Analystenerwartungen Wie Experten das Anlagejahr 2013 deuten

Was passiert nächstes Jahr an den Börsen und Anleihemärkten dieser Welt? Einige Experten haben sich bereits an der Deutung der Zukunft für Anleger versucht.

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"Es könnte verheerend enden!"
Warren Buffett, weltbekannter Investor „Es besteht kein Zweifel, dass sich die Konjunktur in den kommenden Monaten weltweit abkühlen wird. Besonders hart dürfte es Europa treffen.“ (24.11.2012) Quelle: dapd
Marc Faber, Buchautor und Investor „Die Börsen werden um mindestens 20 Prozent einbrechen, weil der Weltwirtschaft im nächsten Jahr die Puste ausgeht.“ (15.11.2012) Quelle: dpa
Bill Gross, Fondsmanager „Die fiskalische Klippe in den USA ist tiefer, als sie angegeben wird. Sie ist ein Abgrund wie der Grand Canyon.“ (12.11.2012) Quelle: Handelsblatt
Nouriel Roubini, Ökonom „Das Risiko, dass die globale Wirtschaft in einen erneuten Abschwung geraten könnte, ist groß.“ (06.12.2012) Quelle: Handelsblatt
Max Otte, Ökonom und Investor „Wir haben nicht den Euro gerettet oder Europa vor einem Krieg bewahrt. Griechenland hatte einen Einbruch von 20 Prozent der Wirtschaftsleistung zu verkraften. Die Arbeitslosigkeit nähert sich 30 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit 50 Prozent. Ebenso in Spanien. Sieht so eine Rettung aus? „Gerettet“ haben wir die Gläubiger und die Finanzeliten – auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger im Norden UND im Süden. Und dafür haben wir unser Rechts- und Geldsystem zerstört!“ (7.12.2012) Quelle: Handelsblatt
Dirk Müller, Mister Dax „Inflation ist nicht per se schlecht oder schädlich. Im Gegenteil: Eine kontrollierte Rate zwischen sieben und acht Prozent wäre sogar dringend vonnöten, um unsere Systeme wieder in Gang zu bringen, begleitet von steigenden Löhnen und Renten.“ (29.11.2012) Quelle: Handelsblatt Online
George Soros, Hedge-Fonds-Manager „Wir können die Schulden nicht wegschrumpfen“ (30.10.2012) Quelle: dpa

Es ist Tradition. Jedes Jahr am Silvesterabend schütten zahllose Familien in Deutschland flüssiges Blei in kaltes Wasser. Anhand der entstehenden Figuren wollen sie einen Blick auf die Ereignisse des kommenden Jahres werfen.

Die Wahrscheinlichkeit, damit die entscheidenden Wendepunkte der kommenden zwölf Monate vorherzusehen, ist freilich äußerst gering. Eine korrekte Prognose für das Verhalten der Börsen und Anleihemärkte 2013 ist ähnlich unwahrscheinlich. Gerade in Krisenzeiten wie diesen sind korrekte Vorhersagen schwierig.

Realistische Vorhersagen

Trotzdem wagen alle Jahre wieder zahlreiche Anlageexperten einen Blick in die Glaskugel und verkünden ihre Erwartungen an Dax, Dow Jones und Co. Wie dünn das Eis ist, auf dem sie sich bewegen, zeigt die dänische Saxobank. Jedes Jahr erstellen die Investment-Experten zehn provokante Thesen für das kommende Anlagejahr. Auf den ersten Blick scheinen die zwar unwahrscheinlich, sind aber weit weniger abwegig, als es der erste Eindruck Glauben macht.

Für 2012 prophezeiten die Dänen beispielsweise einen Einbruch der Apple-Aktie. Satte 50 Prozent sollte das Papier gegenüber seinem Höchststand von 2011 verlieren. Grund sei die wachsende Konkurrenz von Samsung, Google und Co. Von einem derartigen Einbruch blieben die Kalifornier zwar verschont, denn die Aktie kletterte auch 2012 munter weiter auf immer neue Höchststände. Innerhalb der letzten drei Monate ist das Papier aber immerhin um mehr als 25 Prozent eingebrochen – es gibt nicht wenige, die meinen, der Vorzeigekonzern hätte seine besten Zeiten hinter sich.

