Vorschlag zur EU-Finanzaufsicht EZB soll Europas Banken kontrollieren

Die von der EU eingesetzte Expertenkommission empfiehlt ein europaweites Netzwerk nationaler Aufsichtsbehörden. Die übergeordnete Finanzaufsicht soll bei der Europäischen Zentralbank (EZB) liegen.

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Jose Manuel Barroso, Quelle: REUTERS

Vor dem Hintergrund der Finanzkrise hat sich eine EU-Expertengruppe für eine gestärkte europäische Branchenaufsicht ausgesprochen. Bereits bestehende EU-Ausschüsse für Banken, Versicherungen und Finanzmärkte müssten unabhängig werden und begrenzte Machtbefugnisse erhalten, forderte der Vorsitzende der Gruppe, der französische Finanzfachmann Jacques de Larosière, heute in Brüssel. „Es geht nicht darum, eine einzige Aufsichtsbehörde zu schaffen“, sagte der frühere Generaldirektor des Internationalen Währungsfonds (IWF) und reagierte damit auf Medienberichte, die diese Möglichkeit ins Spiel brachten. Die Finanzbranche in Europa wird bisher überwiegend national kontrolliert. Länder wie Großbritannien und Irland hatten sich bisher im EU-Finanzministerrat gegen eine europäische Finanzaufsicht gesträubt.

Nach Ansicht der Expertengruppe sollen zwei neue europaweite Gremien die Finanzaufsicht in Europa verbessern. „Dieses europäische System der Finanzaufsicht (ESFS) sollte ein dezentrales Netzwerk sein“, heißt es in dem Bericht. Die bisherige Zusammenarbeit der nationalen Aufseher sei nicht ausreichend, um die Stabilität des Finanzsystems zu gewährleisten, heißt es in dem Entwurf.

Als zweites Gremium schlagen die Experten einen „europäischen Rat für systemische Risiken“ (ESRC) vor. Diesem sollen Vertreter aller Zentralbanken in der EU sowie der Banken-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsbehörden angehören. Die Larosière-Gruppe schlägt der Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) für den Vorsitz vor. Im ESRC würden alle Informationen zusammenlaufen, um die Stabilität des Finanzsystems zu überwachen.

Nationale Aufsicht soll erste Anlaufstelle bleiben

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso hatte die Arbeitsgruppe um den ehemaligen IWF-Chef de Larosière im Oktober eingesetzt. Sie sollte eine Reform der grenzüberschreitenden Bankenaufsicht in Europa entwerfen, weil die Finanzkrise Schwächen der bisher national fragmentierten Aufsicht bei der Überwachung der großen europaweit tätigen Banken zutage förderte. Zum Beispiel beherrschen nur 45 Banken rund 70 Prozent des Vermögensbestandes in Europa, etwa die französische BNP Paribas oder die Deutsche Bank. Die Großbanken fordern schon lange eine europäische Aufsicht, weil sie damit die Kosten etwa bei den Berichtspflichten senken könnten.

Das ESFS soll nach dem Vorschlag der Experten ein politisch unabhängiges Organ sein, das bestimmte Aufgaben in der grenzüberschreitenden Aufsicht hätte. Der Aufseher des Heimatlandes einer Bank werde weiterhin erster Ansprechpartner sein. Das europäische Gremium würde die Umsetzung einheitlicher europäischer Aufsichtsstandards koordinieren und dafür sorgen, dass die Interessen der Aufsicht des Landes, in dem eine Großbank Tochterunternehmen betreibt, gewahrt werden. Die nationalen Behörden wären weiter für die praktische Aufsicht vor Ort zuständig, heißt es in dem Bericht weiter.

EZB will mehr Kompetenzen

Viele Mitgliedsstaaten sträuben sich dagegen, Kompetenzen in der Aufsicht abzugeben. Schließlich müssen sie bei einer drohenden Bankenpleite mit dem Geld ihrer Steuerzahler einspringen. Die EU-Kommission verspricht sich von dem Bericht, die Blockade der EU-Länder überwinden zu können. Die EU-Staats- und Regierungschefs werden die Empfehlungen beim nächsten regulären Gipfel am 19. und 20. März diskutieren.

Bisher wird die Arbeit der nationalen Aufseher in drei Fachausschüssen für Banken-, Versicherungs- und Börsenaufsicht koordiniert. Neue Gremien wie sie die Expertengruppe jetzt vorschlägt könnten die Vorstufe einer europäischen Aufsichtsbehörde sein, für die der EU-Vertrag geändert werden müsste, sagte Eddy Wymeersch. Der Vorsitzende des Fachausschusses für Börsenaufsicht erinnerte daran, dass die EZB ebenfalls aus einer Vorläufereinrichtung, dem Europäischen Währungsinstitut, entstanden war. Die EZB hat bereits stärkere Kompetenzen in der Finanzaufsicht gefordert. Bisher kann die Zentralbank nicht viel mehr tun, als regelmäßig Berichte über die Stabilität des Finanzsystem abzuliefern. Ihre frühzeitigen Warnungen vor wachsenden Risiken an den Kreditmärkten fanden wenig Beachtung.

Im EU-Vertrag ist festgelegt, dass die EU-Länder mit einstimmigem Beschluss der EZB Aufgaben bei der Bankenaufsicht übertragen können.

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