Gestürzt und abgetaucht Florian Homm hinterlässt Spur der Verwüstung

Florian Homm. der Fondsmanager und Ex-Aktionär von Borussia Dortmund, bleibt verschwunden. Langsam wird erkennbar, welche Verwüstungen er hinterlassen hat.

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Florian Homm Quelle: Nele Bendgens für WirtschaftsWoche

Was für eine Räuberpistole: Die Hells Angels sollen hinter Florian Homm her sein. Das sagt kein Spinner, sondern ein ernst zu nehmender Investmentbanker. Details hat er nicht, kein Wunder: Zurzeit weiß niemand, wo der im vergangenen September untergetauchte Hedgefonds-Manager steckt. Homms alte Handynummer ist tot. Kontakt zu ihm haben angeblich noch seine Ex-Assistentin und der Anwalt Adam Kravitz, Ex-Finanzvorstand der einst von Homm dominierten Flirtbörse Matchnet.

Homms Vertraute mailte der WirtschaftsWoche im November, sie werde versuchen, Kontakt herzustellen. Danach: Funkstille. Kravitz schrieb, „Florian sei enttäuscht darüber, wie er in den Medien nach seinem Abgang porträtiert“ worden sei. Nach der Maxime „einmal gebissen, doppelt scheu“ werde er nur schriftliche Fragen beantworten. 40 Fragen der WirtschaftsWoche leitet Kravitz an Homm weiter. Doch der antwortet nicht.

Auch ohne marodierende Rocker im Nacken hätte Homm gute Gründe, erst mal abgetaucht zu bleiben. Investoren und Geschäftspartner wollen ihm wegen diverser dubioser Deals in den USA an den Kragen, ergab eine Recherche des WirtschaftsWoche-Kooperationspartners „Barrons“ (siehe Seite 134). Der Hedgefonds-Manager, eine der wenigen glamourösen Figuren der deutschen Finanzszene, hat einmal mehr verbrannte Erde hinter sich gelassen. Seine ehemalige Holding Absolute Capital Management ist nach 95 Prozent Kursverlust zum Penny-Stock degradiert, seine Fonds sind Trümmerhaufen, die seine Nachfolger mühsam zu stabilisieren versuchen. Viele seiner deutschen Beteiligungen haben sie verkauft.

Dass Investoren bei Absolute Capital überhaupt noch Geld deponiert haben, liegt daran, dass Homms Kunden Sperrklauseln unterzeichnet haben. Erst im November können sie Anteile zurückgeben.

Von Mallorca aus hatte Homm fünf Jahre lang sein Hedgefonds-Imperium dirigiert, dessen verwaltetes Vermögen in der Spitze auf über 1,5 Milliarden Euro anschwoll. Was heute noch an Werten in den Fonds liegt, kann selbst Absolute-Capital-Chef Jonathan Treacher nur schätzen. 700 Millionen Euro dürften es in etwa sein. 170 Millionen Euro davon liegen in Neben-Portfolios, die erst mal komplett eingefroren wurden, weil sie von Homm mit unverkäuflichen US-Miniaktien vollgestopft wurden.

Auf den ersten Blick wirkt Florian Homm beeindruckend perfekt

Auf den ersten Blick wirkt Homm beeindruckend perfekt: Harvard-Abschluss, Basketball-Juniorennationalspieler, Portfolio-Manager bei Investmentlegende Peter Lynch. Er habe „Kontakte zu 2600 Personen in allen wichtigen Branchen“, warb er einst. Die Liste reichte von der italienischen Nudel-Dynastie Barilla, für die er Geld verwaltete, bis zu Lars Windhorst, dem einst von Helmut Kohl protegierten Unternehmer-Wunderknaben.

Zum Promi wurde Homm, nachdem er dem Bonner Verleger Norman Rentrop dessen Beteiligung an Borussia Dortmund abkaufte. Der BVB brachte ihm zwar nur Verluste, dafür aber ungeheure Publicity.

Den jährlich ausgewiesenen Zahlen nach war Homm für seine Investoren immens erfolgreich. Jahr für Jahr legte er zweistellige Gewinne vor.

So lange das lief, störte es die Investoren auch nicht, dass Homm seine Erfolge mit zweifelhaften Methoden erzielte. So schrieb seine Analysefirma United Zurich Finance 2003 Aktien des Finanzvertriebs MLP, des Immobilienkonzerns WCM und des Autovermieters Sixt herunter, während seine Fonds an deren abstürzenden Kursen verdienten. Im Jahrtausend-Crash funktionierte das prächtig – bis er überreizte und die Aufsicht BaFin ihm 50 000 Euro Bußgeld aufbrummte, wegen Kursmanipulation.

Lukrativ waren auch seine Spielchen mit US-Aktien. Offiziell durften seine auf Europa ausgerichteten Fonds in diese zwar nicht investieren. Doch für Homm war die Chance zu verlockend: Die Kurse vieler kleiner Unternehmen, die nicht an regulierten Börsen, sondern an der Wildwest-Börse Bulletin Board gehandelt wurden, konnte er allein bestimmen. Mit wenig Geld lassen sich, wenn Aktien kaum gehandelt werden, Kurse hochtreiben – und beeindruckende Wertsteigerungen erzielen.

Im Sommer 2007 kursierten erste Gerüchte, dass Homm Probleme habe. Festgemacht wurde das an der Entwicklung der Aktien, in die er investiert hatte. Kurse kleiner Aktien stürzten in der Finanzkrise ungebremst. Homms Papiere kletterten gegen Ende eines Monats und fielen dann wieder – der Verdacht, dass hier jemand seinen Anlegern zum Monatsende eine schöne Wertentwicklung zeigen wollte, lag nahe.

In der Nacht zum 18. September 2007 platzte die Bombe: Homm schmiss hin. „Besorgt“ sei er über das Abschneiden seiner Fonds, ließ er Investoren wissen; er werde Absolute Capital verlassen, wegen eines Streits mit dem Aufsichtsrat.

Warum er wirklich hinwarf, ist unklar. Möglicherweise hat ihn ein Raubüberfall in Caracas aus der Bahn geworfen, bei dem er – angeblich von Straßenräubern – nah am Herzen verletzt wurde. Auch die Scheidung von seiner Frau, der Schwester seines Ex-Partners Kevin Devine, soll eine Rolle gespielt haben. Danach soll er sie mit Aktien von Absolute Capital ausgezahlt und dann – aus Rache – deren Absturz provoziert haben. Vor allem wollte er wohl gehen, bevor sein vielfach nur von Scheingewinnen gestütztes Kurs-Kartenhaus zusammenbrechen würde.

Bereits 2001, bei seiner ersten Firma Value Management & Research, deren Börsenwert er in den wilden Zeiten des Neuen Markts auf über 450 Millionen Euro brachte, hatte Homm sich auf eine ähnliche Tour davongemacht. Damals musste eine schwere Krankheit als Begründung herhalten.

Sein Lieblingsbuch sei „Der Spieler“, sagte er der WirtschaftsWoche neun Monate vor seinem Abtauchen. Verschlungen habe er Dostojewskijs Roman über die selbstzerstörerische Spielsucht des Aleksej Iwanowitsch. Das Buch sei aktuell: „Menschen machen seit Jahrhunderten die gleichen Fehler.“ Viel daraus gelernt hat er nicht. Hedgefonds-Manager Homm An der Wildwest-Börse „Bulletin Board“ die Aktienkurse vieler kleiner Unternehmen nahezu allein bestimmt

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