Wertpapierhandel Wie Banken beim Aktienhandel doppelt abkassieren

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Mehr Orders, mehr Provision

Vor allem eine Börse führt die Listen vieler Banken an: Tradegate. Das Berliner Haus, an dem die Deutsche Börse 75 Prozent hält, ist gegen den Trend massiv gewachsen. 2014 setzte Tradegate 46,3 Milliarden Euro allein mit Aktien um. Damit ist Tradegate die größte Privatanleger-Börse.

Gründer Holger Timm ist Chef und Großaktionär beim Makler Tradegate AG, der an der Börse Tradegate Aktien und ETFs handelt. Der Makler kauft Orders in großem Stil ein. Das zeigt ein Vertrag, den die Redaktion einsehen konnte, Timm persönlich hat für seine AG unterzeichnet. Je mehr Orders kommen, desto mehr Provision ist für eine Bank drin. Das setzt Anreize.

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Zweifelhaft ist auch das Geschäftsgebaren zwischen Tradegate und der online tätigen Consorsbank. Die hat die Börse Tradegate in der Ordermaske für Aktien voreingestellt. Will ein Kunde anderswo handeln, muss er aktiv eine andere Börse wählen. Consors-Mutter BNP Paribas ist an der Tradegate AG mit knapp 20 Prozent beteiligt, sie kassiert Dividende. Consors kassiert Rückvergütungen von Tradegate. Nach Testkäufen der WirtschaftsWoche räumte Consors ein, es seien 70 Cent je Order geflossen. Die strich der Broker zusätzlich zu rund zehn Euro Ordergebühr ein.

Consors sagt, man habe Tradegate voreingestellt, weil die Börse bei Aktien in der Rangliste vorne liege. Sollte eine Prüfung ergeben, dass andere Börsen bei der Bewertung „eine höhere Punktzahl“ erhielten, würde Consors die Ordermaske anpassen. Die Bank erhalte Geld, weil sie ihre IT-Infrastruktur zur Verfügung stelle. Oft bezahlen Handelsplätze Banken IT-Kosten, damit die sie anbinden. Im Gegenzug kriegt die Bank Geld, etwa pro ausgeführtem Geschäft. Und so argumentiert auch Timm, dass sich Tradegate an „fremden Kosten“ und „Marketing-Aufwendungen“ beteilige, um seine Dienstleistung dem breiten Publikum bekannt zu machen.

Der Fall wirft die Frage auf, ob Tradegate wirklich so viele Banklisten anführt, weil der Anbieter die besten Konditionen hat. Denn der Makler Tradegate AG hat Kosten. So zahlt er etwa Gebühren an die Börse Tradegate, die vom Geld ihrer Makler lebt, weil sie Anleger nicht – wie andere Börsen – für den Handel zur Kasse bittet. Zweitens zahlt der Makler für Orderstrom. Das Geld muss der Makler im Handel verdienen, denn der ist seine Haupteinnahmequelle.

Wie Tradegate Geld verdienen kann, hat Anleger Horst Trexler leidvoll erfahren. Der 62-Jährige hatte seiner PSD Bank 2013 den Auftrag erteilt, Daimler-Aktien zu verkaufen, falls der Kurs unter 46,49 Euro fällt. Die Genossenschaftsbank verkaufte zu 45,50 über Tradegate – obwohl der Kurs an anderen Börsen den Tag lang über 47 Euro lag. Tradegate hatte den für den Ankauf der Aktie gebotenen Preis vor Abschluss des Geschäfts ohne ersichtlichen Grund um über drei Prozent gesenkt und Tausende Aktien billig gehandelt. Pikant: Da die Preise anderswo höher lagen, konnte der Makler die Aktien theoretisch teurer verkaufen.

Trexler beschwerte sich und bekam vom Makler Tradegate 1000 Euro erstattet, einen läppischen Euro pro Aktie. „Aus Kulanz“, wie die Handelsüberwachung der Börse dem Anleger schrieb. Allein: Wer sich nicht beschwerte, bekam nichts. Das wirft den Verdacht auf, dass Tradegate nicht immer fair mit Anlegern umgeht und Preise schlechter ausfallen können. Timm rechtfertigt, dass Tradegate Preise in Konkurrenz zu anderen Märkten mache. Hätten die zu, könne „die Preisfindung ausschließlich auf Grund der Orderbuchlage erfolgen“. Doch die kennt der Anleger nun mal nicht.

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