Anlegermesse Invest 2017 „Die Deutsche Bank ist nicht versicherbar“

Wenn nichts mehr geht, soll die Einlagensicherung Sparer vor dem Verlust ihrer Bankeinlagen schützen. Immer wieder wird bezweifelt, ob das im Ernstfall funktioniert.

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Geldanlage in Eigenregie: Welche Chancen bietet die Börse in 2017? Quelle: Andy Ridder für WirtschaftsWoche

Die Einlagensicherung ist der letzte Schutzanker für unser Geld. Sie soll Privatleute und Unternehmen im Fall von Bankenpleiten vor dem Verlust ihrer Kontoeinlagen schützen. Seit der Finanzkrise doktern Politik und Banker an den Schutzsystemen herum, wobei sich insbesondere deutsche Banken vehement gegen eine integrierte europaweite Einlagensicherung wehren. Vor allem Sparkassen und Volksbanken laufen öffentlichkeitswirksam Sturm gegen EDIS, wie das von Brüssel geplante europäische Konzept für den Sparerschutz heißt. EDIS soll die bisher separaten nationalen Sicherungsfonds bis zum Jahr 2024 schrittweise in einen großen Topf packen.

Müssen Sparer sich angesichts immer wieder aufflammender Diskussionen Sorgen um die Sicherheit des Einlagenschutzes machen? Darüber lieferten sich Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon, der FinTech-Gründer Tamaz Georgadze sowie der Wirtschaftswissenschaftler Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim auf der Anlegermesse Invest in Stuttgart eine spannende Debatte.

Tatsache ist, dass in Krisen regelmäßig Zweifel am Sparerschutz aufkommen. Daher musste Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Höhepunkt der Finanzkrise extra vor die Mikrophone treten und die Sparer beruhigen. „Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind. Auch dafür steht die Bundesregierung ein“, beteuerte Merkel im heißen Finanzherbst 2008.

Ist der Einlagenschutz ein Schönwettersystem, dem die Eignung für Krisen fehlt – und für das im Ernstfall Staat und Steuerzahler einspringen müssen? Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands weist das zurück. Das Schutzniveau in Deutschland sei höher als in vielen anderen Ländern. Zudem sei der Sparerschutz vor Ansteckungseffekten geschützt, denn die drei großen Bankengruppen – Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken sowie private Banken – beitreiben voneinander getrennte Sicherungssysteme.

Der Wirtschaftswissenschaftler Burghof von der Universität Hohenheim sieht das Versicherungsprinzip bei der Einlagensicherung der zwei großen deutschen Finanzverbünde besonders deutlich ausgeprägt. Die Finanzgruppen der Sparkassen und Volksbanken bestehen aus vielen kleinen Instituten, sodass die Gemeinschaft einzelne in Not geratene Mitglieder ihres Schutzsystems gut auffangen könnten. Dagegen ist laut Burghof eine Großbank wie etwa die Deutsche Bank nicht versicherbar. Sie sei einfach zu groß zum Scheitern.

Ökonomen betrachten EU-Einlagensicherung kritisch

Mit Blick auf die von der Europäischen Kommission beabsichtigte integrierte Einlagensicherung im Rahmen der EU-weiten Bankenunion warnt Sparkassenpräsident Fahrenschon vor einer Haftungsgemeinschaft, in der das für den Schutz der deutschen Sparer zurückgelegte Geld durch Bankenpleiten in anderen Ländern gefährdet werden könnte. Dadurch sinke in potenziellen Krisenländern die Bereitschaft und Anstrengung, für eigene Schutzvorkehrungen anzusparen.

Sind das nur die typischen Argumente eines europaskeptischen Verbandspräsidenten? Nein, denn auch die Deutsche Bundesbank sieht angesichts ungelöster Probleme im Finanzsektor einzelner EU-Mitgliedsländer die Zeit noch nicht reif für eine integrierte Einlagensicherung.

Ökonomen betrachten die EU-Einlagensicherung ebenfalls kritisch. Das vor allem aus zwei Gründen: Mit grundsätzlich 100.000 Euro je Konto ist das Mindestschutzniveau selbst aus Sicht von Privathaushalten sehr niedrig. Zudem fehle die wirksame Garantie einer staatlichen Stelle für die Mittel des Sicherungsfonds. Letzteres ist allerdings auch ein Problem der deutschen Einlagensicherungsfonds, für die es zwar gesetzliche Regeln gibt, die aber von den Banken und Sparkassen jeweils separat und in eigener Verantwortung betrieben werden.

