Anleihegläubiger ausgebootet Wie Anleger in die Insolvenzfalle tappen

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Schnelldurchgang bei Solarwatt

Solarwatt

Anleiheemission, Insolvenzverfahren, Sanierung: Solarwatt hat alles im Schnelldurchgang gemacht. Nicht mal eineinhalb Jahre nach dem Anleihe-Börsengang eröffnete das Amtsgericht Dresden am 1. August die Insolvenz, seit November wird das von Solarwatt herzig „Sonnenanleihe“ getaufte Papier nicht mehr gehandelt.

Solarwatt-Großaktionär (vor der Pleite mit 36,3 Prozent) ist der BMW-Erbe Stefan Quandt. Weil er sich mit den übrigen Aktionären nicht auf eine Kapitalerhöhung für das von der Solarkrise getroffene Unternehmen einigen konnte, nutzte Solarwatt als eines der ersten Unternehmen das neue Gesetz. Angesichts der Tatsache, dass zu den Gesellschaftern so finanzstarke Investoren wie Quandt und eine Tochter der Bank Sarasin gehörten, fragten Anlegerschützer der SdK im „Schwarzbuch Börse“, „warum hier überhaupt die Anleiheinhaber zur Sanierung des Unternehmens herangezogen werden müssen“.

Am Ende nahm Quandt fünf Millionen Euro in die Hand, gab weitere fünf Millionen Kredit bis Ende 2018 und bekam dafür das ganze Unternehmen. Ob das ein gutes Geschäft für ihn war, wird sich zeigen.

Praktiker

Fest steht aber schon jetzt, dass die Banken – Postbank, IKB und wieder DKB – gut davonkommen. Sie verzichteten nicht, sondern setzten nur die Tilgung der Kredite aus. Dass sie bei einer regulären Insolvenz ebenso glimpflich davongekommen wären, ist längst nicht ausgemacht. Für Banken war die Sanierung „ein Geschenk des Himmels“, so die SdK. Die Anleihesparer seien sie los, die Chance auf Rückzahlung ihrer Kredite steige deutlich.

Kanzlei Görg

Doppelt gut im Geschäft war bei Solarwatt die Kanzlei Görg. Sie hatte im November 2010 die Bondemission mit sieben Anwälten „vollumfänglich begleitet“, dazu gehörte auch das Schreiben des 235 Seiten starken Emissionsprospekts. Nach der schnellen Pleite waren die Anwälte noch drin im Thema – und bekamen ein Mandat im Schutzschirmverfahren. Wieder fanden sieben Görg-Anwälte Beschäftigung.

Den Insolvenz- und Anleihespezialisten wird die Arbeit nicht ausgehen, die nächsten Problemfälle für Anleihesparer deuten sich bereits an. Die Gläubiger des Baumarktkonzerns Praktiker etwa haben bereits vorsorglich einen gemeinsamen Vertreter gewählt. 2012 war das Unternehmen knapp an der Pleite vorbeigeschrammt. Praktiker plante schon mal, weniger Zins auszuzahlen.

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