Apple Rekordgewinne reichen nicht

Noch nie verdiente Apple in einem Quartal so viel Geld. Weil der Verkauf von iPhones schwächelt, reagiert die Börse aber schockiert. Zurecht? Eine Analyse, ob sich die Aktie für Anleger noch lohnt.

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Rekordgewinn im Weihnachtsquartal - trotzdem liegt die Apple-Aktie am Boden. Quelle: REUTERS

Apple, an der Börse wertvollster Konzern der Welt, hat am Dienstagabend in den USA nachbörslich die mit Spannung erwarteten Zahlen für das erste Quartal des Geschäftsjahres 2016 (Oktober bis Dezember 2015) vorgelegt.

Trotz des Rekordgewinns von 18,4 Milliarden Dollar reagierten Anleger enttäuscht und schickten die Aktie auf Talfahrt: In Frankfurt rutschte sie zum Mittag um mehr als drei Prozent nach unten.

In den vergangenen Monaten hatte Apple an der Börse bereits rund 200 Milliarden Dollar an Wert verloren. Die Reihen der Apple-Zweifler bekommen nun ungebremst Zulauf: Die neuen Zahlen sowie die Aussagen von Apple-Chef Tim Cook gestern in Cupertino dazu konnten ihre Bedenken nicht ausräumen: Was, wenn die Wachstumsgrenze bei teuren Smartphones jetzt erreicht ist?

Die wertvollsten Konzerne der Welt
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Denn Apple ist wie kein anderer Konzern abhängig vom Erfolg seiner teuren Smartphones (iPhone).
Von dem, je nach Modell, rund 700 bis zu 1100 Euro teuren Handy hängen mehr als zwei Drittel des Umsatzes und gut drei Viertel des Apple-Gewinns ab. Ein neuer Kassenschlager, der das iPhone als Umsatz- und Gewinnmaschine auf absehbare Zeit ersetzen oder wenigstens unterstützen könnte, ist nirgendwo in Sicht.

Zwar ist der Dienstagnacht verkündete Quartalsgewinn von 18,4 Milliarden Dollar ein neuer Bestwert. Doch Anleger bangen vor einer weniger glänzenden Zukunft.



Erstmals verkaufte Apple zwischen Oktober und Dezember nicht nennenswert mehr iPhones als im Quartal davor. Für das bereits laufende Quartal erwarten die meisten Analysten gar zum ersten Mal seit der Erfindung des iPhones einen leichten Rückgang.

Das iPhone büßt offenbar weltweit an Strahlkraft ein. Im vergangenen Quartal verkauften die Kalifornier gerade mal 74,8 Millionen Stück davon, das sind nur 300.000 mehr als im Vergleichsquartal des Vorjahres: de facto Nullwachstum. Das räumte auch Cook gestern Abend ein: Im kommenden Quartal rechne man zum ersten Mal in der Firmengeschichte mit einem leichten Rückgang der iPhone-Verkäufe.

Auch der Umsatz blieb mit 75,9 Milliarden Dollar klar unter den Erwartungen der Anleger und Analysten. Der Gewinn je Aktie konnte dagegen mit 3,28 Dollar die Erwartungen der Börse einigermaßen erfüllen.



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Doch es sind die mittel- und langfristigen Aussichten, die Anleger in Scharen auf die Verkäuferseite bei der Aktie laufen ließen: „Was, wenn der Weltmarkt für 1000 Dollar teure Smartphones allmählich gesättigt ist?“, formuliert Analyst Timothy Arcuri von der Investmentbank Cowen & Co in San Francisco die Hauptsorge.
Ein Ersatz für die Gewinnmaschine ist nirgendwo in Sicht. Ein Kandidat wäre jedoch das Apple-Auto.

Apple-Aktie ist günstig zu haben

Doch Gerüchte, wonach es bei der Entwicklung marktreifer selbstfahrender Elektroautos immer wieder herbe Rückschläge gibt, reißen nicht ab. Das Tablet iPad, mit großen Hoffnungen gestartet, hat sich als zu schwach erwiesen, um ein zweites Standbein zu werden; ebenso kleinere Produkte wie die Apple-Watch.

Sie verkaufen sich ordentlich, können aber Schwächen beim iPhone nicht kompensieren. Apples Dienste, wie Music und Pay, sind ebenfalls kein Ersatz für das darbende Brot- und Buttergeschäft. Sie bringen bestenfalls einstellige Milliardenumsätze und dienen ohnehin mehr der Kundenbindung: Mit möglichst vielen bequemen Apple-eigenen Apps sollen Kunden dazu gebracht werden, auch das nächste teure iPhone zu bestellen und nicht etwa ein Modell der Konkurrenz.

