Wirtschaft im Weitwinkel

Herausforderungen von allen Seiten

Aktien von Banken gehörten zuletzt zu den größten Verlierern der Börse, eine noch stärkere Regulierung der Branche wird gefordert. Warum wir die Institute nicht überfordern dürfen.

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Die Bankentürme von Frankfurt am Main. Quelle: dpa

Banken müssen gegenwärtig besonders viele Herausforderungen gleichzeitig bewältigen. Deshalb trifft es sie an der Börse besonders hart. In den vergangenen Wochen sind Bankenaktien auf breiter Front unter Druck geraten. Seit Jahresbeginn fiel der Index der europäischen Banken um 22 Prozent. Die Aktien des Stoxx 600 gingen dagegen nur um elf Prozent zurück.

Nicht nur die Aktien der Geldinstitute haben deutlich an Wert verloren, auch deren Anleihen und hier insbesondere die nachrangigen Anleihen gaben nach. Entsprechend stiegen deren Renditen. Die Gründe für diesen Einbruch sind überaus vielfältig. Unter anderem: Abschwächung des Weltwirtschaftswachstums, ein schwächeres Wachstum in China und den Schwellenländern, das längerfristig anhaltende Niedrigzinsniveau, der Öl-Preisrückgang, Probleme im High-Yield-Anleihemarkt (USA) und die hohen Schuldenstände weltweit.

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Ein Großteil dieser Gründe spiegelt sich natürlich auch in der Entwicklung des gesamten Marktes wieder, aber die Performance des Banksektors ist deutlich negativer als die Entwicklung des Gesamtmarktes. Dies ist ein wichtiges Indiz dafür, dass Investoren auch generell Vertrauen in die europäischen Banken verloren haben.

Schnell kam in den vergangenen Wochen die Meinung auf, wir stünden in Europa vor einer neuen Banken- und Finanzmarktkrise. Die Bankenregulierung sei noch nicht ausreichend. Sonst hätte es nicht zu solchen Marktbewegungen kommen können. Das alles sind die üblichen Reflexe. Sie sind eine Übertreibung – genauso wie die Kursrückgänge selbst.

Ertragslage steht unter Druck

Man sollte nicht vergessen, dass an den Finanzmärkten im wesentlichen auf zukünftige Gewinne spekuliert wird. Genau diese Perspektive hat sich tatsächlich bei den Banken eingetrübt. Die Ertragslage vieler europäischer Banken steht unter Druck. Das Niedrigzinsumfeld, die in vielen Ländern nur leicht anziehende Kreditnachfrage, der intensive Wettbewerb sowie negative Notenbankenzinssätze führen dazu, dass einige Banken ihr Zinsergebnis bestenfalls stabil halten können. Manche Institute vermelden sogar einen Rückgang.

Seit Jahren führen die Banken regulatorisch bedingt, aber auch unter dem Druck des Wettbewerbs, Restrukturierungs- und Kostensenkungsprogramme durch. Diese Programme verursachen erhebliche Kosten. Allerdings werden sie mittel- bis langfristig die Effizienz der Institute auch verbessern.

Stefan Bielmeier Quelle: Presse

Darüber hinaus herrscht in dieser Branche ein rasant steigender Wettbewerbsdruck. Kleine Finanzunternehmen im Internet - sogenannte Fintechs – attackieren immer stärker die Geschäftsmodelle der etablierten Banken. Die Veränderungen, die sich dadurch in den einzelnen Servicebereichen der Banken vollziehen, haben inzwischen das Ausmaß einer industriellen Revolution.

Die Folgen sind hier ähnlich gravierend. Es entsteht ein starker Margendruck auf diese Geschäftsfelder. Das wiederum treibt die tiefgreifenden Umwälzungen weiter voran. Kurzfristig heißt das für Banken, dass die Investitionsbudgets merklich ausgeweitet werden, um dem Konkurrenzdruck begegnen zu können. Gleichzeitig fallen die Gewinnmargen, was die Ertragsaussichten der Banken zusätzlich eintrübt.

Spezielle Probleme bei italienischen Banken

Zu diesen generellen Faktoren kommen bei italienischen Banken noch spezielle Probleme hinzu. Italienische Bankanleihen gerieten zu Jahresbeginn besonders unter Druck. Die EU-Kommission und die italienische Regierung einigten sich nach monatelangen Verhandlungen auf ein „Bad-Bank-Modell“. Die italienischen Banken dürfen einen Teil ihrer notleidenden Kredite an jeweils eigene, noch zu gründende „Bad Banks“ auslagern. Dort sollen dann die Problemkredite verbrieft und die Verbriefungen anschließend verkauft werden. Hierfür wird es teilweise eine Staatsgarantie geben.

Ob die nun vorgestellte Lösung aber wirklich einen „Befreiungsschlag“ für die krisengeschüttelten Institute darstellt, muss sich erst noch zeigen. Noch ist unklar, was die Banken die Auslagerung und Verbriefung dieser notleidenden Kredite kosten wird. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Verbriefungen am Markt nur zu - aus Bankensicht - unattraktiven Preisen platziert werden können. Dann drohen erneute Verluste.

Ein mieses Jahr für Bankaktien

Die europäischen Banken haben in der Vergangenheit viele Fehler gemacht und eine stärkere Regulierung war hier der richtige Weg. Durch diese Vorschriften haben sich die Kapitalquoten der Banken in den vergangenen Jahren bereits signifikant erhöht und die Qualität des Kapitals hat sich ebenfalls merklich verbessert. All diese neuen regulatorischen Anforderungen mussten in kurzer Zeit implementiert werden. Und der regulatorische Druck hält weiter an.

Also müssen die Banken zurzeit sehr viele Herausforderungen parallel meistern: die wachsenden regulatorischen Anforderungen, den steigenden Druck durch neue Wettbewerber und das Niedrigzinsumfeld. Dies sollte man nicht vergessen, wenn man eine nochmals stärkere Regulierung fordert.

Wenn der Bankensektor überfordert wird, könnte dies zu einer dauerhaften Schwächung der Branche führen. Die Folgen wären eine zu geringe Kreditvergabe, mehr Markteintritte durch ausländische Banken und eventuell sogar weitere staatliche Eingriffe.

Man muss nicht direkt eine Regulierungspause fordern. Jedoch sollte die Leistungsfähigkeit und Belastungsgrenzen des Sektors im Auge behalten werden. Denn eines ist sicher, Europa braucht einen leistungsfähigen und konkurrenzfähigen Bankensektor, für eine starke wirtschaftliche Basis, für Arbeitsplätze und Wachstum.

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