Ralf Berndt, Vorstand der Stuttgarter Versicherung, liegt das Wohl der Verbraucher am Herzen. Anlageberater, die nicht ausreichend qualifiziert seien, sagte er bei einer Podiumsdiskussion in Leipzig, müssten „aus der Branche gedrückt werden“. Richtig. Berndt will die Forderung aber offenbar nur auf Wettbewerber angewandt wissen: Denn für den Finanzdienstleister BCA, an dem die Stuttgarter Versicherung beteiligt ist und bei dem Berndt im Aufsichtsrat sitzt, sind möglicherweise Berater tätig, die nicht über die gesetzlich vorgeschriebene Qualifikation verfügen.
Ein Fall für die Finanzaufsicht BaFin.
An BCA sind neben der Stuttgarter auch die Barmenia, die Signal Iduna, der Volkswohl Bund und die Ideal Lebensversicherung beteiligt. Zum Konzern gehören mehrere Gesellschaften, die Dienstleistungen für Makler und Anlageberater anbieten. Makler sind selbstständige Berater, die Kunden, anders als etwa Versicherungsvertreter, Produkte verschiedener Anbieter verkaufen können. Der BCA-Konzern ist mit 10 000 Beratern und einem Vertriebserlös um die 50 Millionen Euro eine der größten Finanzmaklerorganisationen („Maklerpool“) hierzulande.
Den Versicherern Kopfschmerzen bereiten könnte die Bank für Vermögen (BfV) – eine Wertpapierhandelsbank, der sich Anlageberater anschließen können. Sie treten ihren Kunden gegenüber wie Bankangestellte auf und vertreiben deren Produkte. Formal bleiben sie aber selbstständig. Im Gegenzug haftet die Bank für sie – die Berater gehen unter das „Haftungsdach“ der Bank, wie es im Fachjargon heißt.
Seit November 2012 müssen Berater jedoch nachweisen, dass sie Fachwissen haben, bevor sie auf Kunden losgelassen werden. Das macht es schwieriger, neue Produktverkäufer zu finden. Die Anforderungen könnten „von etlichen Bewerbern nicht erfüllt werden“, sagt Sebastian Grabmaier, Vorstand des Finanzvertriebs Jung, DMS&Cie.
Als qualifiziert gelten Anlageberater nur noch, wenn sie eine IHK-Prüfung bestanden oder eine Ausbildung, etwa als Bankkaufmann, absolviert haben. Ein gleichwertiger Uni-Abschluss tut es auch. Zudem kann die Sachkunde „in anderer geeigneter Weise“ nachgewiesen werden. Dieser Gummiparagraf sollte laut Nero Knapp, Geschäftsführer des Verbands unabhängiger Vermögensverwalter, allerdings nur ausnahmsweise angewendet werden – und diese Ausnahmen müssten gut begründet werden.
Ausgenommen sind auch „alte Hasen“ – Berater, die bis spätestens Mai 2013 nachgewiesen hatten, dass sie über sechs Jahre ununterbrochen in der Anlageberatung für ein von der BaFin reguliertes Unternehmen tätig waren. Berufserfahrung zählt also nur, wenn diese in einem überwachten Institut gesammelt wurde. Ahnungslose Vermittler sollten so aus dem Markt gespült werden – ganz so, wie Stuttgarter-Vorstand Berndt es sich wünscht.
Nur interessiert das die Bank für Vermögen offenbar nicht. Ein BfV-Sprecher beteuert zwar, die Berater der Bank wären ausreichend qualifiziert. Doch was qualifiziert ist, definiert die BfV recht eigenwillig: Qualifikation werde etwa „in anderer geeigneter Art und Weise“ durch die bisherige Anbindung an einen Maklerpool nachgewiesen, so die Bank.