Deutsche Bahn Bahn-Börsengang: Plan B für den Notfall

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Der Frankfurter Bankier Quelle: Polizei

Bund-Berater Metzler ist ohnehin zuletzt nicht gerade durch Detailarbeit bei Börsengängen aufgefallen – seit Jahren hat die Privatbank keinen Debütkandidaten mehr betreut. Dafür hat Eigentümer und Chef Friedrich von Metzler exzellente Kontakte in Berlin – was sich auch daran zeigt, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel demnächst zu einem ihrer regelmäßigen Besuche in dem Frankfurter Traditionshaus erwartet wird.

Die Bank Rothschild dagegen, sonst ausgezeichnet in Berlin verdrahtet – zum Beispiel über ihren Berater und Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder –, wird diesesmal von der Bahn bezahlt und nicht von der Regierung. „Die singen stark das Lied der Bahn“, sagt ein Insider.

Gelassenheit, wie sie der Bund beim Bahn-Börsengang zeigt, wäre bei einem Familieneigentümer oder gar einer Private-Equity-Gesellschaft undenkbar – die wären auch bei den Arbeitstreffen dabei. Solche Eigentümer sind auf einen hohen Erlös aus – und nicht darauf, ein unangenehmes Thema endlich erledigt zu haben. Wenn dagegen Finanzminister Steinbrück auf einen hohen Preis für die Bahn-Aktie drängen würde, könnte er dafür sogar in die Kritik kommen – falls sich der Preis später als zu hoch herausstellte und Anleger Geld verlöre – so wie einst bei der T-Aktie.

Die Bahn-Aktie wird nicht in den USA angeboten

Um das Scheitern zu verhindern, werden die Investoren nach einem detaillierten Plan bearbeitet. Von diesem Montag an werden die Analysten vom Kaiserbahnhof Großanlegern wie Fondsgesellschaften und Pensionskassen ihre Studien zur Bahn-Aktie vorlegen. Dann beginnt das übliche Spiel: Die Banken werden den Preis nach oben reden, die Investoren versuchen, ihn zu drücken. 14 Tage später, nach dem 13. Oktober, startet dann die sogenannte Roadshow. Rund zwei Wochen lang jetten dann zwei Gruppen von Bahn-Managern in fast alle Himmelsrichtungen, um in 200 Einzelvorträgen potenziellen Investoren die Bahn-Aktie anzupreisen. Nach Frankfurt, London, Paris, Peking sowie auf die arabische Halbinsel schwärmen Bahn-Chef Mehdorn und Finanzchef Sack (im Bahn-Planungsjargon: „Team A“) aus, in Tokyo, Stockholm oder Hongkong macht die zweite Manager-Riege die Runde. Ausführliche Diskussion können die umworbenen Investoren dann nicht erwarten. „Drei Fragen, drei Antworten“, sagt ein Banker, „das reicht“.

Erstaunlich: Entgegen dem ausdrücklichen Rat der Konsortialbanken bieten Mehdorn und Sack die Aktie nicht in den USA an. Stattdessen werben sie in Asien und dem Nahen Osten um Staatsfonds. Allein der Chef der russischen Staatsbahn RZD, Wladimir Jakunin, will rund fünf Prozent der Börsen-Bahn kaufen, sagte er in einem Interview. Das wäre ein Fünftel der angebotenen Aktien. Doch dass die Bahn nach Osten schaut und nicht in die USA, liegt keineswegs nur an der Bahn-Begeisterung dort, sondern hat einen ganz anderen Grund: Das Bahn-Management fürchtet, dass eine Privatplatzierung der Aktie in den Vereinigten Staaten im Falle eines Bahn-Unglücks später zu den für die USA typischen teuren Opfer-Klagen gegen den Konzern oder den Bund führen könnte.

Deshalb verzichtet Mehdorn auf Besuche in New York und Boston – „obwohl eine Privatplatzierung in den USA bei Börsengängen dieser Größe fast unerlässlich ist“, wie ein Frankfurter Insider sagt, der die Furcht vor Opfer-Klagen für übertrieben hält. Immerhin traut sich der Bahn-Chef nach Japan, dem zweiten großen Anleger-Markt, in dem es börsennotierte Vergleichsunternehmen gibt. Die japanische Bank Daiwa könnte durchaus für eine Milliarde Euro Bahn-Aktien bei Privatanlegern unterbringen, heißt es.

Daran gemessen erwartet Mehdorn von deutschen Privatanlegern wenig. Fünf bis zehn Prozent des angebotenen Aktienpakets könnten an deutsche Kleinanleger gehen, ließ er seinen Finanzchef unlängst verkünden. Die Dresdner Bank als Koordinatorin des Kleinanleger-Angebots muss ohne große Werbekampagne für Kleinanleger auskommen, um jede Erinnerung an die verunglückte Volksaktie Telekom zu vermeiden.

Volkes Zorn verfolgt den Bahn-Chef jedoch selbst bei Treffen mit Großinvestoren. Bei einem Termin im Frankfurter Bankenviertel Ende September musste Mehdorn die Beschwerden eines wütenden Fondsmanagers über sich ergehen lassen. Der Mann mokierte sich allerdings nicht über den Preis der Aktie – sondern darüber, dass die von ihm täglich genutzte S1 aus Wiesbaden so häufig zu spät komme. Mehdorn, sein Lebensziel vor Augen, ließ auch das noch seelenruhig über sich ergehen.

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