Warten auf Berlin: Noch traut sich die Fondsgesellschaft KanAm nicht, einen neuen Immobilienfonds aufzulegen. Zuvor muss die Bundesregierung neue Regeln für offene Immobilienfonds absegnen. Mitte Dezember will das Kabinett ein Gesetz beschließen, das im Juli 2013 in Kraft treten soll. KanAm musste den Fonds Grundinvest auflösen, weil zu viele Anleger ihre Anteile auf einen Schlag zurückgeben wollten.
Aktuell sind 13 Publikumsfonds mit 24 Milliarden Euro Vermögen in Auflösung, bei vier weiteren Fonds können Anleger keine Anteile zurückgeben. Für alle gilt: Anleger müssen auf ihr Geld warten.
Immer wieder haben Gesetzgeber und Fondsbranche versucht, die Krise in den Griff zu kriegen – bisher ohne Erfolg. Ende November meldete die DWS, dass sie ihren Immobilien-Dachfonds Immoflex bis April 2015 abwickeln wird. Auch Aberdeen sieht keine Chance mehr für den Degi German Business. Bis November 2015 sollen alle Immobilien verkauft werden.
Das Kapitalanlagesetzbuch soll Abhilfe schaffen. Damit setzt die Bundesregierung eine EU-Richtlinie um. Es könnte der letzte Versuch sein, die Anlageklasse zu retten.
Die wichtigsten Änderungen:
- Anleger können nur noch einmal jährlich Anteile an die Fondsgesellschaft zurückgeben und vier Mal pro Jahr Anteile kaufen. Die Regel folgt der Logik, dass sich illiquides Vermögen wie Immobilien nicht börsentäglich handeln lässt. Insofern ist sie konsequent.
- Fondsimmobilien müssen nicht mehr von drei unabhängigen Gutachtern bewertet werden. Einer reicht, unabhängig muss der auch nicht mehr sein. Die Fonds müssen den Gutachter auch nicht mehr nach fünf Jahren austauschen. „Künftig können Fondsgesellschaften sich ihren Haus- und Hofgutachter bestellen,“ kritisiert Gernot Archner vom Gutachter-Verbandes BIIS.
Diese veränderten Spielregeln gelten allerdings nur für Anteile an offenen Immobilienfonds, die Anleger nach Inkrafttreten des Gesetzes gekauft haben.
Übergangsweise treten zum 1. Januar 2013 Regeln des bereits 2011 beschlossene Kapitalanlegerschutzgesetzes in Kraft:
- Anleger, die Anteile verkaufen wollen müssen mindestens ein Jahr vorher kündigen – egal, wann sie investiert haben.
- Wer ab 2013 investiert, muss seine Anteile mindestens zwei Jahre lang halten.
- Anleger können allerdings pro Halbjahr bis zu 30.000 Euro aus einem Fonds abziehen – unabhängig von Fristen.
Die zwei Jahre Haltefrist und die 30.000 Euro-Regel gelten nur, bis das Kapitalanlagegesetzbuch in Kraft tritt, also wohl bis zum 22. Juli 2013. Sollten die Immobilienfonds in der ersten Hälfte des kommenden Jahres erneut in die Krise geraten, dann kämen Anleger noch schnell an ihre 30.000 Euro.
Offene Immobilienfonds können in der Not wenigstens noch Bürohäuser verkaufen. Geschlossenen Fonds aber sind unternehmerische Beteiligungen, hier drohen der Verlust des Einsatzes und oft noch Rückzahlung von Steuergutschriften. Das Kapitalanlagesetzbuch, das die Fonds erstmals regulieren sollte, hilft hier wenig:
- Die Mindestinvestitionssumme für geschlossene Fonds wurde auf 20.000 Euro festgelegt, ein Limit von 50.000 Euro wurde von der Fondslobby verhindert. Die Gefahr, dass unerfahrene Kleinanleger angelockt werden, besteht weiter.
- Der Anteil des Fremdkapitals an der Finanzierung ist bei 60 Prozent gedeckelt. Für die Branche kein Problem: Weil der Fiskus Steuersparmodelle gekippt hat, machen hohe Schulden keinen Sinn.
- Geschlossene Fond dürfen ihre Immobilien, Flugzeuge oder Schiffe selbst bewerten – ohne die Hilfe eines externen Prüfers.
Bisher war es für Anleger ein Horror, gegen Banken und Fonds zu klagen. Trotz anlegerfreundlicher Urteile in ähnlichen Fällen musste jeder einen teuren Prozess finanzieren. Auch wer Musterverfahren abwarten wollte, musste Klage erheben, damit seine Ansprüche nicht verjährten.
Innerhalb des zum 1. November reformierten Kapitalanleger-Musterverfahrens können Anleger jetzt bei Gericht Ansprüche mit Hinweis auf das Musterverfahren anmelden. So unterbrechen sie die Verjährung. Zwar ersparen sie sich damit nicht einen eigenen Prozess, aber das Gericht kann die Erkenntnisse aus dem Musterverfahren nutzen, um das Verfahren abkürzen. Das spart Kosten, immerhin.