Wall Street Renditejagd macht Börsenaufsicht stutzig

Gibt es Unregelmäßigkeiten bei der Zuteilung von Unternehmensanleihen? Das prüft die Börsenaufsicht SEC an der Wall Street. Kleine Vermögensverwalter könnten benachteiligt worden sein.

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Mary Jo White, Vorsitzende der Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC), gibt die Richtung vor. Quelle: AFP

Frankfurt In den USA führt die Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) Untersuchungen über mögliche Unregelmäßigkeiten bei der Zuteilung von neuemittierten Unternehmensanleihen durch. Die Ermittlungen werfen ein Licht auf einen Nebeneffekt der Regulierung, die das Finanzsystem sicherer machen sollte.

Die 2010 veröffentlichten Regeln vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht und das vom US-Kongress verabschiedete Dodd-Frank-Gesetz veranlassten die Anleihehändler an der Wall Street, ihre Bestände an Anleihen zu verringern. Damit haben sie den Vermögensverwaltern im Sekundärmarkt weniger an Papieren zum Kauf anzubieten. Das könnte einen Anreiz schaffen, bei Neuemissionen Käufer zu bevorzugen, die große Volumina handeln.

Kleinere Vermögensverwalter, die weniger häufig handeln, sind hingegen oftmals von den Gewinnen, die bei Neuemissionen entstehen können, ausgeschlossen. Das stellte sich in Interviews mit mehr als einem Dutzend Anlagegesellschaften heraus. Die SEC ermittelt nun, wie die großen Investmentbanken Neuemissionen zuteilen und ob bestimmten Kunden eine Vorzugsbehandlung bekommen, wie eine mit den Vorgängen vertraute Person berichtete.

„Die Investoren werden nicht gleich behandelt”, sagt Jeffery Elswick, Direktor Festverzinsliche bei Frost Investment Advisors. „Uns hat ein Broker-Dealer gesagt, wir könnten leider nichts bekommen. Ein anderer sagte, solange wir nicht viel mehr Umsatz im Sekundärmarkt mit ihm machen würden, könnten wir kaum etwas bekommen.”

Diese Beschwerden sind nicht neu. Aber es geht inzwischen um mehr. Die beispiellosen Anreize der Zentralbanken haben die Renditen von Staatsanleihen auf Rekordtiefs sinken lassen und trieben Investoren in Papiere mit höheren Renditen. Die Jagd nach Rendite hat dazu beigetragen, dass seit Anfang 2009 Unternehmensanleihen im Volumen von 18,9 Billionen Dollar an den Markt kamen, wie Daten von Bloomberg zeigen.


Der Kampf um die Wertpapiere hat begonnen

Investoren, die im September bei der Emission von Verizon Communications im Rekordvolumen von 49 Milliarden Dollar zum Zuge kamen, konnten an einem Tag 2,54 Milliarden Dollar Gewinn einstecken. Für die Emission lagen Zeichnungen über 100 Milliarden Dollar vor.

„Es wird jetzt am Markt so viel über die enorme Nachfrage nach Unternehmensanleihen geredet, und theoretisch kämpfen wir alle um ein begrenztes Angebot an Wertpapieren”, sagt Thomas Murphy, Vermögensverwalter bei Columbia Management Investment Advisers. „Es gibt mehr Nachfrage als Angebot, das macht alles noch heikler.”

Zusätzlich zur Zuteilung von Neuemissionen prüfe die SEC auch, wie die Banken die Papiere hinterher handeln, hieß es von einer mit den Vorgängen vertrauten Person. Die Untersuchung befinde sich im Anfangsstadium und müsse nicht unbedingt zu einer Strafverfolgung führen. Das „Wall Street Journal” hatte in der vergangenen Woche berichtet, Goldman Sachs Group und Citigroup gehörten zu den Banken, bei denen Untersuchungen stattfinden.

Bei der Verizon-Emission erhielten die zehn größten Käufer Papiere für insgesamt 22,1 Milliarden Dollar, das entsprach 45 Prozent des Emissionsvolumens. Die fünf größten Käufer davon nahmen Papiere im Volumen von 16,25 Milliarden Dollar ab, wie von einer informierten Person verlautete. Weiter hieß es, der Vermögensverwalter Pacific Investment Management Co. (Pimco) habe Verizon-Papiere für 8 Milliarden Dollar bekommen und Blackrock, der größte Aktionär von Verizon, für 5 Milliarden Dollar.

Kleinere Vermögensverwalter, wie Elswick von Frost, haben es schwerer, Zuteilungen zu bekommen. Die Gesellschaft, die laut Elswick bei Hochzinsemissionen regelmäßig Zeichnungen im Volumen von 10 Millionen Dollar abgibt, wurde bei mindestens fünf Transaktionen im Februar nicht berücksichtigt.

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