Alle Dax-Aktien im Härtetest

Relevante Gedankenspiele

Auch für 2013 spielt die Saxobank "mögliche, meist sehr negative Ereignisse durch, die die Finanzmärkte sowie den politischen Status quo grundlegend verändern würden", sagt Steen Jakobsen, Chefvolkswirt bei der Bank. Zwar handle es sich dabei nicht um offizielle Prognosen, sondern eher um Gedankenspiele. Dennoch könnten sie laut Jakobsen für Investoren relevant sein.

Das stimmt, denn gleich die erste These hätte für deutsche Anleger möglicherweise fatale Konsequenzen. Die Dänen befürchten, der Dax könnte im Laufe des Jahres wieder auf 5000 Punkte absinken, das wäre ein Verlust von 33 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Nicht nur die sinkenden Popularitätswerte von Bundeskanzlerin Angela Merkel vor der Wahl im September, auch die schwächelnde Konjunktur Chinas könnten den Leitindex in den Augen der Saxobank auf Talfahrt schicken.

Gemischte Erwartungen an die Aktienmärkte

Die Schrecken der Anleger 2012
 Eine EU-Fahne weht am 09.04.2010 über der Akropolis in Athen. Quelle: dpa
Die Notenbanken gehen vorDie nächste Ungleichbehandlung liegt in der Bevorzugung der Notenbanken vor den Privatanlegern: „Weil sich die Notenbanken dem Schuldenschnitt  per Umcodierung ihrer griechischen Anleihen entziehen konnten, erhöhte sich auf der anderen Seite die Belastung für die verbliebenen Anleiheinhaber. Die mittlerweile eingereichten Schadensersatzklagen richten sich jedoch nicht nur gegen den griechischen Staat, sondern auch gegen die Depotbanken selbst. Führende Rechtsexperten vertreten hier die Auffassung, dass Finanzinstitute beim erzwungenen Umtausch ihre Pflichten als Verwahrer von Wertpapieren möglicherweise strafrechtlich verletzt hätten.“ Quelle: dpa
Der Libor-SkandalDer in der breiten Öffentlichkeit Aufsehen aufsehenerregendste Fall von Anlegertäuschung im abgelaufenen Börsenjahr war die aufgeflogene Manipulation des Zinssatzes Libor, zu dem sich die Banken in allen wichtigen Währungen untereinander kurzfristig Geld leihen. Geprellt wurden Kreditnehmer, die entweder zu hohe Zinsen zahlen mussten oder weniger Zinsen auf ihre Einlagen erhielten. Dass der täglich neu festgelegte Libor von einem Kartell an Banken und Zinshändlern im Zeitraum 2005 und 2009 regelmäßig manipuliert werden konnte, ohne dass jemand einschritt, ist ein Skandal. Erst in diesem Jahr wurde die als treibende Kraft identifizierte Barclays Bank zu einer Geldstrafe von umgerechnet 370 Mio. Euro verklagt. Quelle: REUTERS
Geldwäsche bei der HSBC?Neben dem Libor-Skandal trugen weitere Großbanken zum fortschreitenden Imageverlust der Finanzbranche bei. So rechnet HSBC wegen systematischer Geldwäsche für mexikanische Drogenbarone und mögliche Terrorhelfer in Saudi-Arabien mit einer Strafzahlung von mehr als 1,5 Mrd. US-Dollar. Quelle: dpa
A man walks into the JP Morgan headquarters at Canary Wharf in London Quelle: REUTERS
Der Fall EnBW - Landesregierung muss zahlenHierzulande lieferte der kostspielige Rückkauf von 45 Prozent der Anteile des Versorgers EnBW durch die ehemalige Regierung von Baden-Württemberg ein Musterbeispiel für die Verflechtung von Banken und Politik. Dabei wird gegen den ehemaligen Regierungschef von Baden-Württemberg Stefan Mappus wegen des Verdachts der Untreue ermittelt. Ihm wird vorgeworfen,  gegenüber dem mit ihm befreundeten Deutschland-Chef der Investmentbank Morgan Stanley in einen zu hohen Kaufpreis an den französischen Stromkonzern EdF eingewilligt zu haben, ohne dass ein Wertgutachten angefertigt wurde. Die finanziellen Kosten für die neue Landesregierung in Stuttgart sind beträchtlich. So versucht sie in einem langwierigen Schiedsgerichtsverfahren, von EdF eine Teilerstattung des Kaufpreises zu erstreiten. Darüber hinaus muss sie zusätzliche Zinszahlungen in ihrem Haushaltsbudget einplanen, weil der Kaufpreis für die EnBW-Anteile über eine neue Anleihe finanziert wurde. Dabei sollten die anfallenden Zinsen dauerhaft durch die EnBW-Dividenden getragen werden - was nach der Dividendenkürzung infolge des Gewinneinbruchs von 2011 jedoch nicht mehr möglich ist. Quelle: dpa
Geldvernichtung mit Solar-AktienDer Preisverfall in der Solarindustrie hat mittlerweile zahlreiche deutsche Unternehmen in die Insolvenz getrieben. Dabei benachteiligen die für die Sanierung eingeleiteten Kapitalmaßnahmen häufig die Alteigentümer.  So hat das frühere TecDax-Mitglied Conergy Bankkredite durch einen Kapitalschnitt in neues Eigenkapital umgewandelt und die Alteigentümer damit praktisch enteignet. Der zurzeit mit Abstand spektakulärste Fall ist die Insolvenz der Solar Millennium aus Erlangen, die sich mit Großprojekten in der Solarthermie finanziell verhoben hatte. Die Aktionäre der Gesellschaften werden vermutlich leer ausgehen. Die  Inhaber von fünf noch ausstehen Anleihen im Volumen von 220 Mio. Euro, die weiterhin auf die Ausschüttung der Insolvenzquote warten, werden ebenfalls massive Verluste ihres Investments hinnehmen müssen. Quelle: dapd

