Man kann die Nachricht drehen und wenden, wie man will - für Anleger bleibt ein fader Beigeschmack: Die Auslandstochter des Lakritz-Herstellers Katjes, Katjes International, will eine neue Anleihe begeben und mit dem Geld die alte frühzeitig ablösen. Für Anleger setzt sich nach Dürr, Helma und Nabaltec damit ein ärgerlicher Trend fort: Mittelständische Unternehmen mit Hochzinsanleihe zahlen für Anleger rentierliche Bonds frühzeitig zurück. Vielen ist das erlaubt: Sie nutzen ein Schlupfloch im Wertpapierprospekt, der oft eine vorzeitige Rückzahlung zu festen Terminen regelt.
Anleger, die die Anleihe womöglich zu einem Kurs über 100 Prozent an der Börse gekauft haben, können so sogar Geld verlieren – denn ihre Rendite hatten sie zum Zeitpunkt des Kaufes bis zum Ende der Laufzeit kalkuliert. Sparer sind also gelackmeiert, wenn sie Bonds zu weit über 100 Prozent kaufen - und ihre Rendite davon abhängt, dass erst am Ende der Laufzeit 100 Prozent zurückfließen. Damit das nicht passiert, lohnt sich ein kurzer Blick in den Prospekt. Dort suchen Anleger nach dem Stichwort „call“, dem Fachwort für die vorzeitige Kündigung.
Was Investoren für die lukrativste Geldanlage halten
Das Meinungsforschungsinstitut Forsa befragt einmal jährlich im Auftrag von pro aurum die Deutschen nach ihren Anlagestrategien. Hier die Ergebnisse vom Juni 2015 - im Vergleich zu den Vorjahren. Zuerst wurden den Bürgern fünf Geldanlagen genannt, mit der Bitte, anzugeben, welche davon aus ihrer Sicht derzeit am besten als langfristige Geldanlage mit mindestens drei Jahren Laufzeit geeignet ist.
Gold platziert sich zum fünften Mal in Folge an erster Stelle, diesmal allerdings deutlicher vor Aktien, die seit 2011 Zuwächse erzielten, aber aktuell in der Anlegergunst gesunken sind: 30 Prozent der Bürger würden sich heute für Gold entscheiden, weil sie vermuten, dass diese Anlage nach mindestens drei Jahren Laufzeit im Vergleich zu den vier anderen Geldanlagen den meisten Gewinn bringt. Gold konnte somit um zwei Prozentpunkte zulegen.
Nur noch 23 Prozent halten Aktien für besonders lukrativ, wenn es um langfristige Geldanlagen geht. Im Vorjahr hatte dieser Wert mit 27 Prozent offenbar einen Gipfel erreicht.
Es folgen Fondsanteile mit zwölf Prozent. Fonds sind in der Gunst der Anleger wieder leicht gegenüber dem Vorjahr gestiegen. 2013 hatte dieser Wert mit 13 Prozent noch ein Hoch erreicht, war aber 2014 auf elf Prozent zurückgefallen.
Fest- beziehungsweise Termingeld hielten sieben Prozent der Befragten für die lukrativste langfristige Geldanlage. Seit 2011 ist diese Anlageklasse deutlich ins Hintertreffen geraten, damals glaubten noch 22 Prozent der Befragten, Termin- und Festgelder würden auf drei Jahre betrachtet den meisten Gewinn abwerfen.
Drei Prozent nannten Anleihen als aussichtsreichste Anlageklasse, im Vorjahr waren es nur zwei Prozent. Anleihen spielen somit für Privatanleger praktisch keine Rolle. Ernüchternd: Knapp jeder vierte Bürger (24 Prozent) kann nicht sagen, welche dieser Anlagen am besten geeignet wäre, um langfristig möglichst viel Gewinn zu erzielen. Die Angaben "weiß nicht" oder "keine davon" kamen bereits in den Vorjahren ähnlich häufig vor.
Am Beispiel Katjes zeigt sich die Krux des Mittelstandsanleihemarktes: Kein Unternehmen zahlt freiwillig Maxikupons. Hochprozenter emittieren Unternehmen immer dann, wenn sie aktuell keine guten Karten bei Banken haben. Viele Unternehmen gehen später Pleite. Brummt ihr Geschäft wider Erwarten wieder, kommen Banker angekrochen und bieten attraktivere Konditionen als der Anleihemarkt an. Gekniffen sind die Anleger.
