Zschabers Börsenblick

Einstieg in den Dax? Genau jetzt!

Das aktuelle Rekordniveau dient manch einem Sparer, sich selbst vor Kursrückschlägen bei Aktien zu warnen. Und als Alibi für einen bekannten Fehler: dem Markt weiterhin fernzubleiben.

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Dax am 1. November 2017. Quelle: REUTERS

Knapp 13.500 Punkte. Eigentlich reicht diese eine Zahl, um die Laune der Börsianer in diesen Tagen zu erfassen. Für diejenigen, die den Dax-Stand nicht ständig verfolgen, dies zur Erklärung: Der Index steht historisch hoch, die Stimmung ist entsprechend gut. Von Langeweile ist auch keine Spur, selbst wenn man sich fast schon daran gewöhnt hat, dass der deutsche Aktienindex in schöner Regelmäßigkeit immer neue Höhen erklimmt, gerade im Zusammenhang mit den gerade veröffentlichten guten Wirtschaftsdaten.

In scharfem Kontrast zu diesem Hochgefühl steht eine andere Zahl: zwölf.

So viel Prozent der Deutschen haben Angst vor Altersarmut. Das zumindest ist eine der Erkenntnisse aus der jüngsten Ausgabe des jährlich erscheinenden Vermögens-barometers des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands DSGV.

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13.500 Zähler zu 12 Prozent – die Diskrepanz zwischen den beiden Zahlen ist gleich in mehrerlei Hinsicht erschreckend.

Zu früh für Entwarnung

So irritiert es grundsätzlich, wenn Menschen trotz der florierenden Konjunktur in Deutschland – auch das spiegelt der Dax letztendlich immer wider – Zukunftsängste haben. Ursache für die Sorge um die fehlende finanzielle Absicherung im Alter ist das, was der Eine dramatisch als „Zinsfalle“, der Andere akademisch als Resultat einer finanziellen Repression bezeichnet: Das allgemeine Zinsniveau ist so niedrig, dass der Sparer auf klassische Anlagen wie Sparbuch oder Festgeld so gut wie keine Rendite erhält, auch nicht auf lange Sicht. Das Perpetuum Mobile des Vermögensaufbaus früherer Tage, der Zinseszinseffekt, funktioniert einfach nicht mehr.

Ein Zinsniveau, das sich wie aktuell im Bereich von 0 Prozent bewegt, ist schon verlustreich, sorgt doch die Inflation dafür, dass sich die Rendite unter dem Strich im Negativen bewegt.  Dass Marktbeobachter die jüngst angekündigte Reduzierung der Anleihekäufe der EZB als Frühsignal einer Zinswende, einer Rückkehr zu nennenswerten Zinsniveaus werten, wirkt naiv – bis es soweit ist, dass Festgeldanleger wieder guten Gewissens das Wort „Rendite“ in den Mund nehmen können, dürfte noch einige Zeit vergehen. Für Entwarnung ist es definitiv zu früh.

Sogar die Verbraucherzentrale rät zu Aktien

Was an der ganzen Angelegenheit besonders befremdet, ist, dass sich die deutschen Anleger dem Schicksal fast schon fahrlässig ergeben haben, dass selbst Negativzinsen sie nicht aus ihrem Phlegma holen. So sparen die Deutschen zwar – aber sie sparen falsch und ignorieren eine renditeträchtige Anlageklasse nahezu komplett: Dass Aktien der Ausweg aus dem Niedrigzinsdilemma sein können, ist eigentlich bekannt – und dennoch ist die Zahl der Aktienanleger im Jahr 2016 wieder unter die Marke von neun Millionen gefallen. Diese Entwicklung hat mittlerweile auch die Verbraucherzentrale als gesellschaftliches Problem erkannt.

Vor diesem Hintergrund rät sie jetzt zum Aktienkauf – die Behörde stand bislang nicht unbedingt im Verdacht, ein ausgesprochener Börsen-Befürworter zu sein.