Ähnlich kritisch sieht der berühmte Investmentexperte Marc Faber die Entwicklung der Märkte. Erst im vergangenen Monat prognostizierte er in der WirtschaftsWoche abstürzende Börsen. Der Schweizer rechnet im nächsten Jahr nur mit einem schwachen Wachstum für die Weltwirtschaft, wenn überhaupt. Das dürfte die Gewinne der Unternehmen schmälern, vor allem der amerikanische Aktienindex S&P 500 dürfte laut Faber um mindestens 20 Prozent einbrechen.

Auch die Investmentgesellschaft Pimco erwartet Gegenwind für den weltweiten Aktienmarkt, da das schwache Marktumfeld auf die Gewinne drückt. Einer, der sich auskennen müsste mit Prognosen, sieht das anders. Max Otte präsentiert sich der Öffentlichkeit gerne in der Rolle des Propheten, seit er mit seinem 2006 veröffentlichten Buch "Der Crash kommt" die Wirtschaftskrise vorhersagte. "Die Erholung bei Aktien könnte sich fortsetzen, weil die meisten dieser Märkte auf ein sehr niedriges Niveau abgestürzt waren", sagt der Ökonom. Dies gelte insbesondere für europäische Aktien.

Europäische Aktien sind unterbewertet

"Man muss in Aktien gehen!"

Otte ist nicht der einzige Anhänger europäischer Aktien. Vor allem im Vergleich zu amerikanischen Papieren seien die europäischen deutlich günstiger bewertet, schreiben Analysten von Morgan Stanley in einer Studie. Ähnlich sehen das auch die Experten von Allianz Global Investors. Lange rechneten Investoren damit, dass die Euro-Zone über kurz oder lang auseinander brechen würde und hielten sich dementsprechend mit Investitionen in europäische Aktien zurück. Diese Angst hat sich dank des großzügigen Eingreifens der Europäischen Zentralbank (EZB) - die Notenbank hat angekündigt, unbegrenzt Staatsanleihen zu kaufen, wenn ein Land unter den Rettungsschirm schlüpft - mittlerweile allerdings verflüchtigt. Dennoch sind die europäischen Papiere in vielen Portfolios noch untergewichtet.

