden. So will die US-Buchhandelskette Barnes & Noble ihre Hochschulbuchhandlungen als Barnes & Noble Education abspalten. Die weltgrößte Mietwagenfirma Hertz will ihr Geräteverleihgeschäft in ein separates Unternehmen, Hertz Equipment Rental, ausgliedern und der Investitionsgüterhersteller Manitowoc seine Gastrotechnikgruppe auf eigene Beine stellen.
Nach Daten der US-Beratungsfirma Strategas liefen Spin-off-Aktien in den vergangenen sechs Jahren im Schnitt 2,6 Prozentpunkte schlechter als die Börse, während die Ex-Konzernmütter der Börse im Schnitt um 2,2 Prozent nachhinken.
Wie können Anleger gute Spin-offs von Rohrkrepierern unterscheiden? Indikatoren für mögliche Versager sind oft hohe Schulden und Ankündigungen von Spin-offs nach jahrelangen Börsenhochs. Hinterfragen sollten Anleger in jedem Fall die Motive: Oft versucht das Management der Mutter, deren Zahlen auf Kosten der Töchter zu verbessern.
Fakten zu Übernahmeprämien - Goodwill
In der Regel zahlen Unternehmen bei einem Erwerb eines Konkurrenten eine Übernahmeprämie (sogenannter Goodwill oder Firmenwert).
Dieser Goodwill bemisst sich aus der Differenz zwischen gezahltem Kaufpreis und dem bewertbaren Vermögen des erworbenen Unternehmens.
Bis ins Jahr 2004 galt die Regel, diesen Goodwill regelmäßig abzuschreiben, mit einer Laufzeit über 10 bis 15 Jahre. Früher wurde unterstellt, dass die gezahlte Prämie keinen ewigen Nutzen darstellt und sich etwa wie eine Maschine abnutzt. Seit neun Jahren ist diese Regel abgeschafft. Stattdessen müssen Unternehmen einmal jährlich testen, ob die einst gezahlte Prämie noch gerechtfertigt ist. Ist dies nicht der Fall, müssen sie auf den Goodwill abschreiben. Für den Test zählen unternehmensspezifische Indizien wie die Schätzung zukünftiger Mittelzuflüsse oder Zinsannahmen; extern wirken Konjunktur und Börsenentwicklung als Indikatoren ein. Rezession oder Finanzkrise – das alles ficht die 30 Dax-Unternehmen kaum an.
Anlegern drohen wegen der nur sehr geringen Abschreibungen böse Überraschungen: Bei plötzlichen hohen Abwertungen würden Aktien, gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis, teurer; zudem bräche das Eigenkapital der Unternehmen ein.
Und: Sollten die Boni für die Konzernmanager an eine kurzfristige Steigerung der Aktienrendite geknüpfte sein, ist immer Vorsicht geboten. Dan Kozlowski, Portfolio-Manager bei Janus Capital Fonds, versucht, vor Käufen zu recherchieren, ob eine Einheit „aus den rechten Gründen“ abgespalten wird, wie er das nennt. Oft werde eine angeschlagene und mit Schulden überladene Sparte vom Management via Börse „weggelobt“.
Gründlich daneben
Ein Beispiel für eine gründlich vermasselte Ausgründung ist die vom US-Chemieriesen DuPont im Juni 2014 abgespaltene Spezialchemiefirma Chemours. DuPont stand seinerzeit unter starkem Druck des aktivistischen Investors Nelson Peltz, die Aktie war der Börse seit Jahren hinterhergelaufen. Peltz sammelte DuPont-Aktien ein und verlangte auf der Hauptversammlung energisch die Abspaltung der ertragsschwachen Chemours.
Das Ergebnis ist sicher nicht in seinem Sinne: Die Ausgliederung fiel in eine Zeit, in der die Preise für Titandioxid, einem Schlüsselprodukt des Unternehmens, plötzlich zu fallen begannen; die Gewinne fielen entsprechend mager aus. Dazu startete das neue Unternehmen mit vier Milliarden Dollar netto Schulden.
Die Verschuldung wog schwer genug, um Chemours bei der Agentur Moody’s ein Ramsch-Rating einzubringen. Auch sollte Chemours jedes Quartal eine Dividende von 100 Millionen Dollar ausschütten – was sich angesichts des mageren freien Mittelzuflusses und der begrenzten Kreditaufnahmekapazität schon nach der ersten Ausschüttung als illusorisch erwies.
Die Chemours-Aktie verlor 28 Prozent seit dem Spin-off. Ausgerechnet Peltz, der sich als auf fremdfinanzierte Übernahmen spezialisierte Heuschrecke einen Namen gemacht hat, hatte zuvor lauthals „solidere Finanzstrukturen“ für Chemours gefordert.