Computerhandel Börsencomputer reagieren automatisch auf Nachrichten

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Nach der Explosion der Quelle: dpa

Auch der Elementized News Feed von Dow Jones wagt sich an Texte heran. Er bewertet die in ihnen enthaltenen Begriffe in Kombination mit einem speziellen Wörterbuch. Trader können so an einem Tag mit überwiegend schlechten Nachrichten gezielt nach Unternehmen suchen, über die die Nachrichtenagenturen positiver berichten, und diese kaufen. Mehren sich besonders negative Artikel über eine Aktie, stoppt der nach den von Reuters vergebenen Punkten programmierte Algorithmus laufende Aktienkäufe. Manch ein Risikomanager setzt bei gravierenden Nachrichten eines Unternehmens gleich den Handel mit allen Aktien aus der Branche aus. Reuters arbeitet dafür mit den Linguisten von Lexalytics zusammen. Die Agentur vergibt Minus- und Pluspunkte für die von Linguisten als negativ (Beispiel „Verschmutzung“) und positiv (Beispiel „Umsatzzuwachs“) eingestuften Begriffe.

Mit Nachrichten-Filter

Auf negative Nachrichten müssen Trader besonders schnell reagieren. So fanden die Strategen der Deutschen Bank heraus, dass die Märkte „schlechte Nachrichten viel schneller einpreisen als gute“. Es gelte die Regel: „Verkaufe erst und stelle Fragen später.“ Ausnahme sei allerdings, wenn die Märkte bereits negative Nachrichten erwarten. So überraschten weitere schlechte Neuigkeiten von BP nach dem Untergang der Ölplattform Deepwater Horizon niemanden. Die Aktie fiel über Wochen.

Bei ungewöhnlich vielen negativen Artikeln über den Medien- und Börsenliebling Apple aber stehen die Chancen besser, frühzeitig einen bevorstehenden Kurseinbruch zu identifizieren und von diesem überproportional zu profitieren. Riskant ist diese Strategie kaum: Trader setzen die Algorithmen so auf, dass das System nur auf eine überraschende negative Neuigkeit reagiert. Passiert nichts, handelt der Computer nicht. Kommt der Skandal, sind findige Hochgeschwindigkeitshändler aber als Erste dabei.

Damit Trader über ihre Systeme nur relevante Nachrichten empfangen, registriert Dow Jones zum Beispiel, ob eine Nachricht zum ersten Mal veröffentlicht wird oder ob sie bloß eine neue Zusammenfassung der Lage ist. Ist Letzteres der Fall, fällt die Nachricht direkt aus der Wertung. Das Programm erkennt auch, ob ein Unternehmen in einem Artikel nur am Rand erwähnt wird, und filtert diese Artikel ebenfalls.

Kunden bekommen nicht nur Zugriff auf aktuelle Nachrichten, sondern auch auf die Archive. Auf Wunsch liefert zum Beispiel Reuters dazu auch historische Börsenkurse. Programmierer können ihre Systeme so auf alle Eventualitäten vorbereiten. Nach einer Naturkatastrophe etwa lassen sie sich anzeigen, welche Aktien und Rohstoffe beim letzten Vorfall wie reagiert haben: Welcher Versicherer zahlte beim letzten Hurrikan in Florida? Welche Ölaktien fielen nach der Erdbebenwarnung im Iran? Und wie stark stiegen die Aktien eines Konzerns nach den letzten Übernahmegerüchten? So machen Trader selbst mit völlig unerwartet eingetretenen Ereignissen Geld.

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