Folgen der Finanzkrise EU legt Hedgefonds und Private Equity an die Leine

Es gelten neue Regeln für bisher unregulierte Bereiche und das Ausplündern von Firmen soll schwieriger werden. Die Wirksamkeit der Regulierungsmaßnahmen ist jedoch umstritten.

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Banken- und Quelle: dpa

Nach fast zweijährigem Ringen hat die EU neue Regeln für Hedgefonds und Beteiligungsgesellschaften (Private Equity) beschlossen. Mitgliedsstaaten und Europäisches Parlament müssen dem Kompromiss offiziell noch zustimmen. Doch das gilt als reine Formsache.

„Fondsmanager, die zusammen 2000 Milliarden Euro am Tag verwalten und an manchen Tagen die Hälfte des Handels an den Finanzmärkten bewegen, werden nun gezielt reguliert“, sagt der zuständige EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Die Einigung kommt politisch zum richtigen Zeitpunkt: Die Europäer können mit den neuen Regeln zum Gipfeltreffen der 20 wichtigsten Wirtschaftsnationen der Welt (G20) Mitte November nach Seoul fahren. Die G20 hatten sich als Reaktion auf die Finanzkrise darauf geeinigt, Hedgefonds und Private Equity, die bisher kaum reguliert waren, weltweit schärferen Regeln zu unterwerfen. Die EU hat nun ihre Hausaufgaben gemacht.

Ab 2013 müssen alle europäischen Fondsbetreiber bei der nationalen Börsenaufsicht einen EU-Pass beantragen. Dafür müssen sie ihre Anlagestrategien und ihre Bewertungsmethoden offenlegen. Und zwar nicht nur den Behörden, sondern auch den Anlegern und ihren Beschäftigten. Fondsmanager müssen ein Mindestkapital nachweisen und sicherstellen, dass das Fondsvermögen ordnungsgemäß in Depotbanken verwahrt wird.

Keine kurzfristige Gewinnmaximierung mehr

Der Umgang mit  Fondsmanagern aus Drittländern war in der EU lange umstritten. Nun wurde festgelegt, dass sie ab 2015 den EU-Pass beantragen können. Voraussetzung ist allerdings, dass ihre Heimatländer mit EU-Behörden kooperieren und internationale Steuer- und Geldwäscheabkommen achten. Für die Fondsmanager aus Drittstaaten gilt eine Übergangsregelung. Bis 2018 bekommen sie den Pass nur bei den nationalen Aufsichtsbehörden, wo sie auch eine Zulassung für ein einzelnes Land erhalten können. Ab 2018 wird nur noch die europäische Börsenaufsicht den europäischen Pass verteilen, nationale Zulassungen sind dann nicht mehr möglich.

In den politischen Verhandlungen hatte das Europäische Parlament strengere Regeln gefordert, konnte sich damit aber nur zum Teil durchsetzen. Auf Drängen der Abgeordneten wurden Auflagen für Private Equity eingefügt, die das Ausplündern übernommener Unternehmen verhindern soll. In den ersten beiden Jahren nach einer Übernahme darf der private Investor nur eingeschränkt Gewinne ausschütten. "Arbeitsplatzvernichtung und Zerschlagung gewachsener mittelständischer Betriebe zur kurzfristigen Gewinnmaximierung sind nicht mehr möglich“, sagt der Vorsitzende des Rechtsausschusses Klaus-Heiner Lehne (CDU). Gleichzeitig bleibt Private Equity als Geschäftsmodell möglich. "Private Equity Beteiligungen sind unverzichtbar für die Mittelstandsfinanzierung“, betonte Lehne, "Von den Banken ist in der benötigten Menge ja kein Geld zu bekommen.“ Deswegen solle Wildwuchs verhindert werden, statt Beteiligungsgesellschaften aus Europa zu verbannen. Manchen Abgeordneten gehen die Regeln nicht weit genug. "Der europäische Schutz vor räuberischen Managementpraktiken bleibt völlig ungenügend“, kritisiert der grüne Abgeordnete Sven Giegold, der auch den Mangel an Informationsrechten für Arbeitnehmen beklagt.

Zuwenig Schutz vor Systemrisiken

Giegold hält den erzielten Kompromiss insgesamt für "inakzeptabel“, weil er nicht verhindert,  dass auch in Zukunft Systemrisiken von Hedgefonds ausgehen. Er stört sich daran, dass die Regeln nur Fondsmanager betreffen, wenn sie ihre Fonds aktiv vermarkten. Dadurch sei die passive Vermarktung von Steueroasen-Fonds in der EU auch weiterhin möglich. "Damit verletzt der Richtlinienvorschlag das vielfach von den G20 wiederholte Prinzip, dass kein Akteur ohne Regulierung bleiben sollte“, kritisiert Giegold. "Das ist ein schwerer Sündenfall nach der Finanzkrise.“

Großbritannien hatte sich lange gegen den Gesetzentwurf gesperrt, so dass viele Beobachter es für positiv halten, dass es am Ende überhaupt noch einen Kompromiss gegeben hat. Die Fondsmanager in London verwalten vier Fünftel aller alternativen Anlagen in der EU. Die neuen Regeln gelten auch für die Verwalter deutscher Immobilien- und Spezialfonds. Die Finanzindustrie hatte sich ebenfalls vehement gegen eine Regulierung gewandt. Die Entscheider in Brüssel standen jedoch wegen der Vorgabe der G20 unter Handlungsdruck.

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