Seit dem Sommer ist es offiziell: Die französische Fondsgesellschaft Amundi übernimmt die vormals zum italienischen UniCredit Konzern gehörende Pioneer Investments. Das US-amerikanische Traditionshaus Pioneer, das seit dem Jahr 2000 zur gebeutelten Großbank aus Rom gehörte, wechselte für rund 3,5 Milliarden Euro den Besitzer.
Damit avancierte die französische Kapitalgesellschaft Amundi, die in Europa nach der Summe der Kundeneinlagen ohnehin die Nummer Eins ist, zu einem wahren Riesen der Vermögensverwaltung. Vor dem Pioneer-Deal belief sich das investierte Kapital der Anleger (Asset under Management) auf 1128 Milliarden Euro, nach der Übernahme von Pioneer summiert sich das Anlagevolumen auf 1352 Milliarden Euro.
Die hinzugewonnene Größe zahlt sich offenbar aus: Ende Oktober präsentierte Amundi erstmals Zahlen nach der Übernahme und konnte im dritten Quartal Mittelzuflüsse von 31,2 Milliarden Euro melden. Insgesamt konnte Amundi seit Jahresbeginn das verwaltete Vermögen um mehr als 57 Milliarden Euro steigern und hat nun 1,4 Billionen Euro unter Verwaltung. Den Nettogewinn konnte Amundi um 4,4 Prozent auf 217 Millionen Euro steigern.
Amundi - eine europäische Erfolgsgeschichte
Die französische Fondsgesellschaft Amundi wurde Anfang 2010 als gemeinsame Tochter von Société Générale und Crédit Agricole gegründet. Seither entwickeln sich die Geschäfte trotz großer Kapitalumschichtungen von Investoren und trotz des Drucks auf die Margen prächtig. Seit 2015 notiert Amundi an der Euronext in Paris und hielt zu diesem Zeitpunkt den Rekord für den größten Börsengang auf dem französischen Parkett.
Zum Anlageuniversum von Amundi zählen aktive und passive Anlagestrategien (Anleihen, Aktien, Multi-Asset), Smart Beta- und Faktor-basierte Ansätze sowie sachwertorientierte Investmentlösungen, (Private Equity, Immobilien, Infrastruktur und private Kredite). Neben mehr als 1.000 institutionellen Investoren gehören mehr als 100 Millionen Privat- und Geschäftskunden zum Stamm der französischen Kapitalgesellschaft. Der Konzern bietet seinen Anlegern eine breite Fondspalette von über 1.100 Offenen Investmentfonds und ETFs mit einem Gesamtvermögen von rund 32 Milliarden Euro.
Amundi ist in mehr als 30 Ländern der Erde präsent und verfügt über Vertriebsplattformen und Netzwerke in Nord- und Südamerika, Europa, im Nahen Osten sowie der Asien-Pazifik-Region. Nach der Übernahme von Pioneer Investments verfestigt sich die Positionierung der Fondsgesellschaft Amundi als Nummer Eins in Europa, als achtgrößter Vermögensverwalter der Erde und als einer der bedeutendsten in Deutschland.
Pioneer Investments: US-Traditionsgesellschaft als Opfer von Konsolidierungen
Die Anfänge von Pioneer Investments gehen zurück auf den US-amerikanischen Journalisten Philip L Carret , der bereits im Jahr 1928 den drittältesten Aktienfonds der Vereinigten Staaten unter der Bezeichnung Pioneer Fund gründete. Bereits in den 1960er Jahren expandierte Pioneer nach Europa und wurde im Jahr 2000 von dem führenden italienischen Geldinstitut UniCredit übernommen. Wegen einer schwachen Kapitaldecke von Italiens größter Bank steht Pioneer vermutlich bereits seit 2010 zum Verkauf.
Trotz einer ganzen Reihe von Übernahmegerüchten (u.a. durch Aberdeen und Banco Santander) verfolgte Pioneer Investment ihre Geschäfte in diesem Zeitraum recht erfolgreich. Mehr als 40 Prozent der Kundengelder sind in häufig sehr aktiven Fonds und Mandaten für Festverzinsliche investiert, ca. 25 Prozent in Strategiefonds und -mandaten. In der jüngeren Vergangenheit erfreuten sich die entsprechenden Investments trotz eines schwierigen Umfelds in der Vermögensverwaltung relativ großer Beliebtheit und brachten verhältnismäßig hohe Gebühren ein.
Neue Chancen für Aktionäre und Fondsanleger
Welche Vorteile hat Amundi durch die Pioneer-Übernahme?
Wie Konzernführung der französischen Kapitalgesellschaft mitteilt, rechne man mit jährlichen Synergie-Effekten von rund 180 Millionen Euro, die sich über drei Jahre hinweg verteilen. In erster Linie sollen diese aus Einsparungen auf den Gebieten IT, Backoffice und Investmentplattformen resultieren. Darüber hinaus sollen Synergien im Vertrieb generiert und Kosten für Broker reduziert werden.
Wie Yves Perrier, CEO von Amundi, anlässlich des Amundi World Investment Forum erklärte, bietet Pioneer zum einen eine erstklassige Expertise bei europäischen Aktien, Anleihen von Schwellenländern und US-Dollar basierte Strategien bei Bonds und Aktien. „Darüber hinaus verbessern wir unsere Präsenz in Europa: Wir bleiben die Nummer Eins in Frankreich, die Nummer Zwei in Italien und Österreich und werden zur führenden ausländischen Fondsgesellschaft in Deutschland“, sagte Perrier.
