Vorwurf der Steuerhinterziehung Filmfonds-Anlegern droht ein teures Nachspiel

Die Finanzverwaltung bewertet manche Fondsmodelle von Filmfonds-Anbieter Hannover Leasing negativ und spricht von Steuerhinterziehung. Den Anlegern drohen hohe Steuernachzahlungen.

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Zwölf Milliarden Euro haben deutsche Anleger in den Jahren 1997 bis 2005 in Film- und Medienfonds investiert, um Steuern zu sparen. Quelle: Reuters

Düsseldorf Der Zoff zwischen Filmfondsinitiatoren und Finanzverwaltung spitzt sich zu. Bei acht der insgesamt 14 Filmfonds von Hannover Leasing (HL) vermuten die Beamten Steuerhinterziehung. Betroffen sind 7500 Anleger, die knapp eine Milliarde Euro in diese Fonds gesteckt haben. Rund 2,3 Milliarden Euro sammelten die Münchener für Filmfonds bei Besserverdienenden ein und waren damit einer der größten Anbieter dieses deutschen Steuerstundungsmodells.

In einem Brief, der dem Handelsblatt vorliegt, informiert HL die Anleger des Fonds „First Twenty Million“ darüber, dass sie in den Augen der Finanzverwaltung in eine „verdeckte Festgeldanlage“ investiert haben und dieses Geschäftsmodell nur zum Schein mit der Filmherstellung verknüpft worden sei. Anbieter HL will sich gerichtlich gegen den Vorwurf der Steuerhinterziehung wehren. Falls sich die Finanzverwaltung durchsetzt, wäre der gesamte anfängliche Steuervorteil verloren. Den Anlegern drohen immense Steuernachzahlungen.

Grund dieser neuerlichen Vorwürfe ist eine bei diesem und sieben weiteren Fonds gegebene Platzierungsgarantie der HL gegenüber den Studios, die den Film drehten. Mit der Garantie verspricht HL, fehlende Beträge nachzuschießen, falls es nicht gelingt, das geplante Investitionskapital in vollem Umfang einzuwerben.

Diese Garantie ist eine Besonderheit bei leasingähnlichen Fonds mit Rückzahlungsgarantie, wie sie auch die HL-Wettbewerber KGAL und LHI aufgelegt haben. Der Anleger wird dabei Kommanditist in einer Kommanditgesellschaft und haftet somit nur mit seiner Einlage. Zahlte er 50.000 Euro ein, bekam er im Investitionsjahr eine Verlustzuweisung über 50.000 Euro, um die sich sein zu versteuerndes Einkommen verminderte.


Spitzenverdiener profitieren von hohen Verlustzuweisungen


Bei Spitzenverdienern resultierte daraus eine sofortige Steuergutschrift von etwa 25.000 Euro. In den meisten Fällen mussten die Investoren die 50.000 Euro nicht einmal einzahlen, da Banken bis zur Hälfte der Einlage vorfinanzierten. Mit dem Geld wurden Filme produziert. Für die fertigen Filme zahlen Filmverleiher Lizenzgebühren. Banken sicherten über Schuldübernahmeverträge die Lizenzzahlungen für den Fall ab, dass der Verleiher zahlungsunfähig würde. Das Geld aus den Lizenzeinnahmen soll laut Konzept überwiegend als Schlusszahlung überwiesen werden und dient auch dazu, den Kredit zu tilgen, der die Einlage finanziert hat. Daher zahlt der Anleger auch erst am Laufzeitende den größten Teil der anfänglich eingesparten Steuern an den Fiskus.

Bisher war der Streit zwischen Finanzverwaltung und Filmfondsanbietern über die Schuldübernahmeverträge entbrannt. Davon waren bei allen drei Gesellschaften etwa 50.000 Anleger betroffen, die rund 4,3 Milliarden Euro investiert hatten. Ein inzwischen rechtskräftiges Urteil des Finanzgerichts München vom 8. April (Az.: 1 K 3669/09) wendete die vollständige Aberkennung der Steuervorteile in diesem Streitpunkt ab. Die Konsequenz daraus ist zunächst, dass die Schlusszahlung auf die Laufzeit des Fonds verteilt wird. Das bedeutet, dass die Steuerlast eines Kommanditisten früher steigt.

Am Beispiel eines HL-Fonds bedeutet dies für einen Anleger mit einem Steuersatz von 44 Prozent, der vor sieben Jahren 100.000 Euro eingezahlt hat, dass er bis Ende 2011 insgesamt 11.500 Euro Steuern zahlen muss anstelle von 6100 Euro. Doch HL will auf volle Anerkennung ihres Steuermodells klagen.

Ob Streit um Schuldübernahme oder Steuerhinterziehung: Die Anleger sind mit Steuernachzahlungen konfrontiert und stehen vor der Frage, ob sie die angebotene Aussetzung der Vollziehung annehmen sollen. Aussetzung der Vollziehung bedeutet, dass das Finanzamt auf die Eintreibung der Steuerschulden bis zur endgültigen Klärung des Streits verzichtet. Nimmt der Steuerzahler die Aussetzung der Vollziehung in Anspruch und verliert, muss er die ursprüngliche Steuerschuld plus jährlich sechs Prozent Zinsen zahlen. Wer aus einem der ersten Fonds seit 2001 50.000 Euro Steuerschuld vor sich herschiebt, müsste bei einer Niederlage heute bereits 80000 Euro zahlen. Den Zinseszins kennt der Fiskus nicht. Umgekehrt: Hat ein Anleger auf die Aussetzung der Vollziehung verzichtet und die Finanzverwaltung verliert, muss das Finanzamt ihm zu viel gezahlte Steuern plus sechs Prozent Zinsen überweisen. Deswegen empfiehlt ein im jüngsten Steuerstreit siegesgewisser HL-Chef Friedrich Wilhelm Patt Anlegern sogar, die Steuern vor Ende des Streits nachzuzahlen.

Ohnehin ist Patt davon überzeugt, dass der Fiskus die schlechteren Karten hat. Etwa weil er trotz des Vorwurfs der Steuerhinterziehung die Aussetzung der Vollziehung gewähren will. „Aussetzung der Vollziehung wird aber nur dann gewährt, wenn überwiegende Zweifel an der Steuerschuld eines Bürgers bestehen“, erklärt der Düsseldorfer Steuerrechtler Karl-Heinz Göpfert den Zusammenhang.

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