Währungen nach dem Trump-Sieg Verkehrte Welt am Devisenmarkt

Der Sieg Donald Trumps bei den US-Wahlen wirbelt die Devisenmärkte durcheinander. Viele Analysten hatten das erwartet – und wurden trotzdem völlig überrumpelt. Denn nur mit einer Prognose lagen sie wirklich richtig.

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Der Wahlsieg des Republikaners beschert der US-Währung einen unverhofften Aufschwung. Quelle: AFP

Düsseldorf Was ist bloß los auf den Finanzmärkten? Die Aktienbörsen erleben nach dem Sieg des Republikaners Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen nicht den vorhergesagten Crash, sondern einen unerwarteten Aufschwung. Umgekehrt suchen Anleger nicht Schutz an den Anleihemärkten, sondern stoßen Bonds im Gegenteil massenhaft ab.

Und weil alles mit allem zusammenhängt, spielen auch die Devisenmärkte verrückt. Der Dollar erreichte am Montag nach mehreren Tagen mit Kursanstiegen gegenüber Euro und der japanischen Währung Yen den höchsten Stand seit mehreren Monaten. Im Gegenzug fielen Euro und Yen: Der Euro gab um gut einen US-Cent auf 1,07 Dollar nach und notierte damit auf dem tiefsten Stand seit Anfang Januar. Die japanische Währung war gegenüber dem Dollar so schwach wie seit Juni nicht: Der Dollar stieg im Tagesverlauf um gut ein Prozent auf 107,96 Yen.

Damit sind alle Prognosen auf den Kopf gestellt: Noch bis wenige Tage vor der Wahl waren Analysten überzeugt, dass ein Sieg Donald Trumps den Greenback schwächen würde. So überraschend wie der Wahlausgang war dann die Reaktion der Anleger: Nur für sehr kurze Zeit flüchteten sie in die als besonders sicher geltende japanische Währung. Die rasch folgende Kursrally des Dollars gegenüber dem Yen „hat offenkundig die meisten Marktteilnehmer kalt erwischt, sagt Dorothea Huttanus, Devisenanalystin bei der DZ Bank.

Wie kann das passieren? „Das Problem eines Devisenanalysten ist: Wir leben in postfaktischen Zeiten“, versucht Commerzbank-Experte Ulrich Leuchtmann eine Erklärung. Das wirtschaftspolitische Programm Donald Trumps, das sich aktuell in seinen Äußerungen abzeichne, sei anders als das, was im Wahlkampf angekündigt wurde. „Trump klingt handzahm.“

Auch DZ-Bank-Analystin Sonja Marten hält die nach der Wahl moderateren Töne des künftigen US-Präsidenten für ausschlaggebend dafür, dass sich die Stimmung der Anleger gedreht hat. „Hoffnungen auf eine Kombination aus expansiver Fiskal- und restriktiver Geldpolitik haben den US-Dollar beflügelt“, ist sie überzeugt.

Im Klartext: Investoren erwarten offenbar, dass Präsident Trump die Steuern senken und die staatlichen Investitionen – etwa in Infrastruktur – erhöhen werde. Infolge dieses groß angelegten Konjunkturprogramms würde die Wirtschaft wachsen und die Inflation steigen. Für die Geldpolitik der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) bedeutet das: Sie könnte die Zinsen schneller anheben als bisher gedacht.

Die Chancen, dass die Fed im Dezember tatsächlich die US-Leitzinsen erhöhen wird, sehen Devisenhändler laut Bloomberg-Daten bei mehr als 80 Prozent. Und im kommenden Jahr sei sogar mit weiteren Zinsschritten der Fed zu rechnen, meinen Händler.


Ein stiller Gewinner – und viele Verlierer

Unerwarteter Nutznießer des Trump-Sieges auf den Devisenmärkten ist das britische Pfund. „Es profitiert momentan wie keine andere weltweit bedeutende Währung vom Ergebnis der US-Präsidentschaftswahl“, sagt Sören Hettler von der DZ Bank. Selbst gegenüber einem starken Dollar habe das Pfund in der vergangenen Woche noch leicht zulegen können.

Den Grund sieht Hettler in der zukünftig freundlicheren politischen Großwetterlage zwischen den USA und Großbritannien. Das werde nach Einschätzung vieler Marktteilnehmer die Verhandlungsposition der britischen Premierministerin bei den anstehenden Brexit-Verhandlungen mit Brüssel stärken – und damit das Währungsumfeld für das britischen Pfund positiv beeinflussen.

Untermauert werden diese Erwartungen von der Tatsache, dass die Inflationserwartungen auch in Großbritannien merklich angezogen haben.

Verlierer sind die Schwellenländer

Ein Crash mit Ansage – und deshalb von den meisten Experten richtig vorhergesagt – war der der Absturz des mexikanischen Pesos. Schließlich hatte Trump im Wahlkampf angekündigt, eine Mauer zwischen den Vereinigten Staaten und dem Nachbarn zu errichten und womöglich einseitige Handelsbeschränkungen zu erlassen.

Deutlich weniger logisch erscheint die Abwertung anderer Schwellenländerwährungen. „Interessant ist, dass die Währungen mit den höchsten Realzinsen am meisten abwerteten“, stellt Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann fest. „Eigentlich hätte man meinen können, dass diese Währungen relativ gut abschneiden.“

Insbesondere gelte das für den brasilianischen Real und den russischen Rubel. Offenbar aber überzeuge Investoren die Aussicht auf hohe Zinsen allein nicht mehr. „Denn erstens hat die Volatilität zugenommen, zweitens bezweifeln die Märkte, dass das Zinsgefälle in den kommenden Monaten und Jahren bestehen bleibt“, sagt Leuchtmann.


Viele Risiken und noch mehr Unwägbarkeiten

Und was, wenn die Experten mit ihren Prognosen wieder daneben liegen? Schließlich gibt es nicht nur eine Fülle von Unwägbarkeiten in der Politik Donald Trumps, es bestehen auch reale Risiken. Ganz oben auf der Liste der Schreckensszenarien steht ein Handelskrieg, aber auch die Sorge vor einem Rückzug aus der Nato könnte die Begeisterung der Anleger für den Dollar wieder schwächen.

„Restzweifel daran, wie verlässlich das ist, was wir nun aus Trumps Lager hören, existieren zu meiner Verwunderung nicht“, warnt etwa Commerzbank-Analyst Leuchtmann. Auch die Experten der Helaba sehen Gründe, warum die Stärke des Dollars womöglich ein Strohfeuer sein könnte. So dürfte das US-Haushaltsdefizit in den kommenden Jahren merklich steigen, argumentieren sie. Trump hatte im Wahlkampf angekündigt, er wolle die US-Wirtschaft mit staatlichen Investitionsprogrammen ankurbeln.

DIW-Präsident Marcel Fratzscher geht aber davon aus, dass der Greenback „perverserweise“ auf lange Sicht von der Wahl Trumps profitieren wird. „Gerade in großen Krisen ist der US-Dollar eine sehr stabile Währung“, argumentiert Fratzscher. „Viele, die Angst haben, die Sorge haben, fliehen in den Dollar.“

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