Garantiezertifikate Vollkaskoschutz mit Löchern

In turbulenten Börsenphasen ist eine Kapitalgarantie viel Wert. Garantiezertifikate haben daher in den vergangenen Monaten ihren Marktanteil am Derivatemarkt kräftig ausgebaut. Die Produkte haben allerdings einige Haken: Der Vollkaskoschutz geht stets zu Lasten der Rendite. Außerdem ist die Garantie im Falle einer Insolvenz des Emittenten wertlos.

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Garantierte Gewinne gibt es an der Börse nicht. Produkte mit Kapitalgarantie bieten zumindest einen Schutz vor Verlusten. Quelle: Imago

DÜSSELDORF. Garantiezertifikate sind seit Jahren die wichtigste Produktgruppe am deutschen Zertifikatemarkt. Gleichzeitig ist dieses Segment aber auch das komplexeste und für Anleger nur schwer zu überblicken. Denn bei Garantiepapieren lassen viele Emittenten ihrer Kreativität freien Lauf. So kommt es, dass kaum ein Zertifikat dem anderen gleicht.

Als Gemeinsamkeit haben alle Garantiezertifikate lediglich die Zusage, dass Anleger am Ende der in der Regel mehrjährigen Laufzeit ihr eingesetztes Kapital zurückerhalten. Daneben verspricht jedes Zertifikat eine mehr oder weniger attraktive Rendite. Diese hängt allerdings meist an Bedingungen, die sich in der Realität mitunter als unerfüllbar herausgestellt haben.

Das gilt vor dem Hintergrund der Finanzkrise ganz besonders. Bei den meisten Garantiezertifikaten ist angesichts der massiven Verluste an den Börsen an eine Zusatzrendite nicht mehr zu denken. Zudem haben auch die meisten Garantiezertifikate Kursverluste hinnehmen müssen. Verglichen mit den meisten anderen Zertifikatetypen sind Anleger aber noch gut weggekommen. Zum einen fiel das Minus meist moderat aus. Darüber hinaus gilt bei den Papieren nach wie vor das Versprechen, dass Anleger ihr eingesetztes Kapital zurückerhalten, wenn sie diese bis zum Ende der Laufzeit halten.

Allerdings hat die Finanzkrise auch gezeigt, dass dieses Versprechen einen Haken hat. Der Fall Lehman Brothers hat offenbart, dass die Kapitalgarantie, die die Banken mit ihren Zertifikaten in Aussicht stellen, löchrig ist. Sie gilt nämlich nur dann, wenn der Emittent am Ende der Laufzeit zahlungsfähig ist. Da Zertifikate wie Anleihen Inhaberschuldverschreibungen sind, unterliegen die Papiere nicht der Einlagensicherung. Wird der Emittent insolvent, ist die Garantie nichts mehr Wert. Je nach Umfang der Insolvenzmasse droht Anlegern der komplette oder teilweise Verlust ihres Kapitaleinsatzes.

Für Anleger, die den Kauf von Garantiezertifikaten erwägen, wird vor diesem Hintergrund die Bonität eines Emittenten - ausgedrückt in Ratings oder Risikoprämien - zu einem entscheidenden Anlagekriterium. Das gilt umso stärker, da Anleger den Banken bei Garantiezertifikaten gleich für mehrere Jahre anvertrauen. Zwar ist ein Verkauf der Zertifikate an den Emittenten oder über die Börse theoretisch jederzeit möglich. Da die Kapitalgarantie nur am Ende der Laufzeit greift, drohen bei einem früheren Ausstieg allerdings Verluste.

Das gilt insbesondere für viele ältere Garantiezertifikate, die aufgrund ihrer Konstruktion kaum noch Chancen auf eine Rendite bieten. Diese Papiere der ersten Stunde, die von den Banken massenweise an den Schaltern verkauft wurden, zeichneten sich vor allem durch eines aus: hochkomplexe Strukturen. Manche Produkte waren so konstruiert, dass sie selbst Experten kaum verstanden. So gab es Zertifikate, die nur dann mehr als einen geringen Mindestkupon zahlten, wenn aus einem Korb von zwei Dutzend Aktien während der Laufzeit keine enttäuschte. Was schon in normalen Börsenphasen kaum erfolgreich sein konnte, wurde in den Turbulenzen der Finanzkrise schlicht unmöglich.

