Ethanolkamine Ohne Schornstein zum offenen Feuer

Genehmigungsfreie Ethanolkamine sind der Renner der Saison: Auch Wohnungen ohne geeigneten Schornstein können so zum kuscheligen Refugium werden. Die angebotenen Modelle reichen von der preiswerten Baumarktvariante bis zum edlen Designerstück. Doch wie reagiert die Hausratversicherung auf das offene Feuer im Wohnzimmer?

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Da die Feuerstellen keinen Schornstein brauchen, lassen sie sich varibel auch mitten im Raum platzieren. Quelle: Pressebild Quelle: handelsblatt.com

Wenn draußen die Schneeflocken ihren winterlichen Tanz vollführen ist der Platz vor dem Kamin mit Abstand der gemütlichste. Doch für viele Mieter und auch manchen Eigentümer bleibt die offene Feuerstelle im Wohnzimmer ein unerreichbarer Traum: Kamine und Öfen sind baulich aufwendig, kosten eine Menge Geld und zu guter letzt muss auch noch der Wohnungseigentümer mitspielen.

Wesentlich einfacher sind da doch die genehmigungsfreien Gel- und Ethanolkamine zu handhaben, die seit kurzer Zeit einen wahren Boom erleben - seit dem Herbst sind die Geräte wieder im Fachhandel, bei Online-Shops und in gut sortierten Baumärkten zu finden. Und die Vielfalt ist beeindruckend: Das Sortiment reicht von der kleinen 100-Euro-Variante zum Aufhängen bis zum mehrere Tausend Euro teuren Standmodell aus Designerhand.

Auf dem Papier stechen die Vorteile des Konzepts ins Auge. Die aus Stein oder Stahl gefertigten Wärmespender unterliegen so nicht der Feuerstättenverordnung, wenn sie bestimmte Grenzwerte einhalten: Nicht mehr als 0,5 Liter Brennstoffverbrauch pro Stunde, bei Betrieb weniger als 5000 ppm CO2-Gehalt in der Raumluft und unter 85 Grad Außentemperatur - ein Abzug ist dann überflüssig.

Stattdessen zehrt die Verbrennung den Sauerstoff im Raum auf, der Sauerstoffverbrauch entspricht dem mehrerer dicker Kerzen. Das Kaminzimmer sollte daher bereits bei kleinen Brennstellen mindestens 20 Quadratmeter Fläche haben und gut belüftet werden.

Beachtliche Heizleistung

Dafür entwickeln die Geräte eine beachtliche Heizleistung: Für einen wärmenden Feuerschein von einem guten Kilowatt reichen bereits kleine Kamine aus, größere Feuerstellen bringen bis zu vier Kilowatt Leistung. Ein paar Grad plus bei der Raumtemperatur sind so locker zu erreichen. Mancher "echte" Kamin bleibt weit unter diesen Werten, da seine Wärme mit dem Abgas durch den Schornstein zieht.

Statt Holz lodert in den modernen Kaminen entweder eine Brennpaste wie im Fondue oder aus Biomasse vergorener Alkohol, Bio-Ethanol genannt. Ein Knistern und Knacken wie bei gutem Kaminholz kommt mit dem flüssigen Ersatz nicht zustande, doch eine beeindruckende Flamme ist durchaus drin.

Bei beiden Brennstoffen gibt es große Qualitätsschwankungen, manches Kaminfutter entwickelt unangenehme Gerüche - hier hilft letztlich nur ausprobieren. Kenner schwören jedoch auf die Flüssigkeit anstelle des Gels: Sie hat keine chemischen Zutaten, ist auf Dauer preiswerter und bringt die schönere Flamme.

Die Preise variieren jedoch stark: Ein Liter Alkohol, ausreichend für drei oder vier Stunden Feuer, kostet im Internet gut einen Euro und im Fachhandel bis zu zehn. Verbunden mit dem per Gesetz festgeschriebenen Maximalverbrauch von 500 Millilitern pro Stunde liegen die Betriebskosten bei günstigem Brennstoffeinkauf jedoch unter dem Kostenansatz für einen Holzkamin.

Versicherungsschutz nicht in Gefahr

Angst um den Versicherungsschutz der Gebäude- oder Hausratversicherung müssen die Betreiber von Gel- oder Ethanolkaminen nicht haben, wie Christian Lübke vom Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft erklärt: "Die Geräte stellen keine Risikoerhöhung im rechtlichen Sinne dar, eine Meldepflicht gegenüber der Versicherung gibt es nicht."

Auch auf Seiten der Wohnungseigentümer steht man den Kaminen offen gegenüber. "Wir haben keine Kenntnis davon, dass die Geräte ein höheres Brandrisiko mit sich bringen als ein Fondue", sagt Andreas Stücke, Generalsekretär des Bundesverbandes Haus und Grund. Dem Vermieter muss ferner nicht mitgeteilt werden, dass fortan ein Ethanolkamin die Behaglichkeit in der kalten Jahreszeit erhöht.

Das Studium der Gebrauchsanweisung sollte aber selbstverständlich sein, ebenso die Beaufsichtigung des offenen Feuers. Wie gut man letztlich auf den Kamin aufpassen muss, zeigen zwei Gerichtsurteile: Während das Oberlandesgericht Schleswig 15-minütige Abwesenheit von brennenden Kerzen als deutlich zu lang ansah (Aktenzeichen 2 U 161/99), hat das Amtsgericht Offenbach den wenige Mi nuten dauernden Gang zur Toilette als unproblematisch angesehen (Aktenzeichen 38 C 377/06).

Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale NRW weist zudem darauf hin, dass mit der Neugestaltung des Versicherungsvertragsrechts Anfang 2008 die "grobe Fahrlässigkeit" neu geregelt wurde: "Der Gesetzgeber wollte vom Alles-oder-nichts-Prinzip weg." Stattdessen wird nun bei grob fahrlässigem Verhalten die Leistung der Versicherung flexibel nach dem Grad des Mitverschuldens gekürzt. Zudem bieten viele Gesellschaften Policen mit dem Verzicht auf die Einrede der groben Fahrlässigkeit oder der Beschränkung auf Extremfälle wie starke Alkoholisierung an.

Für die Gel- und Alkoholkamine bedeutet das "Entwarnung": Wer ein solches Feuer in seiner Mietwohnung lodern lassen möchte, geht kein unüberschaubares Risiko ein - und der Winter kann kommen.

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