Wikifolio Inside Wie enttäuschende Börsengänge zum Gewinn werden

Die Börsengänge von Rocket Internet und Zalando haben viele Anleger bitter enttäuscht. Bei den Wikifolio-Tradern war die Euphorie aber von Anfang an begrenzt, einige konnten deshalb ordentliche Gewinne einfahren.

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Die mit Spannung erwarteten Börsengänge von Rocket Internet und Zalando haben enttäuscht. Quelle: Reuters

Wien Die Vorfreude war groß – und die Enttäuschung noch viel größer. Die mit Spannung erwarteten Börsengänge von Rocket Internet und Zalando in der vergangenen Woche haben die Erwartungen meilenweit verfehlt. Zunächst lagen die möglichen Zeichnungsgewinne deutlich unter dem, was die vorbörslichen Notierungen noch kurz zuvor versprochen hatten. Und dann rutschten die beiden Aktien in den ersten Tagen ihres Börsenlebens auch noch deutlich unter den Ausgabepreis. Bis auf wenige Ausnahmen liegen damit alle investierten Anleger im Minus.

Auch manche Trader bei wikifolio.com blieben davon nicht verschont. Hier hatte sich die Euphorie aber von Anfang an in Grenzen gehalten. Einige Trader haben die hohen Erwartungen der Marktteilnehmer im Vorfeld sogar genutzt, um rechtzeitig vor dem Börsendebüt der beiden Neulinge auf fallende Kurse zu spekulieren. Eine Rechnung, die voll aufgegangen ist und den Tradern entsprechend schnell schöne Gewinne beschert hat.

Das äußerst erfolgreiche Börsendebüt der chinesischen Alibaba hatte bei vielen Anlegern in Deutschland Begehrlichkeiten geweckt. Schließlich lag der erste Kurs der Yahoo-Beteiligung satte 36 Prozent über dem Ausgabepreis der neuen Aktien. Ähnlich hohe Zeichnungsgewinne waren lange Zeit auch bei dem Online-Händler Zalando zu erwarten. Im vorbörslichen Handel stieg die letztlich zu 21,50 Euro an die Börse gebrachte Aktie zeitweise bis auf 34 Euro. Plötzlich war er wieder da, der Flair des früher so beliebten, mittlerweile aber längst verstorbenen Neuen Marktes.

Damals wurde nahezu jede Neuemission einfach „blind“ gekauft, weil Zeichnungsgewinne im Falle einer Zuteilung aufgrund der enormen Nachfrage fast schon garantiert waren. Einen ähnlichen Effekt dürften sich auch diesmal wieder viele Investoren erhofft haben. Doch leider wurden die hohen Erwartungen nicht erfüllt.

Bei Zalando lag die erste Börsennotiz nicht etwa bei 34 Euro, sondern lediglich bei gut 24 Euro, was zumindest sehr schnell handelnden Akteuren noch knapp zweistellige Gewinne bescherte. Mehr war dann aber auch nicht drin. In den Folgetagen fiel der Kurs stetig bis auf aktuell nur noch gut 17 Euro. Nicht viel anders sah es bei Rocket Internet aus, die zu 42,50 Euro an den Markt gebracht wurden und dieses Kursniveau im echten Börsenleben nie mehr erreicht haben. Aktuell liegen Erstkäufer über 20 Prozent im Minus.


Schon vorbörslich gehandelt

Anstatt auf das offizielle Börsendebüt zu warten, haben die Trader bei wikifolio.com zum Teil bereits den vorbörslichen Handel bei Lang & Schwarz genutzt, um von Kursbewegungen der beiden Neulinge zu profitieren. Thorsten Peiffer („triovest“) etwa hatte am Dienstag der Vorwoche direkt nach Bekanntgabe des offiziellen Emissionspreises beim Online-Händler Zalando darauf spekuliert, dass die zu diesem Zeitpunkt noch sehr hohen vorbörslichen Taxen dem Praxistest an der Börse nicht standhalten können. Den zu Kursen von rund 0,10 Euro erworbenen Put-Optionsschein von Lang & Schwarz konnte er am Tag des Börsengangs dank der im Vergleich zur Vorbörse deutlich gefallenen Aktienkurse zu 0,21 Euro wieder verkaufen und dadurch innerhalb weniger Tage einen Gewinn von über 100 Prozent realisieren.

„Die Idee dahinter war, dass der sehr hohe Preis im Pre-IPO-Handel und überschwängliche Presseberichte hinsichtlich der Nachfrage nach den Aktien vielleicht ein wenig übertrieben waren. Am Kursverlauf kann man im Nachhinein sehen, dass die wirkliche Nachfrage weit geringer war“, erklärt der Trader, der im Anschluss dann in Hoffnung auf die übliche Kurspflege der beteiligten Banken doch noch bei der Aktie selbst zugriff und dabei nach kurzer Haltedauer leichte Verluste verbuchte.


Ebenfalls im vorbörslichen Handel erfolgreich war mit Stephan Helmich ein weiterer Trader, obwohl dieser sogar auf steigende Kurse spekuliert hat. Möglich war das, weil die Käufe sowohl bei Zalando als auch bei Rocket Internet sehr frühzeitig während der Zeichnungsphase erfolgten und er die Aktien so in die danach noch weiter gestiegenen Kurse hinein mit Gewinn verkaufen konnte. Die Entscheidung, den Großteil der Papiere nicht länger zu halten, begründet er wie folgt: „Die Gewinne habe ich realisiert, da mir die Unternehmensbewertung – analog zum Facebook-IPO – doch sehr verblümt vorkam.

Natürlich handelt es sich beim E-Commerce um eine aufstrebende und zum Teil schon sehr etablierte Branche, mit der der stationäre Handel noch größere Probleme bekommen wird, aber dies rechtfertig meines Erachtens keine astronomische Bewertung. Die IPO-Kurse wären gerechtfertigt, sofern die Unternehmen langfristig Gewinne erzielen würden. Eine Bewertung einzig allein anhand eines Business Cases oder einer Unternehmensplanung empfinde ich doch als recht fragwürdig“.

Die anschließende Kursentwicklung der beiden Börsenneulinge gab dem Trader erst einmal Recht, weshalb er sich umso mehr darüber ärgert, dass er einen Teil der Aktien bei Rocket Internet „als spekulative Position“ trotzdem in seinem wikifolio behalten hat: „Die vorherigen Gewinne gleichen das aktuelle Minus hier zwar aus, dennoch ist dies natürlich sehr ärgerlich“. Langfristig glaubt der Trader indes schon, „dass der Handel sich im Wandel befindet und Unternehmen wie Rocket Internet oder auch Zalando eine hohe Marktdurchdringung erzielen werden“. An der Börse ist dieser Glaube momentan noch nicht allzu sehr verbreitet.

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