Nicht wahllos kaufen

Wer aber Renditen erwirtschaften will, sollte trotzdem nicht wahllos alles kaufen, was sich in Europa an den Märkten tummelt. "Besonders interessant sind multinationale Unternehmen mit robusten Geschäftsmodellen und gesunden Bilanzen", sagt Matt Siddle, Fondsmanager des amerikanischen Vermögensverwalters Fidelity. Die seien gut positioniert, um vom Konsumhunger der Emerging Markets profitieren zu können. Wer Sicherheit will, kommt also um solide Unternehmen nicht herum. Die Dividendenstrategie, bei der Anleger auf Unternehmen mit hohen, stabilen Dividenden setzen, bleibt attraktiv.

Auch DWS, die Fondsgesellschaft der Deutschen Bank, sieht solide Unternehmen auf dem Vormarsch. Dazu gehören unter anderem der Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé, der Chemieriese BASF oder der Technologiekonzern Linde.

Konjunktur ist Zünglein an der Waage

Diese Länder starten 2013 richtig durch
Platz 10: MosambikWachstumsprognose 2013: 8,4 Prozent Rohstoffvorkommen spielen im Land an der Grenze zu Südafrika eine wichtige Rolle. Aluminium ist das Hauptexportprodukt, Kohle wird von ausländischen Bergbaukonzernen gefördert. In Zukunft soll auch Erdgas im Rouvma-Becken erschlossen werden. Quelle: obs
Platz 9: KirgisistanWachstumsprognose 2013: 8,5 Prozent Anders als andere Länder Zentralasiens ist das kleine Land zwischen China und Kasachstan relativ rohstoffarm. Allerdings verfügt das Land über Goldvorkommen, die von ausländischen Konzernen abgebaut werden. Zudem ist das Land, seit es Mitglied bei der WTO ist, ein bedeutender Umschlageplatz für den Handel zwischen China, Russland und weiteren Nachbarländern. Quelle: Almutamid
Platz 8: GambiaWachstumsprognose 2013: 9,7 Prozent Das Land ist vollkommen vom Senegal umschlossen. Landwirtschaft, Tourismus und Fischerei bilden die Hauptwirtschaftsfaktoren des Landes. Die Verarbeitung von Erdnüssen, Fisch und Tierhäuten spielen eine wichtige Rolle, exportiert werden gambische Produkte hauptsächlich nach Indien, China und Frankreich. Quelle: wikipedia - atamari
Platz 7: Timor-LeisteWachstumsprognose 2013: 10,0 Prozent Die Wirtschaft prosperiert dank der Ausbeutung der Öl- und Gasvorkommen im Timorsee. Doch das Land hat erheblichen Nachholbedarf im Ausbau der Infrastruktur, im Bildungsbereich und in der Entwicklung der Landwirtschaft. Quelle: AP
Platz 6: ParaguayWachstumsprognose 2013: 11 Prozent Die Preise für Agrarrohstoffe ziehen an –Vorteil für Paraguay: Der Export von Soja, Weizen, Rindfleisch, Mais tragen über 22 Prozent des BIP bei. Im Jahr 2010 erzielte das Land deshalb ein Rekord-Wachstum von 14,5 Prozent (auf ca. 17 Mrd. USD). Ein Ende des Booms ist nicht in Sicht. Quelle: Jan Pešula User: Sapfan
Platz 5: BhutanWachstumsprognose 2013: 13,5 Prozent Es ist das einzige Land der Welt, in dem die Entwicklung vor allem auf das Wohlbefinden des Landes abzielt. Die Wirtschaft ist staatlich gelenkt und soll im Fünfjahresplan 2008-2013 der Armutsbekämpfung Vorrang geben. Dazu gehört: Ausbau von Infrastrukturprojekten – Straßen, Stromversorgung und Telefonnetz. Quelle: REUTERS
Platz 4: IrakWachstumsprognose 2013: 14,7 Prozent Das Land verfügt mit 115 Milliarden Barrel über die viergrößten Ölquellen der Welt. Dementsprechend soll die Förderung weiter ausgebaut werden: Pipelines, Raffinerien und weitere Infrastrukturprojekte kurbeln die Wirtschaft weiter an. Quelle: dpa