Dieser Anstoß ist aber wohl überfällig. Als Bedenkenträger kultivieren die Deutschen ihre Aktienaversion schließlich nahezu. Eine Aversion, die ausländische Investoren im Übrigen nicht kennen – Ende vergangenen Jahres befanden sich durchschnittlich 54 Prozent der Aktien der 30 Dax-Konzerne in Händen ausländischer Anleger. Viele der Aktienverweigerer führen als Grund für ihre Inaktivität das unpassende Timing an: Sind Aktien am Boden, ist die Stimmung zu schlecht, stehen sie wie jetzt auf Rekordhöhen, ist die Laune zu gut. Dabei ist die Frage nach dem besten Zeitpunkt für die Aktienanlage schnell beantwortet: genau jetzt - denn eigentlich ist nahezu immer der ideale Zeitpunkt.

Wenige Tage geben den Ausschlag

Entscheidend ist für diese Sichtweise der mittel- bis langfristige Betrachtungshorizont: Keine Frage, vor dem Hintergrund der Volatilität ist die Aktienanlage nichts für denjenigen, der Schwankungen scheut. Und ein Investor in Aktien zu sein heißt auch nicht, die Risiken der Papiere verleugnen zu müssen, aber es sind Realbeteiligungen an Unternehmen und deren wirtschaftlichen Erfolgen.

Um etwaige Rückschläge an den Kapitalmärkten zu verdauen, lohnt ein Blick auf den Faktor Zeit. Wer etwa über 30 Jahre lang in den Dax investiert hatte, konnte am Ende des vergangenen Jahres auf eine jährliche Rendite von 8,3 Prozent verweisen.

Der Kursaufschwung, den das Börsenbarometer im bisherigen Jahr 2017 vollzogen hat, ist dabei noch nicht einmal eingerechnet; solch einschneidende dramatische Korrekturen wie etwa das Platzen der Dotcom-Blase oder der Crash im Umfeld der Finanzkrise hingegen schon. Dass es sich also auszahlt, die Nerven zu behalten und selbst in stürmischsten Zeiten dem Aktienmarkt die Treue zu halten, machen Erhebungen mehr als deutlich. Interessanterweise zeigen diese: Wenn einige, wenige starke Börsentage ausgelassen werden, ist die Performance erheblich beeinträchtigt und es wird auf ein Gros an Rendite verzichtet.

Neben dem Einsatz der Zeitkomponente gibt es weitere Mechanismen, die das Risiko der Aktienanlage maßgeblich limitieren.

Die notwendige breite Streuung lässt sich etwa durch Fonds darstellen, mit denen der Anleger in den breiten Markt investiert oder auch durch aktiv gemanagte Vermögensverwaltungslösungen,  die stark fundamental ausgerichtet sind, in konjunkturellen Hochzeiten ihr Repertoire ausspielen und bei höheren Volatilitäten das Risikomanagement einsetzen.

Was viele Anleger und Sparer bei ihrer Beurteilung der Anlageklasse Aktie vergessen: Auch Aktien liefern regelmäßige Ausschüttungen, zumindest der große Teil von ihnen, der Dividenden zahlt. Die Ausschüttungen liegen mitunter auf einem Renditeniveau von 3, 4 oder 5 Prozent; also einem Niveau, das beispielsweise die Sparer aus früheren Zeiten von Sparbuch und Co kennen. Das kommt auf die Wertentwicklung des Papiers obendrauf. Sich vor Altersarmut zu fürchten, aber nicht in Aktien zu investieren, ist als würde man über die Dunkelheit jammern, aber den Lichtschalter nicht drücken, weil man Angst vor einem Stromschlag hat.

Es ist keine neue, aber für viele Deutsche immer noch eine unbequeme Wahrheit: Als Sparer müssen sie raus aus der Komfortzone der risikolosen Anlage. Sonst ist die Angst vor der Altersarmut  in Zukunft für wesentlich mehr als 12 Prozent der Bevölkerung nicht länger nur ein Gespenst.

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