Die Strategie geht auf. Der Technologieriese mit 35 Milliarden Umsatz bringt ein Erfolg versprechendes Produkt nach dem anderen auf den Markt. Zum Beispiel die eigene 48-Volt-Technologie für Hybridantriebe. Die Hannoveraner liefern zudem Elektroantriebe an Renault, die bereits auf den Straßen zum Einsatz kommen.
Der Zulieferer hat selbst Ingenieure ins Silicon Valley geschickt, die dort in der Geschäftseinheit Intelligent Transportation Systems neue Ideen für das vernetzte Auto austüfteln. Sie denken darüber nach, wie das Auto zukünftig mit anderen Verkehrsteilnehmern oder Verkehrskontrollsystemen kommuniziert. Mit der Übernahme vom Fahrerassistenz- und Infotainment-Experten Elektrobit Automotive kaufte Conti sich jüngst zusätzliches Know-how mit 1900 Softwareentwicklern ein.
Der Reifenspezialist hat den großen Vorteil, dass er all diese Investitionen aus seinem gut laufenden Alltagsgeschäft stemmen kann. Das Verschleißteil Reifen wird eben immer gebraucht.
Fahrerassistenzsysteme gewinnen bei Conti an Bedeutung
Schon jetzt macht Conti mit seinen Autotechnologien aber mehr Umsatz als mit Reifen. Vor allem die Fahrerassistenzsysteme gewinnen zunehmend an Bedeutung. Conti geht davon aus, dass diese Sparte von heute 500 Millionen jährlich bis 2018 um ein Drittel auf 1,5 Milliarden Euro wächst.
Die Continental-Aktie steht derzeit gut 15 Prozent über ihrem Wert zu Jahresanfang.
Ähnlich positiv sieht es bei den großen Zulieferern Denso aus Japan, Delphi aus den USA und Valeo aus Frankreich aus. Zwar sind die nicht ganz so breit aufgestellt, haben sich aber ein umfangreiches Wissen im Bereich Elektronik, Antriebssteuerung und Sensortechnik aufgebaut. Ihre alten Abhängigkeiten – bei Delphi vom US-Autobauer GM, bei Valeo von den französischen Herstellern – haben sie deutlich reduziert.
Womit die Zulieferer zu kämpfen haben
Immer mehr Innovationen müssen von den Zulieferern selbst kommen. Die Forschungs- und Entwicklungsausgaben steigen dadurch stark an. Die Zulieferer müssen stärker in Vorleistung gehen und tragen damit ein höheres unternehmerisches Risiko.
Die Autokonzerne bauen immer mehr Werke in Asien oder Mexiko. Damit steigt der Druck auf die Zulieferer, ebenfalls in neue Standorte zu investieren.
Global agierende Autokonzerne schreiben ihre Aufträge immer öfter für die weltweite Produktion aus. Viele mittelständische Zulieferer können weder die geforderten Stückzahlen herstellen noch den Konzernen einfach ins Ausland nachfolgen.
Autokonzerne wie PSA und GM bilden immer öfter Einkaufsgemeinschaften, gleichzeitig steigt die Zahl von Modulbaukästen für die identische Teile in sehr hoher Stückzahl benötigt werden. Beides führt dazu, dass der Preisdruck steigt. Die Zahl der Zulieferer, die das leisten kann, sinkt.
Weniger bekannt, aber mit einem Fokus auf Softwarekompetenz durchaus vielversprechend sind die belgische Melexis und der US-Zulieferer Gentex. Melexis investierte im vergangenen Jahr 13,7 Prozent vom Umsatz in Forschung und Entwicklung. Das 20 Jahre junge Unternehmen entwickelt und produziert Halbleiter und Sensortechnik für die Automobilindustrie. Fast alle Automarken setzen Chips von Melexis im Bereich Fahrerassistenz, aktive Sicherheitstechnik und Motorensteuerung ein. Die kommen bei ganz unterschiedlichen Messungen zum Einsatz: Luftdrucküberprüfung im Reifen oder die Vermeidung von Auffahrunfällen durch Abstandsmesser sind nur zwei Beispiele. Anlegern bietet Melexis 3,1 Prozent Dividendenrendite.
An der Börse bringt Melexis es auf 1,6 Milliarden Euro Börsenwert. Es dürfte deutlich mehr werden. Die Belgier haben ihren Umsatz 2014 um über 20 Prozent auf 332 Millionen Euro gesteigert. Und von Melexis’ 25 Prozent Umsatzrendite können andere Zulieferer nur träumen. Die sind über Werte im einstelligen Prozentbereich froh.
Dürr gewinnt mit komplexen Anlagen
Trotz gut vier Milliarden Euro Börsenwert und erwarteten 1,3 Milliarden Euro Umsatz dieses Jahr ist auch Gentex, ein amerikanischer Spezialist für Rückspiegel- und Kameratechnik im Auto, vielen Anlegern kein Begriff – aber sehr erfolgreich. Bei ihm bleiben 21 Prozent vom Umsatz als Nettogewinn hängen. Unter den Kunden finden sich nicht nur viele deutsche und japanische Hersteller, sondern auch Tesla.
Ein paar Sparten gibt es noch, in denen Zulieferer ohne große Innovationssprünge erfolgreich sein können. Der Zulieferer Dürr etwa baut Lackier- und Endmontageanlagen. Dürr steigerte das operative Ergebnis im ersten Halbjahr 2015 um 41 Prozent auf 126,2 Millionen Euro. Ernst zu nehmende Wettbewerber gibt es nicht: Solche Anlagen sind komplex.
Für Anleger war Dürr ein langweiliger, aber konstanter Depotwert. Die Dividendenrendite liegt über zwei Prozent, der Kurs steigt seit Jahren langsam, aber stetig. So wie Autos immer Reifen brauchen, müssen sie eben auch lackiert werden. Und da Dürr zu den Anlagen Pakete für Wartung, Ersatzteile, Modernisierung und Umrüstung mitverkauft, kann er Kunden lange an sich binden.
Auch das kann ein Alleinstellungsmerkmal sein.