Zehnjährige Bundesanleihe Geld verdienen mit Schuldenmachen

Deutschland schreibt Geschichte auf dem Bondmarkt: Die Bundesrepublik begibt weltweit die erste Anleihe, die bei einer Laufzeit von zehn Jahren einen Zinskupon von null Prozent hat. Anleger greifen dennoch zu.

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Bundesadler: Deutschland kommt am Anleihemarkt so günstig an Geld wie nie. Quelle: dpa

Frankfurt Die Welt der Anleihen steht schon lange auf dem Kopf – doch in der Saga der Negativrenditen gibt es jetzt ein neues Kapitel. Deutschland hat am Mittwoch eine neue zehnjährige Anleihe begeben, mit der Investoren ein Verlustgeschäft machen, wenn sie das Papier bis zur Fälligkeit halten. Denn platziert wurde das Papier mit einer Rendite von minus 0,05 Prozent. Eine Anleihe mit einer so langen Laufzeit mit einer negativen Rendite zu platzieren hat noch kein anderes Land im Euro-Raum zuvor geschafft.

Negative Emissionsrenditen für zehnjährige Papiere gab es bislang nur in der Schweiz und in Japan. Der schweizerische Bondmarkt ist sehr klein und die Aufwertung des Schweizer Franken hat die Kurse der Eidgenossen-Anleihen in die Höhe getrieben.

Im lange von der Deflation und schwacher Wirtschaft geplagten Japan kauft die Notenbank schon seit dem Jahr 2001 Anleihen. Alles zusammen hat auch die Renditen japanischer Anleihen bis zu einer Laufzeit von 18 Jahren ins Minus gedrückt. Die zehnjährige Anleihe Japans rentiert mit minus 0,29 Prozent.

Zehnjährige Anleihen stehen besonders im Fokus der Investoren – als der Gradmesser für die langfristigen Kapitalmarktzinsen. Ausgegeben wurde die neue Nullkupon-Anleihe über fünf Milliarden Euro zu einem Kurs von 104,48 Prozent. Da die Anleger am Ende der Laufzeit nur 100 Prozent zurückbekommen, verlieren sie jedes Jahr 0,05 Prozent, wenn sie die Papiere bis zum Ende der Laufzeit halten. „Deutschland schreibt damit Geschichte am Anleihemarkt“, meint David Schnautz, Zinsstratege bei der Commerzbank.

Von null auf hundert und zurück
Negativ verzinste deutsche Staatspapiere: Quelle: dpa
Mario Draghi Quelle: REUTERS
Zentralbankzins für Einlagen unter null Quelle: dpa
Der Bund verdient Geld mit Anleihen. Quelle: dpa
16. Januar 2015Die Schweiz schreibt Geschichte am Anleihemarkt: Erstmals sinkt in einem Land  die Rendite einer Anleihe mit der Laufzeit von zehn Jahren unter null Prozent. Grund dafür war die überraschende Entscheidung der Schweizer Notenbank vom Vortag, den Euro-Mindestkurs zum Franken aufzuheben. Die Folge: Der Franken wertet drastisch auf, die Aktienkurse brechen ein – und Anleger fliehen in Anleihen. Am 9. April profitieren die Schweizer Steuerzahler von den Minuszinsen. Die Schweiz stockt die die zehnjährige Anleihe, die einen Zinsschein von 1,5 Prozent hat, zu einem Kurs von 116 Prozent auf. Daraus errechnet sich bei der Auktion eine negative Rendite von minus 0,055 Prozent. Anleger versuchen damit, den Strafzins von 0,75 Prozent zu umgehen, den die Schweizer Notenbank für kurzfristige Einlagen von Banken  festgelegt hat. Quelle: dpa
Die EZB macht Ernst. Quelle: dpa
Der Bund verdient jetzt Geld mit einer Fünfjahres-Anleihe Quelle: dpa

Für Anleger ist das misslich. „Die Negativrenditen in vielen Ländern der Welt sind an sich schon sehr schwierig für Investoren; die Nullkupons setzen aber noch einen drauf“, meint Thomas Meißner, Abteilungsleiter im Research der Landesbank Baden-Württemberg: „Investoren wie zum Beispiel Versicherer, die regelmäßige Einnahmen benötigen, um damit ihre Auszahlungsverpflichtungen zu decken, haben ein Problem, wenn auch noch die Zinszahlungen wegfallen“, erklärt Meißner.

Warum Investoren zugreifen

Doch jede Medaille hat zwei Seiten. Was für Investoren schlecht ist, ist gut für Finanzminister Wolfgang Schäuble – und damit die Steuerzahler. Denn Deutschland verdient mit dem Schuldenmachen quasi Geld. Bei Anleihen mit Laufzeiten von zwei und fünf Jahren gelingt das schon seit geraumer Zeit mit im Minus liegenden Emissionsrenditen. Auch die Kupons für zwei- und fünfjährige Bundesanleihen liegen bei null Prozent. Im Handel rentieren sogar Bundesanleihen mit Restlaufzeiten von bis zu 13,5 Jahren im Minus. Für den Bund ist aber wichtig, zu welchem Preis er die Anleihen verkauft. Dabei finden die Anleiheauktionen des Bundes nur zu festgesetzten Terminen statt.

Trotz Nullkupon und Minusrendite war die neue zehnjährige Anleihe des Bundes gefragt. Die deutsche Finanzagentur, die Deutschlands Schulden managt, bekam Kaufaufträge im Umfang von immerhin 4,78 Milliarden Euro. Das war zwar etwas weniger als das ausgeschriebene Volumen, doch auch letzte Aufstockungen der älteren Bundesanleihe mit jetzt noch knapp zehn Jahren Restlaufzeit und einem Kupon von 0,5 Prozent, waren leicht unterzeichnet. Es gab also auch bei der Auktion vor einem Monat etwas zu wenig Kaufaufträge, um das Angebot zu decken. Die Emissionsrendite vor einem Monat lag bei 0,01 Prozent. Die Volumina bei Aufstockungen liegen bei vier Milliarden Euro. Somit gab es insgesamt jetzt durchaus mehr Nachfrage als bei der vorigen Auktion.

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