Finanzkrise Gegen die Gier: Berlin und Paris wollen Banken zügeln

Er gibt den bösen Banken ein Gesicht: Andrew Hall, Ölhändler der US-Großbank Citigroup, fordert von seinem Arbeitgeber einen Bonus von fast 100 Millionen Dollar. Er reiht sich damit in die Liste jener Bank-Manager ein, die trotz der schlimmsten Finanzkrise seit Jahrzehnten auf riesige Provisionen und Abfindungen pochen.

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Ernste Gesichter: Quelle: dpa

Diese neuen Gehaltsexzesse haben Frankreichs Präsidenten Nicolas Sarkozy und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf den Plan gerufen. Sie wollen das Comeback der Gier an den Finanzmärkten verhindern und schärfere internationale Regeln durchsetzen. Ob der deutsch-französische Vorstoß etwas bringt, wird sich spätestens beim G20-Gipfel Ende September in Pittsburgh zeigen.

Erst im April hatten die führenden Wirtschaftsmächte (G20) - damals wegen des Lehman-Zusammenbruchs noch unter Schock - vollmundig ernste Konsequenzen angekündigt. Von verhängnisvollen gebündelten Kreditpaketen, über riskante Optionsgeschäfte bis zu ominösen Aktien- Leergeschäften - kein Banken-Produkt und kein Milliarden-Jongleur soll künftig ohne eine angemessene Aufsicht und Regulierung bleiben, verkündeten die Staats- und Regierungschefs fest entschlossen. Inzwischen ist es ruhiger geworden. Kaum fallen Konjunktur- Prognosen und Banken-Quartalsberichte weniger düster aus, scheint die Party munter weiterzugehen.

Nur mühsam Kompromiss erzielt

Mit Staats-Milliarden aufgepäppelte Banken machten bei den Boni fast so weiter wie bisher, ärgerte sich jüngst Merkel. Für Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) haben Manager, die wieder Millionenzuschläge kassieren, „den Knall nicht gehört“. Der große Knall der mächtigen G20-Runde blieb aber ebenso aus. Substanzielle Änderungen sind noch nicht unter Dach und Fach. Im wahlkämpfenden Berlin wird registriert, dass das Zeitfenster für neue Spielregeln an den globalen Märkten zunehmend kleiner wird. Denn sobald es um Maßnahmen geht, die die billionenschwere Finanzbranche wirklich schmerzen würden, baut sich Widerstand auf.

Schon Anfang Juli zweifelte Steinbrück, ob der Wille zum Umsteuern und Umdenken von allen ernstgenommen werde. „Die haben im Kopf eine bloße Restauration, möglichst die Wiederherstellung der alten Zustände“, wetterte der Minister von Berlin aus in Richtung Finanzplatz London und britische Regierung. Aber nicht nur Londoner City und Downing Street scheinen auf die Bremse zu treten. Schon beim April-Treffen der G20 in London hielten sich auch wichtige Länder wie China vornehm zurück, als es um ein Austrocknen der weltweiten Steueroasen ging. Nur mühsam wurde ein Kompromiss erzielt.

Obama meint es ernst mit Reformen

Immerhin bricht der anglo-amerikanische Block gegen die Kontinentaleuropäer bei der Finanzmarkt-Regulierung auf: US-Präsident Barack Obama meint es ernst mit Reformen. Merkel und Sarkozy müssen nun auf die Tube drücken, wenn bis Pittsburgh eine starke europäische Position auf dem Tisch liegen soll. Nach dem Kurz-Trip von Sarkozy nach Berlin folgen mehrere Verhandlungsrunden auf Fach- und Spitzenebene.

Am Mittwoch kommen die 27 EU-Finanzminister zusammen, am Freitag und Samstag die Ressort- und Notenbankchefs der G20 in London. Die G20-Chefunterhändler („Sherpas“) sollen dann Mitte September Nägel mit Köpfen machen. Citigroup-Star Andrew Hall dürfte den Ausgang des Gipfels gelassen sehen. Der Kunstliebhaber und Schlossbesitzer hatte schon 2008 über 100 Millionen Dollar von seinem Arbeitgeber kassiert.

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