Statt sieben nur noch 5,5 Prozent Zinsen
Bei Katjes aber sieht es allerdings nicht danach aus, als ob Banken bessere Konditionen geboten hätten: Noch Ende April hatte die Nachrichtenagentur Reuters gemeldet, dass der geschäftsführende Gesellschafter Tobias Bachmüller gesagt habe, dass das Management die vorzeitige Rückzahlung der im Juli 2016 auslaufenden Anleihe wegen der niedrigen Zinsen prüfe. Die Rückzahlung sollte demnach über einen syndizierten Kredit, eine neue Anleihe oder ein Schuldscheindarlehen erfolgen. Dass Katjes nun mit einer Anleihe kommt, ist da kein gutes Zeichen: Denn in der Regel sind Schuldscheindarlehen für Unternehmen deutlich billiger als eine Mittelstandsanleihe.
Anleger sollten daher vorsichtig sein. Denn erstens bietet Katjes für die neue Anleihe weniger Zinsen – nur noch 5,5 bis 5,875 Prozent statt 7,125 Prozent wie bislang. Und zweitens hat die Ratingagentur Creditreform das Katjes-Rating im April von BB+ auf BB gesenkt. Das liegt nicht mehr im Investmentbereich. Zugute halten kann man Katjes, dass sich die Anleihe an der Börse bislang immer wacker geschlagen hat und sie immer über 100 Prozent lag. Das spricht dafür, dass Katjes jetzt kein Problem haben dürfte, die nötigen Millionen einzusammeln. Immerhin dürfte die alte Anleihe also nicht ausfallen, so wie viele andere Bonds namhafter mittelständischer Unternehmen wie Windreich oder Zamek.
Der Markenname Katjes zieht
Zu denken gibt allerdings, dass der schon sportlich verschuldete Konzern seine Schulden bei Anlegern mit der neuen Anleihe noch ausweiten will. Mindestens will Katjes nun 45 Millionen Euro einsammeln, um die alte Anleihe abzulösen - gerne aber auch bis zu 60 Millionen. Mit dem überschüssigen Geld will Katjes sein weiteres Wachstum finanzieren, Unternehmen kaufen oder auch Darlehen an Tochtergesellschaften vergeben. Im September hatte Katjes zuletzt den Forchheimer Schokolinsen-Hersteller Piasten mit 400 Mitarbeitern und einem Umsatz von 92 Millionen Euro erworben. Vorsicht: 2014 summierten sich latente Steuerschulden bei Katjes auf 13,4 Millionen Euro. Die Gesamtschulden lagen mit 139,4 Millionen Euro nur knapp unter dem Umsatz von Katjes. Das ist viel.
Bachmüller hält zehn Prozent an Katjes International, der andere geschäftsführende Gesellschafter Bastian Fassin hält 90 Prozent. Besichert werden soll die neue Anleihe mit Gesellschaftsanteilen, etwa an der Katjes France GmbH. Dass solche Anteile in einer Insolvenz an Wert verlieren können, zeigt aktuell das traurige Beispiel der MS Deutschland. Deren Anleihe war mit dem ZDF Traumschiff besichert, der Insolvenzverwalter hat das Schiff nun verkauft. Über Details des Verkaufs wurde Stillschweigen vereinbart, vermutlich aber dürften Anleger nicht ihr volles Kapital zurückerhalten.
Katjes International hat lange maue Zahlen veröffentlicht. Zumindest die aktuelle Zahlen lassen nun auf bessere Zeiten hoffen: Katjes International setzte 2014 rund 146 Millionen Euro um (Vorjahr: 131). Das operative Ergebnis (Ebitda) stieg auf knapp 50 Millionen Euro (15,8). Als Gründe für den Sprung nannte Bachmüller Reuters den Zukauf Piasten sowie eine Ergebnissteigerung bei der französischen Tochter Lutti und sinkende Zuckerpreise. Letztere jedoch können auch schnell wieder steigen. Die Eigenkapitalquote konnte Katjes International zwar steigern, sie lag Ende 2014 bei 22,1 Prozent. Solide wären allerdings eher 30 Prozent.
Immerhin: 2015 peilt Katjes International nach der Konsolidierung von Piasten einen Umsatz von 205 bis 215 Millionen Euro an. Die operative Umsatzrendite (Ebitda-Marge) soll sieben bis acht Prozent erreichen.
Doch Achtung: Läuft es runder, könnte auch die neue Anleihe gekündigt werden. Katjes darf die Anleihe beispielsweise vom 15. Mai 2018 bis 15. Mai 2019 zu 102 Prozent des Nominalbetrages zurückzahlen, später zu 101. Selbst eine teilweise Kündigung ist möglich - in Schritten von mindestens fünf Millionen Euro und bis zu einem verbleibenden ausstehenden Volumen von 30 Millionen.
Fazit: Wer auf die Kraft des Markennamens Katjes setzt, der durchaus Investoren anzieht und einen unsicheren Schuldner so sicherer macht, kann die neue Anleihe zeichnen. Wer eher ein Zahlenmensch ist, lässt jedoch lieber die Finger davon.