Finanzkrise Warum die Börse nicht für alle Zeiten tot sein wird

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Anleger sollten vor allem stark verschuldete Firmen meiden

Grafik: Absturz trotz günstiger Bewertung (zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken)

Vor allem Unternehmen, die ein kapitalintensives Geschäft betreiben und auf Fremdkapital angewiesen sind, leiden unter der Krise.

Zuletzt brachen etwa die Aktien des recht hoch verschuldeten Düsseldorfer Handelskonzerns Metro ein. Auch der Autoverleiher Sixt verlor massiv, obwohl das Unternehmen allenfalls auf den zweiten Blick – über sein starkes Leasinggeschäft – etwas mit der Finanzbranche gemein hat.

Anleger sollten vor allem stark verschuldete Firmen meiden, meint Jörss von Sal. Oppenheim. Wenn die Banken die Kreditzügel weiter anziehen, kommen Unternehmen mit Schulden doppelt unter Druck: Über die demnächst einbrechende Konjunktur und steigende Finanzierungskosten. Im Dax zählen Bayer, Continental, Linde und Telekom zu den Schuldenmeistern. Auch wenn deren Finanzierungen langfristig gesichert sind, leiden sie doch stark unter dem Anleger-Misstrauen.

Um den richtigen Zeitpunkt für einen Wiedereinstieg an der Börse zu identifizieren, beobachten auch Aktienanalysten wie Jörss derzeit vor allem die Kreditmärkte.

Denn die Banken verschärfen ihre Kreditkonditionen, zugleich müssen die Unternehmen im Vergleich zum Staat immer höhere Zins-Aufschläge für ihre Anleihen bieten. „So lange auf den Kreditmärkten keine nachhaltige Entspannung eintritt, dürfte auch die Börse noch keinen Boden finden.

Denn die Kreditverknappung ist der Kern des Problems, sie ist die eigentliche Gefahr" sagt der Anlagestratege. Zurzeit ist hier von Entspannung noch keine Spur. Das demonstrieren etwa die hohen Prämien, die für die Absicherung von Bankschulden fällig werden.

„Historisch gab es meines Wissens seit 1860 in den USA noch nie eine Erholung am Aktienmarkt während die Banken ihre Kreditvergabe noch einschränkten“, sagt Eberhard Weinberger, Vorstand bei Deutschlands größtem Vermögensverwalter DJE in Pullach.

Weinberger würde deshalb „derzeit Erholungsphasen an den Börsen eher zu weiteren Verkäufen nutzen. Der letzte Ausverkauf hat trotz des Schwarzen Montags am 29. September noch nicht stattgefunden“, meint der Anlagestratege. „Es wäre sehr naiv zu glauben, dass die Banken Unternehmen und Bürgern bald wieder mit beiden Händen Geld hinterherwerfen, nur weil sie einen Teil ihrer faulen Kredite beim Staat abladen dürfen.“

Im Durchschnitt rechnen Analysten für 2009 noch mit 14 Prozent steigenden Unternehmenserträgen

Blackrock-Experte Doll warnt deshalb vor allem vor überzogenen Gewinnschätzungen bei konjunkturabhängigen Industrieunternehmen, bei Konsumaktien und auch bei den Finanzwerten. „Bei Banken sind die Analysten anscheinend besonders stark abgelenkt und mit sich selbst beschäftigt“, ätzt Doll, "sie hoffen auf eine viel zu schnelle Erholung schon 2009.“

Im Durchschnitt rechnen Analysten für 2009 noch mit 14 Prozent steigenden Unternehmenserträgen. „Diese Schätzungen sind natürlich viel zu hoch“, sagt Klaus Schlote, Geschäftsführer von Solventis Research in Frankfurt. „Vergangene Rezessionen gingen im Schnitt mit um rund 40 Prozent sinkenden Unternehmensgewinnen einher, ich sehe keinen Grund, weshalb wir diesmal glimpflicher davonkommen sollten als zum Beispiel 1991 oder 1987.“

Doch selbst wenn die Gewinne von ihrem Hoch 2007 so deutlich absacken sollten, müssen die Kurse einzelner Aktie nicht zwangsläufig weiter fallen.

Der Rohstoffkonzern BHP Billiton, die norwegische Stat-oil, Telekomanbieter Vodafone, Handy-Riese Nokia oder auch die Versicherer Axa und Allianz wären selbst bei deutlich zweistelligen Gewinneinbrüchen nicht teuer: Sie haben allein in diesem Jahr 20 bis 50 Prozent an Wert verloren und damit herbe Geschäftseinbrüche schon vorweggenommen.

Zwar schützt eine vermeintlich niedrige Bewertung nicht generell vor weiteren Verlusten. Die Historie des US-Index S&P 500 zeigt das nur allzu deutlich. Doch kommt eine niedrige Bewertung gleichzeitig mit einer soliden Bilanz daher, kann nicht mehr viel anbrennen. Niedrig bewertet und eine krisenfeste Bilanz – dazu zählen zum Beispiel E.On, RWE, Thyssen, Lufthansa, Statoil und Nokia. Bankaktien dagegen bergen noch hohe Risiken – auch Zeitbomben in den Bilanzen, die erst zum Jahresende oder später hochgehen könnten.

Zwar griff Investmentlegende Warren Buffett jetzt sogar bei Banken zu und steckte fünf Milliarden Dollar in Goldman Sachs. Wer es ihm nachtun will, sollte aber nicht übersehen, dass Buffett von Goldman zehn Prozent Garantiedividende aushandelte – für sich, nicht für alle Anleger.

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