US-Notenbank Fed Kommt heute die Zinswende?

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Wie wirkt sich eine Zinserhöhung auf die Märkte aus?

Glaubt man den Krisenpropheten, könnte die Fed einen erheblichen Crash an den Märkten auslösen. Jim Rogers, Hedgefondsmanager, prophezeite der WirtschaftsWoche etwa in einem Interview düstere Aussichten: „Die Fed folgt meist nur den Märkten. Deshalb beobachte ich lieber die Märkte selbst. Die Zinsen am langen Ende steigen seit 2012, und nun steigen sie auch am kurzen Ende. Nach einigen Zinserhöhungen werden die Börsennotierungen nach Süden drehen und die Marktteilnehmer den Weltuntergang ausrufen. Dann wird in der Fed Panik ausbrechen und Chefin Janet Yellen zur Rettung der Anleger geritten kommen. Politiker und Zentralbanker glauben, Probleme ließen sich durch noch mehr Schulden lösen. Ein schlimmer Irrtum. Am Ende werden soziale Unruhen und Krieg stehen.“

Martin Armstrong, Finanzmarktanalyst, der mit Computermodellen Börsencrashs vorhersagt, will bereits das genaue Datum des nächsten Einbruchs kennen. „Ich erwarte einen Crash im Oktober dieses Jahres, weil dann die Blase an Staatsanleihen platzt. Um den 17. herum sollten die meisten das verstanden haben. Erste Anzeichen werden weitere wirtschaftliche Unruhen in Europa sein. Hinzu kommt, dass die Federal Reserve die Zinssätze anheben wird.“ Armstrong hatte mit seinen Modellen die Krisen 1987 und 1999 vorhergesagt.

Deutlich positiver sieht Anleiheguru Bill Gross eine anstehende Korrektur der US-Zinspolitik. "Die Fed will beweisen, dass sie wie ein kranker Patient aus dem Bett kriechen und aufstehen kann. Nullzinsen sind schön für Kreditnehmer, aber sie haben negative Auswirkungen für Pensionsfonds, Versicherungen und andere große Anleiheinvestoren.“ Das ließe sich nun mit einer Zinsanhebung korrigieren - natürlich zulasten der hochgetriebenen Aktienkurse in den USA.

In den Schwellenländer dürfte der Schritt kurzfristig zu starken Schwankungen an den Märkten führen. Lutz Röhmeyer, Fondsmanager eines Schwellenländer-Anleihefonds bei LBB Invest hält die Auswirkungen aber für überschaubar. „Langfristig spielt die Zinspolitik der US-Notenbank in den Schwellenländern eher eine untergeordnete Rolle. Auch die Zinswende wird relativ glimpflich ablaufen", sagte er im Interview mit der WirtschaftsWoche. „Das Kapital ist ja tatsächlich aus den Ländern abgeflossen, allerdings bereits zwischen 2013 und 2014, als der damalige Notenbankchef Ben Bernanke erstmalig vom Tapering der Fed sprach und damit die Märkte überraschte. Damals haben Privatanleger aus den Schwellenländern innerhalb eines Jahres so viel Kapital abgezogen, wie sie vorher in zehn Jahren investiert hatten. Seitdem sehen wir aber eher eine Seitwärtsbewegung, die Fed hat die Zinswende mehr als ausreichend vorbereitet.“

Nick Robinson, der bei Aberdeen einen Brasilien-Aktienfonds managt, sieht das ähnlich. „Was die Fed angeht, sehen wir einer Zinserhöhung in Brasilien relativ gelassen entgegen. Die brasilianische Notenbank hat diesen Schritt bereits seit einigen Monaten vorweggenommen und ihre Leitzinsen erhöht, zuletzt um 0,5 Prozentpunkte auf 14,25 Prozent. Sie geht in die richtige Richtung, um die Inflationsrate im kommenden Jahr bei 4,5 Prozent stabil zu halten.“

Und schließlich dürfte die Fed-Entscheidung heute Abend selbst den Goldpreis nicht kalt lassen. „Die Angst vor der Zinswende hat den Preis bereits gedrückt", sagte Eugen Weinberg, Chef-Rohstoffanalyst der Commerzbank im WirtschaftsWoche Interview. "Wenn die Fed das tut, was alle erwarten, dann hat das keinen Einfluss mehr auf den Goldpreis. Sollte die Fed dagegen die Zinswende verschieben, wäre das eine Nachricht, die den Goldpreis bewegen würde - und zwar nach oben. Im übrigen war der Beginn eines Zinserhöhungszyklus in der Regel auch der Tiefpunkt für den Goldpreis.“

Mit Material von Reuters und Bloomberg

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