Zehn Jahre nach der Finanzkrise Banken suchen noch immer eine Langfrist-Strategie

Zehn Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise zieht die Branche ein Zwischenfazit: Banken sind zwar mitten in der Lösungsphase. Doch hinter sich gelassen haben sie die Krise längst nicht.

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Zehn Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise haben sich noch längst nicht alle Wolken verzogen. Quelle: dpa

Ganz ohne Alarmstimmung kommt eine Veranstaltung zum zehnjährigen Jubiläum der Finanzkrise wohl nicht aus. Kaum hatte das Podium rund um UBS-Verwaltungsratspräsident Axel Weber und Commerzbank-Chef Martin Zielke seine prägendsten Erinnerungen rund um die Finanzkrise im Herbst 2008 kundgetan, tönten laute Sirenen durch den Casinosaal der Frankfurter Uni. „Achtung, Achtung“ hallte aus den Lautsprechern. Ein Feueralarm, den die versammelte Finanzgesellschaft mit stoischer Ruhe meisterte.

Ob die Bankenwelt eine erneute Finanzkrise genauso ruhig hinnehmen könnte, ist allerdings auch zehn Jahre nach Ausbruch der weltweiten Finanzkrise mehr als fraglich. „Gegen eine Krise, die so wäre wie die letzte, sind wir gut gewappnet“, sagt Weber. Aber: „Nicht jede Krise ist gleich“, mahnt der Präsident des Verwaltungsrats der Schweizer UBS im Rahmen der Diskussionsrunde, die der Bankenverband BdB am Montag zusammen mit dem Verband Öffentlicher Banken (VÖB) und dem Frankfurter Center for Financial Studies (CFS) veranstaltete.

Auch Webers Mitdiskutanten, neben Commerzbank-Chef Zielke waren das Elke König, die Chefin des Abwicklungsfonds SRB, Helaba-Chef Herbert Hans Grüntker und CFS-Professor Jan Pieter Krahnen, zogen ein gemischtes Zwischenfazit. „Wir sind nach wie vor in der Auflösung der Krise, nicht nach der Krise“, sagt etwa Helaba-Chef Grüntker.

Italiens Bankenrettung verunsichert

Reguliererin König lobte zwar, Banken hätten mehr Kapital und würden ihre verfügbare Liquidität nicht mehr als gottgegeben ansehen. Trotzdem hätte die Finanzbranche noch einiges an Hausaufgaben vor sich. Es komme nun drauf an, ob man den „Mumm hat, den Bail-in Koffer tatsächlich anzuwenden“, erklärte König.

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Vor allem die erneute Rettung von Banken durch den Steuerzahler in Italien sorgt für Unsicherheit. Zwar sei die Ausgangslage dort eine andere gewesen. Die beiden geretteten Banken Veneto Banca und Banca Populare di Vicenca hätten keine kritische Funktion für die Realwirtschaft gehabt, erklärt König. Trotzdem ist sich die Runde einig: wenn Bail-in, also die Rettung von Banken durch die Gläubiger, gewollt ist, dann müsse das auch machbar sein.

Nicht nur der Fall Italien, auch das Beispiel Spanien zeigt die Defizite des Systems auf. In nur einer Nacht habe man eine Rettungsmöglichkeit für die Banco Popular finden müssen. Wäre die Großbank Santander nicht eingesprungen, hätte alles viel schlimmer kommen können. „Das war kein Modellversuch“, erklärt König. Man habe „viel Glück“ gehabt.

Banken suchen nach Geschäftsmodell

König beklagt vor allem den Zeitdruck, der bei solchen Rettungsaktionen weiterhin herrscht. So eine Rettung über Nacht sei nicht der Normalfall. „Wir müssen hin zu mehr Normalität, in der es normale Zeitfenster für solche Entscheidungen gibt“, mahnt König.

Dass solche Rettungen auch in Deutschland nicht ausgeschlossen sind, wollte die Frankfurter Runde nicht thematisieren. Die HSH Nordbank etwa muss auf Geheiß der EU-Kommission verkauft werden. Scheitert das, droht ihr die Abwicklung. Vor allem Sparkassen würde das aufgrund ihres Haftungsverbunds hart treffen. Dennoch stellte Helaba-Chef Grüntker den Landesbanken, einst prominente Krisenopfer, ein gutes Zeugnis aus. Landesbanken und öffentliche Banken könnten ihre Funktion heute hervorragend wahrnehmen. Dass es in dem Sektor nach der Krise keine Konsolidierung gegeben habe, sei ein Vorurteil.

UBS-Verwaltungsrat Weber mahnte dagegen, viele Banken würden in der Niedrigzinsphase weiterhin nach einem ertragreichen Geschäftsmodell suchen. Kurzfristig sei es zwar in Ordnung, die eigene Ertragsschwäche mit massiven Kostensenkungen zu kaschieren. Eine langfristige, nachhaltige Lösung sei das aber nicht.

Commerzbank-Chef Zielke betonte in diesem Zusammenhang, nicht die Regulierung oder die niedrigen Zinsen seien die massivste Veränderung der Bankenwelt, sondern die Digitalisierung. Die Interaktion zwischen Bank und Kunde verändere sich vollkommen, Banking sei endlich kein langweiliges Geschäft mehr.

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