Solarkraftwerke Die Schattenseiten der Solar Millennium

Kreative Bilanzierung und absehbare Probleme bei der Finanzierung weiterer Solarkraftwerke trüben die Erfolgsstory von Börsenstar Solar Millennium.

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Vorstandsvorsitzender Utz Claassen: Der frühere EnBW-Chef führt seit Januar die Geschäfte beim Erlanger Solarunternehmen Quelle: dpa

Das Haus Nägelsbachstraße 40 in der Erlanger Innenstadt hat prominente Mieter: Hier residiert der frühere Siemens-Chef Heinrich von Pierer mit seiner Unternehmensberatung. Und seit Neuestem arbeitet auch Utz Claassen hier: Der frühere Vorstandsvorsitzende des Versorgers EnBW ist seit dem 1. Januar Chef der Erlanger Solar Millennium. Das Unternehmen plant und baut Solarthermiekraftwerke zur Stromerzeugung.

Claassen scheut für den Noch-Mittelständler – aktueller Börsenwert: 540 Millionen Euro – keinen noch so mutigen Vergleich. „Vor zehn Jahren hätte vermutlich auch nicht jeder einen Manager verstanden, der von General Motors zu Google gewechselt wäre oder von IBM zu Microsoft“, sagte er vor Antritt des neuen Postens der „F.A.Z.“.

Bilanzen werfen Fragen auf

Immerhin: Beim Wüstenstrom-Projekt Desertec bewegt er sich schon jetzt mit Konzernen wie RWE oder Siemens. Das mit dem Industriedienstleister Ferrostaal gehaltene Joint Venture MAN Solar Millennium ist Gründungsunternehmen des Megaprojekts. Das Konsortium will 400 Milliarden Euro investieren, um Sahara-Sonne nach Europa zu bringen.

Das aber ist noch Zukunftsmusik. Die Vergangenheit ist weniger glänzend, die Bilanzen werfen Fragen auf: Solar Millennium hat wiederholt Erlöse zunächst über Verkäufe an verbundene Unternehmen generiert. Anleger mussten beim Blick in die Bilanz davon ausgehen, dass das Geschäft brummt, obwohl Umsätze teilweise nur innerhalb des Konzerngeflechts erzielt wurden. Ohne diese Tricks wären Umsätze erst viel später erzielt worden. Durch die kreative Bilanzierung dürfte Solar Millennium Anleger bei der Stange gehalten haben, die ansonsten das Vertrauen in das Unternehmen verloren hätten. So überwand Solar Millennium Durststrecken – mit spätem Happy End, weil sich am Ende externe Käufer für die Kraftwerke fanden.

Hinzu kommt: Die Aussagen über eine Tochter des US-Multis General Electric, die Solar Millennium als Investorin gewonnen haben wollte, sind – gelinde gesagt – widersprüchlich.

Zu allem Überfluss scheinen sich die wirtschaftlichen Perspektiven des Unternehmens kräftig einzutrüben. Aktionäre und Anleihekäufer, bei Letzteren steht Solar Millennium mit 170 Millionen Euro in der Kreide, sollten auf der Hut sein – allen Erfolgsmeldungen zum Trotz.

"Andasol 1, 2 und 3": Hin und her verschoben

Die zumindest gab es in letzter Zeit reichlich: Der Umsatz sprang im Geschäftsjahr bis Oktober 2009 von 32 auf 201 Millionen Euro. Nach eigenen Angaben hat Solar Millennium weltweit Solarkraftwerke mit mehr als 2000 Megawatt Gesamtleistung in Planung. Banken, von Goldman Sachs bis WestLB, empfehlen die Aktie zum Kauf. Seit Anfang November hat sich der Kurs mehr als verdoppelt. Die Börse ignoriert geflissentlich, dass die Aussagekraft der letzten Bilanzen infrage gestellt werden kann. Gleich mehrfach hat Solar Millennium in den vergangenen Jahren Kraftwerksanteile an verbundene Unternehmen verkauft. Diese Verkäufe seien aber nicht wie konzerninterne Umsätze behandelt, sondern wie Verkäufe an fremde Unternehmen verbucht worden, sagt ein Unternehmenskenner, der in leitender Position an Solar-Millennium-Projekten beteiligt war. „Es gab dann zwar entsprechende Buchungen, aber es war kein Cash da.“ Das Unternehmen verweist darauf, dass diese Praxis geltenden Bilanzierungsregeln entsprach.

Bislang kann Solar Millennium vor allem auf zwei realisierte Solarkraftwerke in Spanien verweisen: Andasol 1 wurde im Juli 2009 eingeweiht, Andasol 2 ging 2009 vorerst probeweise ans Netz.

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