Virtuelle Börsengänge ICOs auf dem Schweizer Prüfstand

Mit „Initial Coin Offerings“ kommen Unternehmen unkompliziert an frisches Kapital. Der schweizerischen Finanzaufsicht ist der Boom suspekt: Sie will die virtuellen Börsengänge stärker unter die Lupe nehmen.

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Digitale Assets werden die Finanzindustrie verändern“, sagt Deutsche-Börse-Vorstand Thomas Book. „Immer mehr etablierte Finanzinstitute wollen in dieser neuen Assetklasse aktiv werden.“ Quelle: Reuters

Zürich Virtuelle Börsengänge, sogenannte ICOs, haben einen wahren Boom erlebt. Nun nimmt die schweizerische Finanzaufsicht Finma das Geschäft unter die Lupe. Man könne „nicht ausschließen, dass ICO-Aktivitäten, insbesondere aufgrund der aktuellen Marktentwicklung, in betrügerischer Absicht erfolgen“, teilte die Behörde am Freitag mit. Bei mehreren Börsengängen prüfen die Schweizer nun, ob sie von Gesetzeswegen einschreiten können.

Bei den sogenannten „Initial Coin Offerings“ (ICO) sammeln Unternehmen Kapital ein und geben dafür Anteile aus – genau wie bei normalen Börsengängen, den „Initial Public Offerings“. Statt Aktien erhalten die Kapitalgeber jedoch sogenannte Token. Ist das Geschäft erfolgreich, sollen diese an Wert gewinnen.

Die virtuellen Börsengänge boomen – auch in der Schweiz. Rund 600 Millionen US-Dollar wurden dabei bereits eingesammelt, teilte der Branchenverband „Crypto Valley Association“ unlängst stolz mit. Umgerechnet 230 Millionen Dollar warb allein das Start-up Tezos binnen zwei Wochen ein

In der kleinen Stadt Zug ist eine „Hauptstadt der Krypto-Welt“ entstanden. Viele Start-ups wollen von der Begeisterung für die sogenannte Blockchain-Technik profitieren. An kreativen Ideen für die Einsatzmöglichkeiten der neuen Technik mangelt es nicht. Benutzbare Anwendungen sind bislang allerdings noch Mangelware.

Das Kanton lockt die Start-ups mit liberaler Gesetzgebung: Mit Stiftungen lässt sich das Geld leicht verwalten. Kritiker fürchten, dass es sich dadurch auch leichter abziehen lässt. Die Schweizer Finanzaufseher wollen nun prüfen, inwiefern die ICOs überhaupt in ihre Zuständigkeit fallen.

Die Behörde erkennt das „innovative Potenzial“ der Technologie zwar an. Doch die Aufseher fürchten, dass sich in dem Markt auch schwarze Schafe verstecken. Erst vor wenigen Tagen hatte die Finma publik gemacht, dass sie gegen virtuelle „Scheinwährungen“ vorgeht. Im Fahrwasser der Kryptowährung Bitcoin soll ein Unternehmen mit scheinbaren scheinbar getürkten Online-Währungen auf Kundenfang gegangen sein. Rund vier Millionen Franken sollen so zusammengekommen sein.

Während die Schweizer die virtuellen Börsengänge noch prüfen, haben die Behörden in China und Südkorea bereits zu drastischeren Mitteln gegriffen. Nachdem China die ICOs Anfang September verboten hatte, legte am Freitag auch Südkorea nach: Sämtliche Wege, mit virtuellen Währungen Kapital einzusammeln, wurden verboten. Der Handel mit virtuellen Währungen müsse streng kontrolliert und überwacht werden. Wer dennoch virtuelle Währungen ausgibt, müsse mit „harten Strafen“ rechnen, teilte die örtlichen Behörde mit. 

Kryptowährungen wie der Bitcoin haben sich zuletzt als attraktive Geldanlage entpuppt. Der Bitcoin kannte 2017 eigentlich nur eine Richtung – nämlich die nach oben. Innerhalb weniger Monate ist der Kurs von 900 Dollar auf fast 5000 Dollar gestiegen. Das rigorose Durchgreifen in Asien hatte den Kurs zuletzt allerdings massiv belastet.

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