Weniger bekannt ist, dass seine Karriere mit einem persönlichen Fehlschlag startete. Anfang der Neunzigerjahre war Casares nach einem Jahr als Austauschschüler in den USA zur weiteren Ausbildung nach Buenos Aires gekommen. Richtig faszinierte ihn das Internet, Netscape hatte damals den ersten kommerziellen Browser vorgestellt. Er brach seine Ausbildung ab, hob dann Argentiniens ersten Internet-Provider aus der Taufe. Das nötige Kapital bekam der Student von einem Geldgeber per Handschlag. „Ich habe ihm deshalb blind vertraut“, sagt Casares. Und als dieser ihn später bat, das Investment zu formalisieren, unterzeichnete er prompt die vorgelegten Verträge – und merkte nicht, dass er damit sein Unternehmen an den Geldgeber übereignet hatte. Was ihm erst bewusst wurde, als er überraschend gefeuert wurde und sein eigenes Unternehmen nicht mehr betreten durfte. „Ich war 20 Jahre alt, jung und unerfahren“, erinnert sich Casares. „Es war eine dunkle Zeit.“ Der Gründer hätte klagen können. Doch das hätte Jahre gedauert. „Ich treibe lieber Dinge aktiv voran, als abzuwarten“, erklärt er.
Stattdessen studierte er Betriebswirtschaft und ging wieder unter die Gründer. Im Jahr 2000 kaufte Banco Santander seine 1997 gegründete Online-Bank Patagon für 750 Millionen Dollar. Sein nächstes Projekt, die Banco Lemon, eine brasilianische Bank für Kunden mit niedrigem Einkommen, übernahm Banco do Brasil 2009. Nebenbei gründete Casares noch den Spieleentwickler Wanako Games, bekannt für das preisgekrönte Ballerspiel „Assault Heroes“; hier griff später Vivendi Games zu. Stolz auf diese Erfolge ist Casares aber nicht. „Mein Ziel ist, etwas Langfristiges, richtig Großes zu schaffen, das überdauert“, sagt er. „Man ist ja auch nicht stolz darauf, wenn man fünfmal verheiratet war.“
Passion für Bitcoins
Xapo soll nun dieser große Wurf werden. Ursprünglich wollte Casares seine aktive Unternehmerkarriere beenden und sich mehr um seine Frau und seine drei Kinder kümmern, mit denen er in der idyllischen Silicon-Valley-Enklave-Woodside wohnt.
Familie bedeutet ihm viel. 2004 nahm er eine Auszeit von drei Jahren, um mit seiner Frau Belle und Sohn Diogenes von Miami aus die Welt auf dem Katamaran „Simpatica“ zu umrunden. Auf der Reise kam im neuseeländischen Auckland ihr zweiter Sohn Theodore zur Welt. „Start-ups hochzuziehen erschöpft ungemein“, sagt er. Doch seine Frau, eine Amerikanerin, ermunterte ihn, unter die Bitcoin-Unternehmer zu gehen. „Sie sah meine Passion“, sagt Casares. „Ich fühle mich bei Bitcoin an die Anfangszeiten des Internets erinnert.“
Sein neuestes Projekt ist eine Scheckkarte, mit der Kunden mittels Bitcoin bezahlen können. Xapo prüft dabei das Guthaben der Kunden, wandelt die entsprechende Summe in die gewünschte Währung um und übergibt dann an Visa. Wegen der Komplexität gab es zum Start Verzögerungen. „Am schwersten war, einen Bankpartner zu finden“, sagt Casares. Er einigte sich mit Wave Crest aus Gibraltar, die Karten für Visa und Mastercard ausgeben darf. In Deutschland funktioniert die Karte bereits.
In den USA laufen noch die Verhandlungen mit den Aufsichtsbehörden. Wird sich Bitcoin durchsetzen? Casares überlegt seine Antwort sorgfältig. „Ich würde sagen, die Wahrscheinlichkeit ist erheblich größer als 50 Prozent, vielleicht 20 Prozent dagegen“, sagt er dann. „Das sind doch gute Chancen, oder?“