Gbureks Geld-Geklimper

Die Zeiten werden noch unruhiger

Manfred Gburek Freier Finanzjournalist

Schwacher Euro, unruhige Finanzmärkte - sind Spekulanten an allem schuld? Lächerlich. Deutsche Politiker lenken von den eigentlichen Krisenursachen ab. Die liegen fast zwei Jahrzehnte zurück.

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Wie die Comic-Figur Dagobert Quelle: AP

Sieht so die Zukunft aus: nach dem Verbot von ungedeckten Leerverkäufen Mehrwertsteuer rauf, Pkw-Maut eingeführt, Kürzungen im Sozialhaushalt als Solidaritätsakt deklariert und das Ganze trotz sprudelnder Steuerquellen mit der Soße einer Finanztransaktionssteuer oder Finanzaktivitätssteuer übergossen? Fertig ist der unverdauliche Nachtisch zum griechischen Hauptgericht, das bereits Verstopfungen an den Anleihemärkten verursacht hat.

Die vor allem von deutschen Politikern gegen die ach so bösen Spekulanten (Banken, Hedgefonds) erhobene Forderung nach einer Transaktionssteuer ist zwar nur ein billiges Ablenkungsmanöver, erhält aber mehr mediale Aufmerksamkeit als das Ausufern der weltweiten Staatsverschuldung. Entspricht schon die Entscheidung zum fast unbegrenzten Kauf von Euro-Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank im Wesentlichen einem Aufschub des Schuldenproblems in die Zukunft, so soll mit der wortreich artikulierten Verlagerung der Krisenursachen von der Politik auf die Spekulation zusätzlich Zeit gewonnen werden.

Wurde der Euro nach unten manipuliert?

Im Hintergrund zeichnen sich außer den eingangs genannten fiskalischen Folterwerkzeugen weitere Maßnahmen ab, wie dem Problem leerer Kassen beizukommen sei. Auf der Agenda stehen zum Beispiel: Staatsanleihen, deren Erträge nicht besteuert werden sollen (gibt es bereits woanders), sowie die von linken Kreisen längst geforderte Einführung einer Vermögensteuer, aber einer solchen, die etwa für Immobilien und Aktien, nicht dagegen für Staatsanleihen gilt. Von da aus ist es nicht mehr weit zum Ausbau der Reichensteuer (der Anfang ist ja schon gemacht) und zur Verschärfung der Erbschaftsteuer. Nimmt man alles zusammen, erscheinen drei Feindbilder, mit denen sich die entsprechenden Steuern rechtfertigen und auch durchsetzen lassen: böse Spekulanten, ungerecht zu Geld gekommene Reiche und schnorrende Erben.

In totalitären Staaten wäre die Durchsetzung solcher Maßnahmen ohne Umwege möglich, doch wie steht es damit in unserer Demokratie? Hier geht es auch, nämlich auf Umwegen, was wiederum mit dem diffusen aktuellen Lieblingsfeindbild der Politiker aller Couleur zusammenhängt, den Spekulanten. Die folgende Mahnung vom Grünen-Wirtschaftspolitiker Fritz Kuhn an Kanzlerin Angela Merkel sagt dazu mehr als tausend Worte: „Ihre Kanzlerschaft wird daran bemessen werden, ob es Ihnen gelingt, der Spekulation auf den Finanzmärkten ein Ende zu setzen.“ Klar, wenn CDU/CSU und Grüne am Ende eine schwarz-grüne Koalition bilden wollen, müssen sie vorher nach Gemeinsamkeiten suchen. Dafür bieten sich populistisch angeprangerte Feindbilder wie die Spekulanten an.

Dass Kuhn allerdings gleich das Ende der Finanzmarktspekulation einfordert, ist dumm, weil Finanzmärkte ohne Spekulation ebenso unmöglich sind wie der Deutsche Bundestag ohne die Debatten der Abgeordneten oder wie ein Fußballspiel mit im Voraus abgestimmtem Ergebnis. Der Ursprung der jüngsten Spekulation gegen den Euro war laut Wall Street Journal angeblich ein Spitzentreffen von Hedgefondsmanagern Anfang Februar. Der Politologe F. William Engdahl führt mehrere Ereignisse und Aussagen an, die den Eindruck einer globalen Verschwörung vermitteln, vor allem: die Herabstufung der Kreditwürdigkeit Griechenlands durch die Ratingagenturen Standard & Poor's, Moody's und Fitch im Dezember 2009, das Schönreden des Dollars durch den US-Multimilliardär und großzügigen Demokraten-Spender George Soros beim Weltwirtschaftsforum in Davon gut einen Monat später sowie die darauf folgende Ankündigung des durch Krisenprognosen bekannt gewordenen US-Ökonomen Nouriel Rubini, die europäische Währungsunion könnte zerbrechen.

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