Aktien, Tagesgeld, Fonds Deutschland vor der Zwei-Billionen-Euro-Frage

Ausgeben, unter das Kopfkissen legen – oder etwa doch zur Bank bringen? Fast zwei Billionen Euro haben die Deutschen auf der hohen Kante, wissen aber nicht wohin mit dem Geld. Was das Jahr 2015 für Sparer bringen wird.

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Geld unter dem Kopfkissen: Wegen der Zinsflaute wissen viele Sparer nicht wohin mit ihren Euros. Quelle: dpa

Deutsche Sparer stehen vor einer schwierigen Frage, die im neuen Jahr noch schwieriger werden wird: Wo können die 1,95 Billionen Euro, über die sie in Barmitteln und Einlagen verfügen, nur geparkt werden? Die Zinsen sind auf einem Rekordtief und die Aussicht auf weitere Konjunkturmaßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) belastet die Renditen von Bankguthaben und risikoarmen Investments nur noch weiter.

Der Rentner Alois Weber hat sich dazu entschlossen, sein Erspartes einfach ruhen zu lassen. „Lieber auf Nummer sicher gehen”, sagt der 69-Jährige aus Schwäbisch Gmünd. „Wir haben unser Geld in Sparbriefen geparkt. Welche Zinsen wir dafür bekommen weiß ich nicht genau, aber so gut wie gar keine.”

Die deutschen Sparer, auf die 17 Prozent der 11,1 Billionen Euro an Einlagen von Nichtbanken in der Eurozone entfallen, sind bereits mit am schwersten von den Niedrigzinsen der EZB betroffen. Und die Aussichten auf steigende Einlagenzinsen sind schlecht, da EZB-Chef Mario Draghi weitere radikale Schritte – wie den Kauf von Staatsanleihen – prüft, um das Wachstum in der Region anzukurbeln.

Nachdem die Notenbank im vergangenen Jahr Einlagenzinsen für Guthaben von Finanzdienstleistern eingeführt hat, prüft sie nun den Kauf von Staatsanleihen. Sie hofft darauf, dass durch die Liquiditätsflut Inflation und Wirtschaftswachstum angekurbelt werden. Die Kehrseite der Medaille besteht allerdings darin, dass die Zinsen für Bankeinlagen und risikoarme Anlagen nur weiter gedrückt werden.

Für Sparer werde es kein leichtes Jahr, prognostiziert Michael Seufert, Analyst bei der Norddeutschen Landesbank in Hannover. Die Deutschen seien schon so konservativ, dass es schwer falle sich vorzustellen, sie könnten noch vorsichtiger werden. Der Trend müsse dahin gehen, auf mehr Risiko zu setzen, sagt er.

Wer in Deutschland 10.000 Euro für drei Monate anlegt, kann mit etwa 0,5 Prozent Zinsen rechnen, wie aus dem Schnitt von 104 Angeboten auf Tagesgeldvergleich.net hervorgeht. Dabei reicht die Spanne, die Angebote für Neukunden umfasst, von 0,01 Prozent bis 1,3 Prozent.


Negativzinsen auch für die Sparer?

Während die beiden größten Kreditinstitute des Landes, die Deutsche Bank und die Commerzbank, bislang keine Einlagenzinsen von Privatkunden verlangen, haben einige Banken bereits damit begonnen. Die Deutsche Skatbank in Thüringen kündigte Ende Oktober an, auf einige Konten Gebühren von 0,25 Prozent jährlich zu verlangen.

Die Sparkassen, auf die mit 38 Prozent Anteil ein Großteil der Einlagen in Deutschland entfällt, werden von ihren Kunden keine Gebühren dafür verlangen, versichert Georg Fahrenschon, der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), im Interview mit Bloomberg im vergangenen Monat. Durch Bond-Käufe würden die Preise verzerrt werden, sodass es Investoren schwerer falle, angemessene Risikoaufschläge an den festverzinslichen Märkten einzufordern, sagt er. Die Rechnung müsse letztendlich der Sparer bezahlen.

Nach Ansicht von Hans-Bernd Wolberg, dem Chef der WGZ-Bank, können rekordniedrige Zinsen alleine der Wirtschaft nicht wieder auf die Beine helfen, wie er vergangene Woche im Interview mit der Börsen-Zeitung erklärte. Für große Teile der Bevölkerung seien sie sogar schädlich. Letztendlich werde der Verbraucher die Folgen der negativen Einlagenzinsen der EZB für Banken zu spüren bekommen, warnt Wolberg.

Doch auch wenn die Unzufriedenheit der Deutschen mit ihren Anlagen steigt, sind die meisten dennoch nicht dazu bereit, für höhere Renditen auch höhere Risiken einzugehen. Der Anteil der Bundesbürger, die Investments in riskantere Anlagen ablehnen, stieg im vergangenen Monat auf 67 Prozent, verglichen mit 63 Prozent Ende 2013, wie aus einer Umfrage von GfK für den Bankenverband BdB, der die Interessen von Deutschlands privaten Banken vertritt, hervorgeht.

Der Industriemechaniker Jochen Schütt steckt sein Erspartes lieber gleich in sein Eigenheim. „Mit dem Geld wird die Hypothek abbezahlt, und so viel bleibt nicht übrig, um mir über Anlagen Gedanken zu machen”, sagt der 37-jährige Vater von zwei Kindern. Investments in „sehr sichere Fonds” und einige Aktien vor einem Jahrzehnt hätten zumindest zu keinem Wertverlust geführt. „Letztendlich hätte ich das Geld aber auch einfach unter der Matratze lassen können”.

Der 65-jährige Wolfgang Weber hat sich und seiner Frau gerade ein neues Auto gegönnt. „Wir geben es lieber aus”, sagt er. „Wir denken über eine neue Heizung für unser Haus nach, und einige Dinge, wie die Duschen, müssen erneuert werden. Das ist eine gute Investition. Und wir geben mehr Geld für Urlaub aus. Man muss das Leben genießen, solange man das noch kann.”

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