Serie Inflation Eigenheim schützt nicht vor Teuerungsrate

Eine eigene Immobilie als Inflationsschutz? Schön wäre es. Mit wenigen Ausnahmen gilt: Nur offene Immobilienfonds schlagen die Teuerungsrate auf Dauer.

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Einfamilienhaus: Eigene Quelle: dpa

Lässt sich auf etwas Sinnvolleres sparen und Kredit aufnehmen als auf eine eigene Immobilie? Schwerlich, wenn es um mehr Lebensqualität oder die Hoffnung auf gesparte Miete im Alter geht. Da haben selbst die Bausparkassen recht. Vorsicht ist aber angebracht, wenn sie das selbst genutzte Reihenhaus oder die Eigentumswohnung als Geldanlage preisen. Wer nicht gerade eine hochwertige Immobilie in der Top-Lage einer Großstadt oder deren Speckgürtel unterhält, sollte seinen Freiheitsgrad beim Wände einreißen genießen, aber nicht erwarten, dass sich der Wert seiner Immobilie wie von unsichtbaren Mächten gezogen jährlich um die berühmten zwei Wunsch-Prozent erhöht. Das ist eine Milchmädchenrechnung. Sehr viel wahrscheinlicher ist, dass die Inflationsrate in so bald nicht mehr unter zwei Prozent fallen dürfte und damit den beim Wiederverkauf zu erzielenden Gewinn auffrisst.

„Der Markt für Immobilien spreizt sich unendlich“, sagt Andreas Schulten, Geschäftsführer des Research-Unternehmens BulwienGesa. Auch in Selbstläufer-Städten wie Hamburg, Düsseldorf, Stuttgart oder München ist für die Rendite nur noch der Stadtteil entscheidend, in dem die eigenen vier Wände liegen. Aktuelle Zahlen von BulwienGesa belegen: Die höchste Wertsteigerung erzielten 2007 ausgerechnet drei ostdeutsche Städte: Schwerin (neun Prozent), Zwickau und Magdeburg (je sieben Prozent, siehe WirtschaftsWoche 52/2007). 

Im Bundesschnitt sieht es anders aus,. Der ist nur dann aussagekräftig, wenn man West- und Ostdeutschland unterscheidet. Seit 1995 stieg der Durchschnittspreis für ein Einfamilienhaus im Westen gerade mal um sechs Prozent, im Osten fiel er um 15 Prozent. Wohnungen schafften im Westen gar keinen Gewinn, im Osten 17 Prozent Verlust. BulwienGesa erwartet in Zukunft nur für gute Lagen einen leichten Wertanstieg. Der Rest bleibe „stabil“.

Für den Wohnungsmarkt sprechen steigende Singlezahlen und höherer Quadratmeter-Verbrauch pro Kopf, dafür werden zurzeit zu wenig Wohnungen gebaut. Dass diese Trends über lange Jahre verlässliche Wertsteigerungen über der Inflationsrate bringen, ist aber eher unwahrscheinlich.

Die meisten selbst genutzten Immobilien werden zu einem großen Teil auf Kredit finanziert. Die Banken lassen sich das Risiko, dass ihre Forderungen inflationsbedingt an Wert verlieren, ordentlich vergüten. Gut fünf Prozent Zinsen per anno müssen Kreditkunden derzeit bei den günstigsten Anbietern löhnen, dabei dürfte es vorerst wohl auch bleiben.

Toppt eine vermietete Immobilie die Inflation? Kann sie, wegen der Steuervorteile, die der Kredit mit sich bringt; muss sie aber nicht. Individuelle Missgriffe können die schönsten Modellrechnungen zerstören. Schulten von BulwienGesa rät Kapitalanlegern lieber fürs selbe Geld ein Reihenhaus als eine Eigentumswohnung zu kaufen: „Im Haus entscheidet der Besitzer selbst, was er modernisieren will. In einer Wohnungs-Eigentümergemeinschaft sind die Kosten ein Mehrheitsbeschluss. Das kann ein Fass ohne Boden werden, das jede langfristige Renditerechnung zunichte macht.“

Egal, ob Wohnung oder Haus, gefragt sind sie derzeit vor allem gebraucht. 70 Prozent der 2007 über die Bausparkasse LBS vermittelten Immobilien kamen aus dem Bestand. Tendenz steigend, denn die Zahl der Baugenehmigungen sinkt. Vielen wird Bauen zu teuer. Kein Wunder, im Schnitt kosten neue Reihenhäuser derzeit in Mittel- und Großstädten rund 270 00 Euro im Süden, 200 000 Euro im Westen, im Osten und Norden sind es 130 000 bis 160 000 Euro.

Eigene Immobilien eignen sich kaum als Schutz gegen Inflation Quelle: Grafik: WirtschaftsWoche

Die Alternative, überschüssiges Bares flexibel als einjähriges Festgeld anzulegen, bringt derzeit fast fünf Prozent Zinsen, das Doppelte der Inflationsrate. Sollen es aus Gründen der privaten Portfoliomischung auf jeden Fall Immobilien sein, lässt sich besser über Fonds verdienen.

Offene Immobilienfonds. Während Häuslebauer anfangs auf einem Schuldenberg sitzen, profitieren Anleger bei offenen Immobilienfonds direkt und regelmäßig von Wertsteigerungen und Mieterhöhungen bei Immobilien, die im Fonds stecken. Das sind vor allem Bürogebäude und Einkaufszentren. Deren Preise und Mieten entwickelten sich deutlich besser als die von Wohnungen oder Einfamilienhäusern: Mit einem Plus von im Schnitt 5,7 Prozent haben sich die 30 Privatanleger-Immobilienfonds im vergangenen Jahr gut geschlagen (siehe Grafik).

Seit Mitte der Achtzigerjahre ist die durchschnittliche Wertentwicklung dieser Fonds regelmäßig doppelt so hoch wie die Inflationsrate. „Sie sind also ein Produkt, mit dem man sich gegen die Inflation absichern kann“, sagt Sonja Knorr, Immobilienanalystin bei der Ratingagentur Scope.

Wenn sich die Konjunkturaussichten verschlechtern, drohen allerdings auch schwächere Zuwächse bei den Fonds. „In diesem Jahr kommt es wieder auf die Mietsteigerungen an. Die Immobilienpreise werden nicht mehr groß anziehen“, sagt Gottfried Urban vom Traunsteiner Vermögensverwalter Neue Vermögen.

Die Mietsteigerungen, immerhin, bieten Inflationsschutz: „Hierzulande sind Mieten bei Büros und Einzelhandelsflächen vollständig an die Preissteigerung gekoppelt. Eine höhere Inflationsrate lässt die Mieten automatisch steigen“, sagt Immobilienanalystin Knorr. Das ist nicht weltweit üblich: In Asien beispielsweise werden kürzere Mietverträge geschlossen und regelmäßig neu verhandelt.

Geschlossene Immobilienfonds. Die Anbieter solcher Fonds sammeln Gelder meist gezielt für eine Immobilie ein. Auf Gedeih und Verderb hängt das Anlegerglück dann an diesem Objekt. Auf die rund 100 Milliarden Euro, die Deutsche weltweit investiert haben, kommen noch mal Kredite über 100 Milliarden Euro, die die Fonds aufnehmen. Damit werden sie abhängiger von der Zinsentwicklung und folglich weniger inflationsresistent.

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