Vorsichtige Erholung bei Bitcoin und Co. Die Bilanz des Krypto-Blutbads

Das „Krypto-Blutbad“ ist vorerst beendet: Bitcoin, Ethereum, Ripple und Co. liegen deutlich im Plus. In die Kritik geraten die Bitcoin-Futures. Anders als erhofft heizen sie Crashs offenbar erst richtig an.

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Bitcoin-News: Neuste Nachrichten von heute zur Kryptowährung Quelle: Photographer's Choice/Getty Images

Düsseldorf Vorsichtiges Aufatmen am Krypto-Markt: Nach einer Woche mit extremen Kurs-Volatilitäten erholen sich die wichtigsten Kryptowährungen von einem Teil der Verluste. Der Bitcoin liegt am Donnerstagabend laut Daten der Website coinmarketcap.com über 20 Prozent im Plus. Andere Cyberwährungen übertreffen diesen Wert sogar: Ethereum steigt um über 30 Prozent, Ripple sogar um über 70 Prozent.

Krypto-Anleger haben harte Tage hinter sich, und selbst die Kritiker von Bitcoin & Co. hat der jüngste Absturz der wichtigsten Digitalwährungen nicht kaltgelassen. Manche sprachen schon vom „Krypto-Blutbad“. Binnen zwei Tagen verlor der Bitcoin ein Drittel seines Wertes und riss fast alle Konkurrenten, darunter Ethereum und Ripple, mit nach unten. Auch wenn der Bitcoin nun wieder etwas höher liegt: Das Rekordhoch von 20.000 Dollar im Dezember liegt in weiter Ferne.

Bitcoin-Fans der ersten Stunde freuen sich im Netz und verweisen auf ein bekanntes Muster vergangener Korrekturen: Schon häufig ist der Bitcoin deutlich eingebrochen und hat sich meist ebenso deutlich wieder erholt. Garantiert ist eine solche Entwicklung allerdings nicht. So ließen frühere Bitcoin-Abstürze bei einem Kurs von 100 Dollar die meisten Beobachter kalt – heute bewegt ein Crash Milliarden. Und seit die neu aufgelegten Bitcoin-Futures im Dezember an der Chicagoer Börse angekommen sind, steigt die Ansteckungsgefahr auch für den klassischen Finanzmarkt.

Weniger optimistische Investoren erinnert der aktuelle Crash auch an den Bitcoin-Kursverfall Ende 2013. Damals sank der Preis von einem Rekordhoch von 1.149 Dollar über einen längeren Zeitraum bis auf 177 Dollar. Auch hier sollte es zu einer Erholung kommen – es brauchte allerdings über drei Jahre bis zum Jahresbeginn 2017, bis der Ausgangswert wieder erreicht war.

Die Achterbahnfahrt der Kryptowährungen hat viele Gründe. Vor dem chinesischen Neujahrsfest im Februar machten offenbar viele Anleger im Reich der Mitte Kasse – ein bekanntes Muster aus den vergangenen Jahren.

Dazu kommt die Angst vor einem Kollaps des Marktes durch staatliche Eingriffe. „Der Preissturz zeigt meines Erachtens die Nervosität der Investoren im Bereich Krypto-Assets, vor allem vor dem Hintergrund der Maßnahmen von Regulierungsbehörden. Diese waren zu erwarten, werden aber dazu beitragen, das Ökosystem der Krypto-Assets zu professionalisieren“, erklärt Professor Philipp Sandner, Leiter des Blockchain-Center der Frankfurt School of Finance and Management.

Lange waren die chinesischen Sparer, die per Bitcoin ihr Geld dem Zugriff der Partei- und Staatsführung zu entziehen versuchten, verlässliche Abnehmer. Doch inzwischen ist Peking die Währung, der so viele Landsleute verfallen sind, ein Graus. China hat die Krypto-Börsen geschlossen und will nun die Produzenten vertreiben. Auch Südkorea diskutiert ein Komplettverbot des Handels. Das zeigt, dass der Bitcoin verwundbarer ist als gedacht.

„In den nächsten Monaten werden noch zahlreiche regulatorische Schritte erfolgen. Ich denke aber, dass diese zum Ziel haben, die Technologie in geordnete Bahnen zu lenken, und nicht, die Technologie komplett zu stoppen“, sagt Sandner. „Technologischen Fortschritt kann man nicht aufhalten. Er muss aber kanalisiert werden.“


Die Rolle der umstrittenen Bitcoin-Futures

Ein Weg, Bitcoin und Co. einzuhegen, ist die Aufnahme des Handels an regulierten Börsen. Seit Dezember sind in Chicago Bitcoin-Futures handelbar, die den Kurs langfristig stabilisieren könnten, so die Erwartung der Börsenbetreiber. CME-Chef Terry Duffy erklärte Ende November: „Wenn der Preis steil fällt, dann werden wir den Handel aussetzen.“ Man werde den Bitcoin zähmen und zu einem regulären Finanzinstrument machen, das nach den üblichen Regeln gehandelt werde.

Die Realität sieht jedoch anders aus: Dass der Bitcoin am klassischen Finanzmarkt angekommen ist, dürfte zum jüngsten Kursverfall beigetragen haben. Daten der Chicagoer Börsen CME und CBOE zufolge haben viele Profihändler mit den im Dezember aufgelegten Bitcoin-Futures auf fallende Kurse gewettet, was den Crash beschleunigt hat. Privatanleger hatten dagegen mehrheitlich auf weiter steigende Kurse gewettet. Einige Marktbeobachter sehen die Bitcoin-Futures sogar als Hauptursache für den aktuellen Crash. Viele Investoren sind demnach mit großen Mitteln in Bitcoin eingestiegen in der Hoffnung, mit Shortpositionen bei den neuen Futures (also dem Wetten auf fallende Kurse) Kasse zu machen. Eine Reihe an Future-Kontrakten sind diese Woche ausgelaufen – ein guter Zeitpunkt, um gehaltene Bitcoins abzustoßen und mit den Futures Kasse zu machen.

Wie die aktuelle Erholung zeigt, haben viele Anleger nur darauf gewartet, bei einem kräftigen Kursrutsch einzusteigen oder nachzukaufen. Wie vorsichtig Privatanleger dennoch sein sollten, zeigt der Preisaufstieg bei BitConnect. Nachdem die Kryptowährung nach Vorwürfen gegen den Betreiber und dem Schließen ihrer zentralen Handelsplattform in der Nacht zu Mittwoch ins Bodenlose abgestürzt war, liegt sie nun wieder erstaunliche 213 Prozent im Plus.

Manche Analysten sehen zumindest die Entwicklung beim Bitcoin auch als ganze normale Korrektur. „Der Bitcoin hat 2017 eine parabelförmige Rally erlebt. Der Markt ist überkauft“, erklärte Ari Paul vom Krypto-Hedgefonds Blocktower Capital. Die Korrektur sei überfällig gewesen.

Eines haben die Turbulenzen am Krypto-Markt in jedem Fall gezeigt: Die Ankunft des Bitcoins am klassischen Finanzmarkt ändert nichts an seiner extremen Volatilität. Eher hat die Zulassung von Terminkontrakten in Chicago Ende 2017 neue Spekulationschancen eröffnet. Damit steigt auch die Gefahr weiterer Abstürze.

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