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Der FinTech-Unternehmer Tamaz Georgadze will mit seinem Einlagenportal Weltsparen die Unterschiede in den europäischen Bankensystemen bewusst ausnutzen. Er lotst Sparer zu Banken, deren Zinsen deutlich über den in Deutschland üblichen Niedrigzinsen liegen. Das meist höhere Risiko bei diesen Instituten soll im Fall der Fälle durch den europäischen Mindestschutz von 100.000 Euro abgefedert werden. Dieser Standard ist seit 2015 in der EU für alle Länder und Banken verbindlich.

Hierzulande ist das Schutzniveau aufgrund der zusätzlichen freiwilligen Einlagensicherung der Großbanken und privaten Banken deutlich höher als im europäischen System und kann je nach Kreditinstitut pro Kunde sogar in die Millionenhöhe reichen. Damit sichert der Einlagenschutz in Deutschland auch Großeinleger wie Industriekonzerne und Mittelständler ab – zumindest auf dem Papier.

Bislang hat noch kein Sparkassenkunde Einlagen verloren

Ob der im versprochenen Umfang bei der Pleite einer Großbank oder bei einer Finanzkrise mit mehreren gleichzeitigen Ausfällen von Bankinstituten tatsächlich voll greifen kann, darf bezweifelt werden. Denn die Einlagensicherung geriet schon angesichts der noch halbwegs überschaubaren Pleiten der Deutschlandtöchter von Lehman Brothers und der Maple Bank an ihre Grenzen.

Die drei großen Bankengruppen in Deutschland – private Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken – sichern die Einlagen ihrer Kunden über jeweils eigene Schutzeinrichtungen. Bei allen drei Bankengruppen geht das Schutzniveau deutlich über die seit 2014/15 europaweit verbindlichen Mindestanforderungen hinaus.

Bei den privaten Banken, zu denen Großbanken wie die Deutsche Bank, Commerzbank oder Postbank zählen, sind über den freiwillig errichteten Einlagensicherungsfonds je Kunde sogar Volumen im Milliardenbereich abgesichert. Das liegt daran, dass die freiwillige Einlagensicherung der privaten Banken auch für Großanleger aus dem Mittelstand oder dem Kreis der Großunternehmen gilt – sofern es sich bei diesen um Industrieunternehmen handelt und nicht um Banken oder Wertpapierdienstleistern.

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Die die gesetzliche Einlagensicherung in Deutschland kann sich unter Umständen aber sogar auf Wertpapiere erstrecken. Aktien & Co. gehören zwar den Kunden und sind durch eine Pleite der Depotbank in der Regel nicht betroffen. Es kann aber Fälle geben, in denen das zusammengebrochene Institut die für Kunden verwahrten Wertpapiere verliehen hat oder aufgrund technischer Probleme nicht in der Lage ist, diese Vermögenswerte zurückzugeben. Hier springt der Sicherungsfonds ein, allerdings nur in Höhe von 90 Prozent der Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften und gedeckelt auf 20.000 Euro je Privatanleger.

Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben in ihren Finanzgruppen jeweils separate Schutzeinrichtungen aufgebaut. Bei diesen gibt es auf dem Papier keine Sicherungsgrenze, weil Entschädigungsfälle durch alle Institute der Finanzverbünde gemeinsam verhindert werden sollen. So würde ein kriselndes Institut im Fall der Fälle durch stabilere Nachbarn aufgefangen. Sollten die das nicht allein schaffen, springen regionale und notfalls auch zentrale Sicherungsfonds ein. Die verbindliche Einlagensicherung bis 100.000 Euro gilt für die Sparkassen und Volksbanken ebenso. Wegen der eigenen Institutssicherungen in den beiden Finanzgruppen handelt es sich bei der gesetzlichen Sicherung bei ihnen um eine Rückfalllösung.

Obwohl bisher noch kein Sparkassenkunde Einlagen verloren hat, ist auch der Sparerschutz der deutschen Sparkassen nicht über jeden Zweifel erhaben. Die Beistandsverpflichtung des Sparkassensektors für marode Landesbanken wie die HSH Nordbank könnte ihr bislang so zuverlässiges System verwundbar machen.

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