Automatisierte Vermögensberatung Was die Geldanlage auf Knopfdruck kann

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Automatisierte Anlageberatung steckt noch in den Kinderschuhen

Noch stecken viele der Robo-Angebote in den Kinderschuhen. „In ein paar Jahren werden wir technisch 90 Prozent davon abdecken, was ein guter menschlicher Berater heute kann. Im Moment liegt unser Algorithmus vielleicht gerade erst bei 15 Prozent“, so Ginmon-Chef Reiner. Eine umfassende Beratung, die auch steuerliche Aspekte oder Nachlassfragen einschließt, gibt es bisher beispielsweise aber noch überhaupt nicht.

„Wer die digitalen Berater in Anspruch nimmt, muss sich darüber im Klaren sein, dass er damit einem Patienten ähnelt, der sich in der Apotheke Rat holt, statt seinen Hausarzt aufzusuchen“, sagt Ian McKenna, Direktor des Finance & Technology Research Centre in London. In Deutschland will das ein Anbieter ändern und geht jetzt Vermögende an.

Liqid hat nicht nur kampferprobte Risikokapitalgeber wie Springer oder die Otto-Gruppe, sondern die Branchengrößen der alten Bankenwelt hinter sich. Liqid arbeitet mit dem Investment-Know-how der Vermögensverwaltung der Familie Harald Quandt.

Liqid will ab Juni ins Geschäft mit der Geldanlage für Betuchtere einsteigen: Ab 100.000 Euro sind Kunden bei den Berlinern dabei, die dafür deren Risikoneigung mittels eines mit den Universitäten Zürich und St. Gallen entwickelten Frage-Algorithmus ermitteln. Wie die anderen Anbieter auch, bieten sie Depots auf Basis börsengehandelter Fonds an, die sich automatisch an das vorgegebene Risikoprofil des Kunden anpassen: Sind etwa Aktien zu stark gestiegen, wird ihr Anteil reduziert.

Interessant wird das Liqid-Modell ab 250.000 Euro; dann mischen die Berliner bis zu 30 Bauteile aus sechs Anlageklassen: Aktien, Anleihen, Industrierohstoffe, Gold, Hedgefonds, Geldmarkt. Das kostet: 0,9 Prozent des Depotwertes pro anno als Verwaltungspauschale plus rund 0,8 Prozent an Produktgebühren; wer Liqid 500.000 Euro anvertraut, zahlt im Jahr etwa 8500 Euro Gebühren – etwas weniger als bei einer klassischen Privatbank, aber kein Billigangebot mehr.

Dennoch würden „in den nächsten Jahren weltweit 80 bis 100 neue Player wie Liqid und Scalable an den Start gehen“, sagt Michael Mellinghoff, Director von Techfluence in London, einem Brutkasten für Fintechs. Die Banken verdienen wegen der Nullzinsen kaum noch Geld außerhalb der Vermögensverwaltung. „Robo-Advisor versprechen Wachstum, vor allem mit solventeren Kunden“, so Mellinghoff.

Nutmeg-Gründer Nick Hungerford ist die Solvenz erst einmal egal, er zielt sogar auf nicht geschäftsfähige Kunden ab: „In zehn Jahren kann man sich vorstellen, dass wir etwa durch Twitter erfahren, dass jemand im Freundeskreis des Kunden schwanger ist. Dem künftigen Taufpaten schlagen wir dann ein Fondsprodukt für das Baby vor.“ Statt wie früher zwei Banksparbücher haben Neugeborene dann zwei Fonds, die der Algorithmus im besten Falle bis ans Lebensende steuert.

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Transparenzhinweis: An dem im Artikel erwähnten Unternehmen Liqid ist die DvH Ventures beteiligt. Die Handelsblatt Media Group ist Teil der DvH Medien, zu der auch DvH Ventures gehört.

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