Insgesamt geht das Unternehmen von Einsparungen beim Personal von etwa zehn Prozent aus. Allerdings hat Amundi bereits bekannt gegeben, unter diesen Aspekten bestimmte Bereiche (Kernkompetenzen von Pioneer wie europäische und US-Aktienfonds, Multi-Asset und US-Renten) unangetastet zu lassen. Zudem hat sich Amundi eine langjährige Vertriebsvereinbarung mit UniCredit gesichert. Dadurch wird Amundi seinen Anteil der Privatkunden von 27 auf 35 Prozent erhöhen, was sich positiv auf die Margen auswirken wird. Pioneer soll bis 2019 komplett in die Amundi-Unternehmensstruktur integriert worden sein. Experten gehen davon aus, dass die Übernahme für Fondsanleger keine wesentlichen Vor- oder Nachteile bringen wird.
Amundi Aktie im deutlichen Aufwärtstrend
Die Amundi Aktie (ISIN FR0004125920/ WKN A143DP) befindet sich seit dem Sommer 2016 in einem sehr starken und robusten Aufwärtstrend. Aus Sicht von 12 Monaten kletterte der Titel um rund 72 Prozent. Die freundliche Entwicklung hat sich weder verbessert noch verschlechtert als die Übernahme von Pioneer im Raum stand.
Die wichtigsten Fondstypen im Überblick
Wie der Name schon sagt, legen diese Investmentfonds in Aktien an. Aufgrund der breiten Anlagestreuung ist ein Investment in Aktienfonds weniger risikoreich als eine Direktanlage in Einzeltitel. Aktienfonds haben spezielle Anlageschwerpunkte – etwa bestimmte Branchen, Länder, Regionen oder Anlagestile.
Dieser Investmentfonds – auch Exchange Traded Funds (kurz ETF) genannt – bildet einen Index wie beispielsweise den Dax eins zu eins nach. Die Zusammensetzung dieses Fonds verändert sich nur, wenn sich die Zusammensetzung des zugrunde liegenden Index verändert. Deshalb spricht man von einem passiven Investment. ETFs können fortlaufend über die Börse gehandelt werden. Ihre Verwaltungsgebühren sind sehr gering, Ausgabeaufschläge wie bei „aktiv“ gemanagten Fonds entfallen.
Für die kurzfristige Anlage eignen sich vor allem Geldmarktfonds. Sie investieren in Geldmarktinstrumente wie beispielsweise Festgeld und kurz laufende, festverzinsliche Wertpapiere. Die Kursschwankungen dieser Fonds sind gering, die Renditeaussichten allerdings auch.
Offene Immobilienfonds legen das Geld der Anleger in Grundstücken, Erbbaurechten und Beteiligungen an Büro- und Geschäftsimmobilien an. Anleger profitieren von den Miet- und Zinseinnahmen sowie den Wertsteigerungen der Immobilien. Die Anzahl der ausgegebenen Anteile ist anders als bei geschlossenen Immobilienfonds nicht begrenzt.
Sogenannte Lebenszyklusfonds sind im Grunde Mischfonds mit einem bestimmten Anlageziel beziehungsweise -horizont. Die Lebenszyklusfonds haben eine feste Laufzeit, gegen Ende dieses Zeitraums – das können 20, 25 oder 30 Jahre sein – schichtet das Fondsmanagement schrittweise von Aktien in Anleihen um, um das Kapital und die angefallenen Kursgewinne zu sichern.
Diese Fonds legen in Aktien und Anleihen an. Der Fondsmanager kann so in stagnierenden oder fallenden Märkten verzinsliche Wertpapiere übergewichten, bei steigenden Akteinkursen den Anlageschwerpunkt aber wieder verlagern. Das Ziel: einen höheren Ertrag als reine Rentenfonds zu erzielen und beim Risiko niedriger als bei einem Aktienfonds zu liegen. Der typische Aktienanteil liegt zwischen 30 und 70 Prozent – je nach Geschmack der Anleger.
Rentenfonds investieren ausschließlich oder überwiegend in festverzinsliche Wertpapiere wie Pfandbriefe, Kommunalobligationen oder Länder- beziehungsweise Unternehmensanleihen. Da regelmäßig Erträge in Form von Zinszahlungen anfallen, bieten Rentenfonds in der Regel stetige Erträge.
Amundi weist derzeit eine Marktkapitalisierung von 12,88 Milliarden Euro aus. Für die Fortdauer der freundlichen Entwicklung spricht das moderate KGV von 18,8 (2017) und 15,8 (2018). Darüber hinaus stellt die überdurchschnittliche Dividendenrendite von 3,4 Prozent für 2017 und 4,1 Prozent für 2018 einen zusätzlichen Anreiz dar.
Insgesamt ist die Übernahme von Pioneer durch Amundi als weiterer Schritt auf dem Weg zur Konsolidierung des europäischen Kapitalmarkts zu sehen. UniCredit als Verkäufer profitiert durch die hierdurch generierten Einnahmen und Amundi nutzt das Know How des US-amerikanischen Traditionshauses Pioneer. Das bieten Aktionären wie Fondsanlegern neue Chancen.