Energie Klimabörsen: Der Abgas-Handel

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Die Kühltürme eines Quelle: dpa

In der Praxis führt das System zu absurdem Subventionsbetrug im Namen des Klimaschutzes. So stammt heute die Hälfte aller zusätzlichen Emissionsrechte aus CDM-Projekten, die HFC23 vernichten – eine Chemikalie, die bei der Herstellung eines Kühlmittels abfällt. HFC23 ist ein gefährlicher Klima-Killer, 12 000-mal schädlicher für die Atmosphäre als CO2.

Für das Kühlmittel gibt es längst einen Ersatz, der ohne klimaschädigende Abfallstoffe wie HFC23 hergestellt werden kann. Dennoch wird, vor allem in Asien, fröhlich weiterproduziert. In einem Werk für umstrittene Kühlmittel in Südkorea hat sich die Produktion seit Beginn der UN-Förderung sogar verdoppelt. „Der Wert der zusätzlichen Emissionsrechte ist 70-mal so hoch wie die Kosten zur Vernichtung des klimafeindlichen Abfallprodukts“, sagt Regine Günther, Klimaschutzexpertin des WWF Deutschland. Für die Projektbetreiber sind solche CDM-Projekte ein lohnendes Geschäft.

Projektbetreiber bezahlen Gutachten

Auch der deutsche Versorger RWE verdient mit den umstrittenen CDM-Projekten gut. RWE verschafft sich seit 2007 CO2-Emissionsrechte, indem der Konzern sich an der Vernichtung von Kühlmittelabfallprodukten in zwei chinesischen Chemiewerken beteiligt. Bis 2013 sollen die beiden Projekte RWE Emissionsrechte für zwölf Millionen Tonnen CO2 verschaffen. Zehn Prozent der jährlichen CO2-Produktion von RWE in Deutschland wäre damit abgedeckt. Vattenfall und E.On haben sich an ähnlichen CDM-Projekten beteiligt.

Die Projekte müssen, darauf hin geprüft werden, ob sie nur mit Subventionen realisierbar wären, damit die UN als Gegenleistung Zertifikate herausrückt. Doch die Gutachten bezahlen die Projektbetreiber – ein Verfahren, das fatal an das System der Ratingagenturen erinnert, die den Schrottpapieren der sie bezahlenden Banken Bestnoten verpassten.

„Kein Gutachter hat Interesse daran, zu viele Projekte durchfallen zu lassen, anderenfalls würde er Folgeaufträge riskieren“, sagt WWF-Expertin Günther. In einem Ranking des WWF bekommt kein einziger Gutachter die Bestnoten A oder B (Notenskala von A bis F). Am besten schnitt noch der TÜV Nord mit der Note D ab. Ins Bild passt, dass das UN-Klimasekretariat im März unter anderem den TÜV Süd als Zertifizierungsstelle für CDM-Projekte vorübergehend suspendierte. Den Prüfern fehle eine technische Zusatzqualifikation, die Prüfung der Projekte sei unzureichend. Der TÜV besserte nach – und ist seit Juli wieder im Geschäft. Spekulanten an den Klimabörsen handeln die aus CDM-Projekten stammenden Emissionsrechte heute schon mit einem Preisabschlag von über zehn Prozent gegenüber herkömmlichen Zertifikaten. Das UN-Klimasekretariat nimmt derzeit umstrittene Projekte unter die Lupe. „Der Preisabschlag spiegelt das Risiko wider, dass ein Teil der aus CDM-Projekten stammenden Zertifikate Ende 2012 verfällt und sich nicht auf die Jahre 2013 und folgende übertragen lässt“, sagt Kai Ristau von der Investmentgesellschaft Klimainvest.

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