Entscheidend für die Entwicklung der Märkte wird aber einmal mehr der Konjunkturverlauf sein. Und der liegt, zumindest in Europa, immer mehr in den Händen der Politik. "2013 wird das Jahr der politischen Entscheidungen", erwartet die Investmentgesellschaft Pimco. Die meisten Experten rechnen weiterhin mit niedrigen Leitzinsen in Europa. Analysten von DWS und Pimco gehen sogar davon aus, dass der EZB-Rat um Mario Draghi den Zins noch einmal von aktuell 0,75 auf 0,5 Prozent senken wird – dadurch könnten sich Europas Banken noch günstiger Geld bei der EZB leihen. "Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass eine weitere Senkung der Leitzinsen einen maßgeblichen Einfluss auf die Konjunktur haben wird", sagt Andrew Bosomworth, der bei Pimco das deutsche Portfoliomanagement leitet.

Sag, wie hälst Du’s mit dem Wachstum?

Weiter auseinander gehen die Meinungen bei den Wachstumsprognosen. Während Pimco weiterhin mit einer Rezession in Europa rechnet – die Wirtschaft der Euro-Zone dürfte um bis zu 1,5 Prozent schrumpfen – glaubt die DWS, Europa habe das Schlimmste hinter sich: "Europa verlässt die Intensivstation" schreiben die Experten. Auch das Wirtschaftswachstum der USA wird tendenziell eher etwas schwächer erwartet. Obwohl die größte Volkswirtschaft der Welt die drohende Fiskalklippe womöglich umschifft, werden niedrigere Wachstumsraten erwartet. Notwendige Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen dürften das Wachstum ausbremsen, schreibt Fidelity-Fondsmanager Adrian Brass in einer Analyse. Ähnlich sieht das Andrew Bosomworth von Pimco. Das Fortbestehen gegenwärtiger Wachstumstrends sei nur möglich, wenn der Übergang von einem staatlich geförderten zu einem privatwirtschaftlich getriebenen Wachstum gelingt, bevor die öffentlichen Haushalte die angehäufte Schuldenlast nicht mehr tragen könnten, so Bosomworth.

Einigkeit bei Repression

Mindestens in einem Punkt sind sich aber alle einig: Die größte Herausforderung für das Geldanlagejahr 2013 bleibt die finanzielle Repression. Damit bezeichnen Ökonomen Maßnahmen, die die Finanzierungskosten für Staaten senken sollen. Beispielsweise, wenn der Staat die Zinsen künstlich niedrig hält. Seit Beginn der Euro-Schuldenkrise sind etwa die Zinsen für deutsche Staatsanleihen auf immer neue Tiefstände gesunken. Oft geht eine solche Niedrigzinsphase mit kaum spürbarer Inflation einher. Das macht es für Anleger schwer, überhaupt reale Renditen zu erzielen. Überschuldete Staaten dagegen können sich auf diese Weise sanft entschulden, denn die leichte Inflation frisst langsam aber sicher den Schuldenberg auf und die niedrigen Zinsen senken die Belastungen aus neuen Schulden.

"Es wird zunehmend zur Herausforderung, in einem Umfeld mit niedrigen bis negativen Realzinsen eine attraktive Rendite zu erwirtschaften", sagt Pimco-Manager Bosomworth. Ähnlich sieht das Krisen-Prophet Otte. "Anleger stehen vor der Herausforderung, die finanzielle Repression ernst zu nehmen und statt in Geldanlagen und Immobilien auch in Aktien zu investieren", sagt Otte.

