Spanien Furcht vor Crash auf Spaniens Immobilienmarkt

Anhaltende Rechtsunsicherheit und die Furcht vor einem Immobilienmarkt-Crash vertreiben Ferienhaus-Besitzer aus Spanien. Allenfalls Mallorca bleibt verschont.

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Ferienhaus in Spanien Quelle: Finetti - Fotolia.com

Alles schien in Ordnung: Die Parzelle in dem kleinen Ferienort Moraira an der Costa Blanca war als Bauland ausgeschrieben. Investor Bernd Hoffmann kaufte das 60 000-Quadratmeter- Grundstück für einen zweistelligen Millionenbetrag. Doch dann änderte die Gemeinde kurzerhand den vorläufigen Bauplan, das am Meer gelegene Stück Land wurde zur Grünfläche erklärt: „Jetzt soll ich mit einem kleineren Grundstück 15 km von der Küste entfernt kompensiert werden. Dessen Wert beträgt aber nur 15 Prozent meiner Investition. Die haben im Rathaus gemauschelt“, sagt Hoffmann. Unsicherheit schafft vor allem das Küstengesetz von 1988, wonach in bis zu 100 Meter Entfernung vom Meer nicht gebaut werden darf. Die Küstenlinie wird vielerorts gerade erst festgelegt, schon vor 20 Jahren gebaute Häuser sind plötzlich illegal. Die Lehre daraus: Wer in Spanien kaufen will, sollte das erst tun, wenn der Bebauungsplan durch alle Instanzen gegangen ist.

Die Einstiegspreise in Spanien scheinen nach zwei Jahren Finanzkrise verlockend: Bei Minuswachstum und über 17 Prozent Arbeitslosigkeit können sich viele Spanier keinen Urlaub mehr an der Küste leisten und wollen ihr Haus verkaufen. Banken wie Santander, Banco Popular und BBVA geben Objekte bis zu 30 Prozent unter Marktpreis ab. Makler CB Richard Ellis, der viele britische Ferienwohnungen aus Valencia, Murcia und Andalusien im Angebot hat, versteigert Objekte schon ab 60 000 Euro übers Internet. Neubauten an den Küsten werden erst gar nicht bezogen, weil es keine Nachfrage mehr gibt. „Rund eine Million Immobilien stehen derzeit in Spanien leer, was die Preise massiv nach unten drückt”, sagt José Luis Súarez, Immobilien-Experte der Businessschule Iese. Die Preise für neue Häuser sind im Jahresvergleich um bis zu 30 Prozent gesunken: „Und wir rechnen mit weiteren Preisrückgängen”, sagt Súarez.

Mietern spielt der spanische Markt in die Hände

Mietern spielt der Markt in die Hände. Die vierköpfige deutsche Familie Kaufmann etwa, die in Sant Cugat bei Barcelona in Strandnähe wohnt, konnte die Miete von 1700 auf 1400 Euro drücken. „Jetzt bezahlen wir im Vergleich zu Deutschland immer noch zu viel, aber wir fühlen uns nicht mehr komplett übers Ohr gehauen”, sagt Herbert Kaufmann. Hoch sind auch die Nebenkosten: Sein Reihenhaus mit Minigarten hat, wie viele Küsten-Immobilien, keine Heizung, sondern nur eine Klimaanlage, die im Winter warme Luft über Strom produziert – ein teures Vergnügen. „Wären wir nicht beruflich gebunden, wären wir schon längst weg”, sagt Judith Kaufmann.

Kaum Käufer, viel Unsicherheit

Tabelle: Immobilienpreise in Spanien

Wie die Kaufmanns klagen viele deutsche Dauer- oder Teilzeitresidenten über hohe Preise, schlechte Bauqualität und die unsichere Rechtslage. „Am schlimmsten sieht es derzeit in Valencia, Murcia und Andalusien aus”, sagt José Ortega, Anwalt für Bau-Opfer in Spanien. Doch viele Ferienhausbesitzer können ihre Koffer noch nicht packen: Kaum jemand kauft – und der Markt hat inzwischen einen so schlechten Ruf, dass sich gerade Ausländer, abgesehen von Russen, fernhalten. In der Provinz Granada in Andalusien etwa gingen die Immobilienkäufe ausländischer Touristen im vergangenen Jahr um knapp 74 Prozent zurück. „Vor allem die Briten haben jetzt die Nase voll, und auch unter den Deutschen sind fast nur noch Verkäufer”, weiß Ortega. Spanien verliert wegen seiner hohen Preise auch insgesamt an Attraktivität. Bis April kamen 18 Prozent weniger Briten und zehn Prozent weniger Deutsche nach Spanien als im Vorjahreszeitraum.

Mallorca bleibt verschont

Nur auf Mallorca ist noch keine massive Fluchtstimmung aufgekommen. Bis April verlor der Urlaubermarkt nur fünf Prozent, das Überangebot an Ferienimmobilien beschränkt sich auf wenige Zonen. „Auf Mallorca wurde die Küstenlinie schon vor vielen Jahren festlegt, anders als auf dem Festland sind keine Abrisse von Privathäusern geplant. Die Nachfrage ist nur im mittleren Segment um 300.000 Euro eingebrochen, der Luxusbereich hält sich”, sagt der dort lebende Rechtsanwalt Tim Wirth. Lediglich in den Reihenhaussiedlungen im Osten der Insel werden viele Neubau-Objekte versteigert oder zu Billigstpreisen abgegeben.

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