Wall Street "Meine Kunden geben schon wieder Kauforders"

Er hat Jimmy Carter, Ronald Reagan, George Bush und Bill Clinton erlebt. Immer von der Wall Street aus. Ted Weisberg hat seit 1979 seinen eigenen Handelsplatz auf dem Parkett der größten Börse der Welt. Der „Bürgermeister der Wall Street“, wie ihn die Medien nennen, nimmt den US-Wahlausgang gelassen. Das Handelsblatt durfte ihn am frühen Morgen zuhause anrufen.

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Herr Weisberg, die Wall Street favorisierte Clinton, aber ein Crash zeichnet sich trotz des überraschenden Wahlausgangs nicht ab…

Ich habe heute morgen schon die E-Mails von meinen Kunden gelesen. Sie alle wollen kaufen, die Delle ausnutzen.  Bis jetzt wissen wir nicht, was noch kommt. Aber ich denke, der Wahlausgang ist keine Katastrophe für das Land. Trump ist nur ein einzelner Mann, und er könnte sogar Zeichen für einen Wandel setzen.

Wie meinen Sie das?

Er hat ja angekündigt, dass er die Steuer der Konzerne senken will. Das könnte Investoren in die USA zurückholen und das viele Geld, das Offshore herumliegt, wieder ins Land bringen. Auch erwarten wir, dass die Nullzinspolitik bald ein Ende nimmt. Wir haben alle erlebt, dass die lockere Geldpolitik nicht viel bringt.  Die Wirtschaft hat sich mehr oder weniger seitwärts bewegt.

Und das könnte nun mit Trump anders werden?

Er hat z.B. Investitionen der Regierung in die Infrastruktur angekündigt, also mehr Staatsausgaben. Das könnte der Wirtschaft mehr helfen, als die andauernde Niedrigzinspolitik. Das würde auch der Stimmung helfen. Zugegeben, die Aktienmärkte sind zwar unter Obama stark nach oben gegangen, aber davon hatten die einfachen Leute nichts. Sollte die Realwirtschaft nun stärker in Schwung kommen, würde das allen zugutekommen, am Ende wohl auch den Aktienmärkten. Und ich erwarte auch, dass die Zinsen wieder steigen.

Aber Trumps Pläne klingen sehr protektionistisch.

Wir können nicht in die Zukunft schauen, ich denke aber mal, dass Trump viele Sprüche gemacht hat, er kann den Welthandel jetzt nicht einfach zurückdrehen. Die „Wall“, die Mauer nach Mexiko, z.B., an die glaube ich nicht. An der Grenze gibt es schon Zäune, eine Mauer wird er nun bestimmt nicht bauen. Ich glaube nur an eine „Wall“, und das ist „Wall“ Street, (lacht). Die hat schon viele Präsidenten überlebt. Übrigens:  so ultrarechts ist er gar nicht. Er war viele Jahre Demokrat.

Trotzdem hat er im Wahlkampf neue wirtschaftspolitische Töne angeschlagen.

Er wird wohl die Gesundheitsreform wieder zurückdrehen und dürfte den Energieriesen und Ölkonzernen mehr Unterstützung geben. Fracking, die Ölgewinnung in den USA dürfte er unterstützen. Aber die erneuerbaren Energien werden bleiben.

Was heißt das für die Aktien?

Davon könnten Pharmawerte profitieren und der Energiesektor, und natürlich könnte es auch mit allen Werten nach oben gehen, die mit Infrastruktur zu tun haben. Bauindustrie, Eisenbahngesellschaften, Flugzeugbauer.  Ich glaube auch, dass der Dollar aufwerten wird, davon dürften dann auch große ausländische  Konzerne, wie etwa Siemens profitieren. Es wird mit Sicherheit noch Überraschungen geben und eine hohe Volatilität. Auch für uns hier geht auch in der neuen Konstellation das Leben weiter. Wir werden nicht untergehen.

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