Finanzkrise Das Gift des Misstrauens erreicht die Banken

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Für Kreditausfallversicherungen werden rekordverdächtige Summen fällig

Wie kritisch die Lage ist, zeigen auch die Kreditausfallversicherungen, im Branchenjargon Credit Default Swaps (CDS) genannt. Mit CDS sichern sich Investoren gegen eine Bankpleite ab. Derzeit müssen sie für eine solche Versicherung rekordverdächtige Summen zahlen. Die Absicherung eines zehn Millionen Euro großen Portfolios aus europäischen Bankanleihen über fünf Jahre kostet derzeit 237.000 Euro jährlich. Selbst drei Tage nach der Lehman-Pleite kostete die Absicherung nur 144.000 Euro.

Andrew Haldane von der britischen Notenbank spricht bereits offen vom "Angst-Faktor" an den Märkten. Sichtbares Zeichen für die Skepsis der Investoren gegenüber der Finanzbranche: Das IT-Unternehmen Apple ist jetzt mit 340 Milliarden Dollar so viel wert wie die 32 größten europäischen Banken zusammen.

Fazit: Die Zahlungsunfähigkeit einer der Problembanken ist angesichts der Wachsamkeit der Staaten und der EZB nicht wahrscheinlich. Aber sie ist auch nicht mehr auszuschließen.

In welchem Maße sich die Banken untereinander misstrauen, zeigt auch die Tatsache, dass sie über Nacht überschüssige Liquidität bei der EZB parken, anstatt sie anderen Banken gegen Zinsen zu leihen. Allein auf Montag lagerten die Banken 107,2 Milliarden Euro bei der EZB ein. Das ist ein sprunghafter Anstieg: Zwischen vergangenem Donnerstag und Freitag waren es nach Aussage von Chefvolkswirt Jürgen Stark noch 90,5 Milliarden Euro, zwischen Mittwoch und Donnerstag 82,2 Milliarden Euro. Die Lage sei noch nicht vergleichbar mit der Situation im Herbst 2008. Damals lagen zeitweise 200 Milliarden Euro im EZB-Depot. Doch für die Branche ist das ein alarmierendes Signal.

Nach Auffassung von Thomas Stögner, Bankanalyst von Macquarie Securities, achten die Investoren bei den Banken derzeit vor allem auf die "kurzfristige Finanzierung". Und das mit gutem Grund: Banken finanzieren einen Großteil ihrer Aktivitäten auf Pump. Die Analysten der Royal Bank of Scotland haben ausgerechnet, dass Banken ihr Geschäft im Durchschnitt zu 40 Prozent mit kurzfristigen Krediten vom Geldmarkt finanzieren. Nur vier Prozent des Geschäfts finanzieren sie mit Eigenkapital. Deshalb sind Engpässe am Geldmarkt, an dem sich Banken von anderen Banken oder von Geldmarktfonds Mittel leihen können, so gefährlich.

Auch am Finanzplatz London wächst die Furcht, dass die Refinanzierungsprobleme der europäischen Banken zum Auslöser der nächsten Bankenkrise werden könnten. "Die Kreditkonditionen verschlechtern sich zusehends, die Situation im Bankensystem ist auf jeden Fall angespannt, wenn nicht schlimmer", warnen die Experten des britischen Brokers Shore Capital.

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