Inzwischen hat sich der Markt aber gewandelt. Das Angebot an Garantiezertifikaten ist in den letzten Jahren deutlich vielfältiger geworden. Viele Garantiezertifikate bieten inzwischen eine transparente Partizipation an der Kursentwicklung des Basiswertes, die nicht an zusätzliche Bedingungen geknüpft ist. Auch die Auswahl an Märkten, in die Anleger mit Kapitalschutz investieren können, hat enorm zugenommen. Das Spektrum an Basiswerten reicht von Standard-Aktienindizes wie dem Dax oder dem Euro Stoxx 50 über Schwellenländer- und Branchenbarometer bis hin zu Währungen und Rohstoffen.

Eines hat sich jedoch nicht geändert: Wer vor der Entscheidung zwischen einer riskanteren Investition, beispielsweise in Aktien oder Bonuszertifikate, und einer Anlage in Garantiezertifikate steht, sollte stets bedenken, dass es die Kapitalgarantie vom Emittenten nicht geschenkt gibt. Auf die eine oder andere Weise beschneiden die Banken bei jedem Garantieprodukt die Rendite, um so den Kapitalschutz finanzieren zu können. So stellen viele Garantiezertifikaten nicht auf die reine Kursentwicklung ab, sondern errechnen die Rendite per Durchschnittsbildung. Die Emittenten ziehen bei diesem so genannten "Asianing" die Kurse an mehreren Stichtagen heran und ermitteln daraus durchschnittliche Rendite. Unter dem Strich schneidet der Anleger dadurch in der Regel schlechter ab.

Andere Zertifikate sehen eine Maximalrendite oder eine begrenzte Partizipation an Kursgewinnen vor, wieder andere werden mit einem Preisaufschlag verkauft. Das Ergebnis ist stets, dass Anleger an möglichen Kursanstiegen nicht voll partizipieren.

Nicht nur vor diesem Hintergrund ist es entscheidend, dass Anleger die Strukturen, in die sie investieren, verstehen. Eine gezielte Information vor dem Kauf kann auch Missverständnissen vorbeugen, die durch die spezielle Konstruktion von Garantiezertifikaten während der Laufzeit entstehen können.

Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Kursentwicklung der Papiere: Garantiezertifikate setzen sich zusammen aus einer Nullkuponanleihe und einer Optionskomponente. Daher reagieren ihre Kurse während der Laufzeit auf Veränderungen der Volatilität und des Zinsniveaus. Je länger die Laufzeit eines Zertifikates ist, desto stärker ist beispielsweise der Einfluss von Zinsschwankungen auf den Kurs. Zinsanstiege können dazu führen, dass Garantiezertifikate gegenüber ihrem Ausgangswert verlieren.

Für Anleger, die bereit sind, zugunsten der Rendite ein kleines bisschen Risiko einzugehen, sind Garantiezertifikate, die zwar einen Großteil, nicht aber den gesamten Kapitaleinsatz sicher zurückzahlen, eine Alternative. Diese Papiere gibt es mittlerweile nicht mehr nur auf Indizes und Aktienkörbe. Die Banken haben das Garantiekonzept inzwischen zunehmend auch auf einzelne Aktien ausgedehnt. Auf Dax-Unternehmen, viele MDax-Titel sowie ausgewählte ausländische Werte gibt es inzwischen entsprechende Papiere, die sich unter dem Namen Safe- Zertifikate etabliert haben.

Neben dem Kapitalschutz bieten diese eine Teilhabe an steigenden Kursen der zugrunde liegenden Aktie. Dabei können Anleger selbst entscheiden, ob sie voll an steigenden Kursen partizipieren wollen oder nur bis zu einer fixen Obergrenze. Zudem können sie auch den Umfang der Absicherung selbst wählen. Neben Produkten mit hundertprozentiger Garantie gibt es Varianten, die nur eine Rückzahlung von 80 oder 90 Prozent des Einsatzes zusichern. Dabei gilt als Grundregel, dass der Preis der Zertifikate umso höher ausfällt, je höher der Anleger den Sicherheitslevel wählt.

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