Es knirschte, es knackte, es prasselte: Mehr als 100 Millionen Sonnenblumenkerne hatte er ausschütten lassen, kniehoch verteilt auf einer Fläche von tausend Quadratmetern, mitten in der Eingangshalle des Museums Tate Modern. „Sunflower Seeds“ lautete der prosaische Titel der Arbeit, die Ai Weiwei im Oktober 2010 in Londons Ausstellungshalle am Südufer der Themse installierte. Keine echten Sonnenblumensamen – sondern naturgetreue Nachbildungen aus Porzellan. Zwei Jahre hatten mehr als 1000 professionelle Porzellanmacher aus einem südchinesischen Dorf an den Kernen gearbeitet, jeden einzeln geformt, gegossen, gebrannt, bemalt und wieder gebrannt. Zwei oder drei habe er selbst bemalt, sagt Ai, „aber nicht besonders gut“. Doch darauf kommt es dem 54-jährigen Chinesen auch nicht an. Er will nicht Kunst von überwältigender Schönheit schaffen. Sondern aufmerksam machen auf gesellschaftliche Missstände – etwa die Billigproduktion in seiner Heimat.
Art Report - Wer 2011 die größten Sprünge gemacht hat
Der chinesische Künstler, der hauptsächlich im Bereich Installationen arbeitet, verbesserte sich um 311 Plätze im Vergleich zum Vorjahr.
Die Fotografin aus den USA verbesserte sich um 1025 Plätze.
Der isländische Performance- und Multimedia-Artist verbesserte sich um 1249 Plätze.
Der aus der Ukraine stammende Fotograf verbesserte seine Position um 1126 Plätze.
Der Deutsche Mixed-Media Künstler springt 927 Plätze nach oben.
Der US-amerikanische Maler und Bildhauer verbesserte sich um 710 Plätze gegenüber dem Vorjahr.
Der 2003 verstorbene Amerikaner, setzte sich in seinem Werk hauptsächlich mit der Bildhauerei auseinander. Er gilt als Vertreter des Minimalismus. Seine Wertung im Art Report verbesserte sich um 2534 Plätze.
Die im Jahr 20120 verstorbene französisch-amerikanische Bildhauerin, die sich unter anderem mit Installationen auseinandersetzte, verbesserte ihre Position um 91 Plätze.
Der spanische Installations- und Medienkünstler verbesserte seine Platzierung um 3925 Plätze.
Die aus Lettland stammende US-amerikanische Zeichnerin, Malerin und Grafikerin verbesserte sich um 1092 Plätze.
Ai forderte die Besucher auf, ihre Reaktionen auf seine Kern-Botschaft per Twitter in die Welt zu tragen. Und ihre Fragen an den Künstler auf Video aufzuzeichnen. „Kunst“, sagt Ai Weiwei, „ist vor allem Kommunikation.“ Das kommt an – bei Kuratoren und Sammlern. Und schlägt sich auch auf die Preise nieder: „Rezessions- und Inflationsängste lassen viel Geld in den Kunstmarkt fließen“, sagt Art-Report-Autor Manfred Schumacher. Das gilt inzwischen auch für die Werke Ais: Der politische Trubel und die vielen Ausstellungen haben die Preise für seine Arbeiten weiter in die Höhe schnellen lassen. Im Februar 2011 fand ein 100-Kilogramm-Haufen der Porzellankerne den Weg ins Auktionshaus Sotheby’s. Und erzielte – als eine von neun Mini-Nachbildungen der Original-Installation – einen Preis von 415 000 Euro. Der Materialwert lag geringfügig darunter: bei rund vier Euro.