Apple-Produkte, die leider nie entstanden
In seinem Buch "Genial Einfach" berichtet Hartmut Esslinger von seiner Zusammenarbeit mit Steve Jobs und wie dieser das Potential des Designs erkannte. Das Buch zeigt hunderte Skizzen und Bilder von den Ursprüngen der Designs. Im Folgenden eine kleine Übersicht. Hier im Bild: Der Charme von 1982 spricht aus dieser Macintosh-Studie, die aus Faserstoffplatten gebaut wurde.© Hartmut Esslinger & frog team Quelle: Presse
Diese Studie zeigt das MacBook 1, wie die Designer es sich 1982 vorstellten. Es erscheint aus heutiger Sicht als ein ziemlich dicker Brummer - im Vergleich zu anderen tragbaren Computern der Achtziger ist es aber schon ein zartes Pflänzchen.© Hartmut Esslinger & frog team Quelle: Presse
Waren Computer damals meist in einem Grau-Beige-Ton gehalten, entstand ab 1982 in der Zusammenarbeit zwischen Steve Jobs und Hartmut Esslinger das neue, moderne Farb- und Designkonzept "Snow White" (der englische Name des Märchens "Schneewittchen"). © Hartmut Esslinger & frog team Quelle: Presse
Der Entwurf des Apple IIc von 1983 erinnert noch stark an eine Schreibmaschine. Bei diesem Modell wurde erstmals das neue Weiß eingesetzt, was den Computer kompatibler für Wohnräume machen sollte. © Hartmut Esslinger & frog team Quelle: Presse
Schlanker kommt da schon dieser Entwurf des Macintosh SE von 1983/84 daher. Die Vision eines modernen Keyboards und der Maus zur Eingabe.© Hartmut Esslinger & frog team, Foto: Dietmar Henneka Quelle: Presse
Mobiltelefone waren in den 80er Jahren noch halbe Telefonzellen. Wie unpraktisch, dachte sich schon damals das Apple-Design-Team, und entwarf 1983 etwa diese frühe Version eines Klapp-Handys.© Hartmut Esslinger & frog team Quelle: Presse
Eine frühe Vision eines Tablet-Macs. Dieses Design stammt von 1982. Die Bedienung sollte über einen großen, klobigen Eingabestift funktionieren.© Hartmut Esslinger & frog team Quelle: Presse

Diese Rechnung dürfte zwar weiter aufgehen; Apples größtes Asset ist die im Vergleich zu anderen Handyherstellern extrem loyale Kundenbasis. „Die große Frage ist, ob diese Basis weiter wachsen kann“, sagt Analyst Alex Gauna von JP Morgan Securities in San Francisco. Apple-Chef Cook war am Dienstagabend sichtlich bemüht, Zuversicht in dieser Hinsicht zu verbreiten.

Wichtigster Markt ist inzwischen China; dort gehe man durch eine „vorübergehende konjunkturelle Schwäche“, so Cook, die Apple, ebenso wie alle anderen westlichen Hersteller treffe. Die Abwertung der chinesischen Währung der vergangenen Wochen macht die iPhones zudem teuer im Vergleich zu den Geräten der chinesischen Handyhersteller.



Cook gab sich jedoch überzeugt, dass sich das China-Geschäft im laufenden Jahr stabilisieren werde. Die Mittelschicht des Landes wachse nach wie vor und eine bessere Netzabdeckung mit dem modernen Mobilfunkstandard G4 mache teure leistungsfähige Smartphones wie das iPhone wieder attraktiver, so Cook.

Anleger sollten die Aktie nun aber im Auge behalten; dass Apple in absehbarer Zeit einen katastrophalen Gewinneinbruch erleidet, ist ebenso extrem unwahrscheinlich wie eine Rückkehr zu hohem zweistelligen Wachstum.

Irgendwann 2016 wird auch der Verkaufsdruck auf der Apple-Aktie nachlassen und schließlich zum Erliegen kommen. Zieht man die immensen Cash-Bestände Apples vom Börsenwert ab, nähert sich das Kurs-Gewinn-Verhältnis der Kalifornier basierend auf den Gewinn-Schätzungen für das laufende Jahr inzwischen der 7. Bei allen Zukunftssorgen: das ist zu billig.

Allerdings fehlt noch die letzte Runde des Apple-Ausverkaufs. Zu viele große Fonds zögern noch mit Verkäufen; bisher sind im Wesentlichen kurzfristig orientierte Anleger wie Hedgefonds ausgestiegen. Auf rund 80 Dollar könnte die Aktie bei anhaltend schlechten Nachrichten durchaus noch fallen. Spätestens dann dürfte Apple aber wertorientierte Anleger anlocken.

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