Anleihen bleiben attraktiv

Preiseinbruch: Verkauft Euer Gold!
Ein kleiner Plastikbär, Symbol für den Abschwung an den Börsen, steht am Donnerstag (15.01.2009) in der Börse in Frankfurt am Main vor der DAX-Kurve. Quelle: dpa
A woman holds 100 euro (pink banknotes at bottom) and 100 Swiss francs (blue banknote at top) she withdrew from an ATM in a bank in Geneva Quelle: AP
A man looks at Sony and Panasonic TV sets at an electronics shop in Tokyo Quelle: REUTERS
 U.S. Federal Reserve Chairman Ben Bernanke Quelle: REUTERS
Eingangsbereich eines Geschäftes für Münzhandel, Gold- und Schmuckankauf Quelle: dpa
Erdöl wird mit Hilfe eines Tiefpumpenantriebes ("Pferdekopf") gefördert Quelle: dpa
A South Korean bank clerk stands behind a pile of U.S. dollar bills Quelle: REUTERS

Während Anleger ihre Investmententscheidungen bisher oft nach dem nominalen Ertrag getroffen haben, steht heute der reale Ertrag viel mehr im Zentrum. Bundesanleihen bleiben zwar weiterhin ein sicherer Hafen, bieten aber auch nur eine mickrige Rendite. Allianz Global Investors zieht daher unter Ertragsgesichtspunkten auch 2013 Unternehmensanleihen den Staatsanleihen vor. Gegenüber Aktien bieten allerdings beide in der Regel niedrigere Renditen.

Insgesamt bleiben Anleihen aufgrund der stark schwankenden Finanzmärkte auch 2013 weiter attraktiv. Einige Anleger fürchten deshalb bereits eine Blasenbildung am Anleihemarkt. Andrew Wells von Fidelity rechnet damit allerdings noch nicht. "Dafür bedarf es erst einer deutlichen weltweiten Erholung des Wirtschaftswachstums, in dessen Folge die Zinsen steigen, um die Aussichten für Anleihen zu trüben", sagt der Experte. Für 2013 sei dieses Szenario noch nicht erwartet.

Saxobank prognostiziert sinkenden Goldpreis

Auch in anderen Anlagebereichen dürfte es erst wieder richtig spannend werden, wenn die Zinsen merklich ansteigen. Beispiel Rohstoffe: Da ihre Kurse oft bei niedrigen oder negativen Realzinsen steigen, dürften sie auch weiterhin profitieren. Eugen Weinberg, Rohstoffexperte der Commerzbank, sieht etwa den Goldpreis erst wieder fallen, wenn die Realzinsen wieder positiv sind. Eigentlich ist es da wenig verwunderlich, dass eine der provokanten Thesen der Saxobank einen sinkenden Goldpreis vorhersagt. Der Aufschwung in den USA sowie eine schwächere physische Nachfrage aus Indien und China würden den Preis auf 1200 US-Dollar je Feinunze fallen lassen - von aktuell rund 1660 US-Dollar.

Spannung bei Immobilien

Spannend bleibt sicherlich die Entwicklung am Immobilienmarkt. Die niedrigen Zinsen werden Anleger weiterhin zu Betongold verführen, bald sind die Kapazitäten allerdings erschöpft. "Anleger werden weiterhin in Immobilien drängen, die sie als sicheren Hafen sehen", sagt Max Otte. Der Ökonom sieht in einigen Regionen wie München schon den Beginn einer Blasenbildung. Auch in anderen gefragten Städten wie Hamburg, Frankfurt oder Düsseldorf wird es gerade für Studenten und Geringverdiener immer schwerer, bezahlbaren Wohnraum zu finden.

Immobilien, Aktien oder Anleihen - vermutlich werden erst die Jahresrückblicke im Dezember 2013 zeigen, welche Prognose fundierter war als schlichtes Bleigießen. Fest scheint bisher nur eins zu stehen: Der dank Niedrigzinsphase fast unmöglich gewordene Drahtseilakt zwischen Sicherheit und hohen Renditen ist für Anleger noch längst nicht vorbei. In diesem Sinne allen Anlegern einen guten Rutsch ins neue Börsenjahr.

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