Das Niedrigzinsniveau im Euroraum wird nach Einschätzung der deutschen Finanzaufsicht Bafin zunehmend zur Belastung für Banken und Bausparkassen. Bleibe das Zinsniveau so niedrig, werde „die Branche weiter gegensteuern müssen und über neue Lösungen und andere Geschäftsmodelle nachdenken müssen“, sagte die Präsidentin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), Elke König, bei einer Bankentagung der „Börsen-Zeitung“ am Mittwoch in Frankfurt mit Bezug auf Bausparkassen.
So funktioniert Bausparen
Bausparer sammeln zunächst ihr Guthaben an. Bei Verträgen, die für eine spätere Finanzierung gedacht sind, ist die Verzinsung nicht so wichtig und auch häufig schlechter als bei den besten Banksparplänen. Die Sparphase läuft mindestens so lange, bis der Kunde das Mindestguthaben erreicht hat.
Wenn der Bausparer das vereinbarte Mindestguthaben angespart, die abhängige Bewertungszahl erreicht und die Mindestwartezeiten eingehalten hat, ist der Vertrag zuteilungsreif. Dann kann der Kunde die Bausparsumme (Sparguthaben plus Bauspardarlehen) für die Finanzierung nutzen.
Der Kunde zahlt für den Kredit einen bei Vertragsschluss bereits vereinbarten Zinssatz. Die monatliche Rückzahlung des Darlehens wird auch Tilgungsrate genannt und fast immer in Promille der Bausparsumme aus gewiesen. Es ist schon bei Vertragsabschluss daher auf eine angemessene Ratenhöhe zu achten.
"Die Medizin, die die EZB den Banken und den Staaten verabreicht hat, um sie zu stützen, hat wie jede Medizin Nebenwirkungen“, stellte König fest. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den ohnehin schon extrem niedrigen Leitzins im Euroraum im Mai 2013 auf 0,5 Prozent gesenkt. Seither verharrt der Zins auf diesem Rekordtief. Bausparkassen haben damit zu kämpfen, dass Kunden Altverträge mit vergleichsweise hohen Guthabenzinsen weiter besparen, teilweise ohne die zuteilungsreifen Kredite abzurufen. Für die Bausparkassen ist das ein Klotz am Bein, denn im Niedrigzinsumfeld haben sie bei den derzeit extrem niedrigen Zinsen Schwierigkeiten, die versprochenen Renditen zu erwirtschaften. Deswegen gehen haben einige Anbieter damit begonnen, Altvertragskunden in neue Verträge umzuschichten oder die hochverzinsten Altverträge sogar zu kündigen. Das Problem hat die Branche aber auch dadurch selbst geschaffen, weil einige Anbieter Bausparverträge vor einigen Jahren als renditeträchtiges und solides Sparvehikel angepriesen haben. Nun reagieren derart geköderte Kunden ohne große Ambitionen auf einen Immobilienkauf zu recht verschnupft.
Besondere Risiken sieht die Bafin vor allem bei einem schnellen Ende der historisch bislang einmaligen Niedrigzinsphase - allerdings für die gesamte Bankenbranche. Für Banken sei es wichtig, „dass die Institute genug Eigenkapital haben, um die Risiken auch aus dem Zinsänderungsrisiko abfedern zu können“, sagte König. Das Thema werde auch beim anstehenden Bilanzcheck der Europäischen Zentralbank (EZB) auf der Agenda stehen. Die EZB soll im November 2014 die Aufsicht über die größten Banken im Euroraum übernehmen. Vorher wollen EZB und nationale Aufseher die Bilanzen von 124 Bankkonzernen durchleuchten. Zudem ist ein Stresstest in Vorbereitung.
Gegen die Darstellung, dass Kundengelder durch die schwierige Marktsituation gefährdet sein könnten, wehrt sich die Branche. In einer aktuellen Stellungnahme räumt der Verband der Privaten Bausparkassen zwar eine Belastung auf der Ertragsseite ein, hält aber in punkto Stabilität der Branche dagegen. Bausparkassen lebten schließlich nicht auf einer Insel der Seligen. „Selbstverständlich sind auch sie herausgefordert, dem entgegenzusteuern. Ihr Geschäft war, ist und bleibt aber solide und zukunftssicher“, lässt Verbandschef Andreas Zehnder verlauten.
Anbieter müssen Risiken durchspielen
Bestätigt sieht sich der Verband in diesem Urteil durch das Ergebnis einer umfassenden Umfrage der Bankenaufsicht zum Zinsrisiko und zur Ertragslage der Bausparkassen im Herbst 2012. Dabei wurde gefragt, welche Auswirkungen es hätte, wenn die Niedrigzinsphase noch 20 Jahre andauern würde. Gefragt wurde zudem, ob die Bausparkassen auch einen sprunghaften Anstieg der Zinsen – und zwar um fünf Prozentpunkte innerhalb von zwei Jahren – bewältigen können. Nach Angaben des Verbands wären alle Bauspar-Anbieter einem solchen Szenario gewachsen. „Trotzdem käme auch dann durch die vorhandenen Steuerungsmöglichkeiten keine Bausparkasse in wirkliche Nöte“, stellte Zehnder in einer Mitteilung klar.
Die zehn häufigsten Fehler bei der Baufinanzierung
Vielen Bauherren wird zum Verhängnis, dass sie zu wenig eigenes Kapital für den Immobilienkauf angespart haben. 20 bis 30 Prozent Eigenkapital in der Baufinanzierung sollten es mindestens sein. Wer vermieteten Wohnraum kauft, sollte sich nicht von Finanzberatern überreden lassen, möglichst viel über Kredit zu finanzieren, um Steuern zu sparen. Das ist unsinnig, denn das Finanzamt zahlt maximal die Hälfte der Zinsen zurück.
Baugeld über 15 Jahre kostet derzeit etwa 3,0 Prozent pro Jahr. Wer baut oder kauft, sollte die Niedrigzinsen nutzen, um mehr zu tilgen. Ein Beispiel: Ein Bauherr nimmt 200.000 Euro zu 3,0 Prozent über 15 Jahre auf. Nach Ende der Zinsbindung steigt der Zins auf 5,0 Prozent. Tilgt er 2,0 Prozent pro Jahr ist er nach 28 Jahren und zehn Monaten schuldenfrei. Bei einer Tilgung von 1,0 Prozent pro Jahr dauert es 40 Jahre und acht Monate. Je länger die Baufinanzierung läuft, desto mehr Zinsen zahlt der Kreditnehmer.
Nicht alle Kosten, die die Bank für einen Baukredit berechnet, sind im effektiven Jahreszins enthalten. Einige Banken berechnen beispielsweise Bereitstellungszinsen, wenn das Darlehen bewilligt ist, aber nicht abgerufen wird, andere verzichten darauf. Diese Nebenkosten verteuern den Kredit. Wer diese Extras übersieht, schließt möglicherweise ein schlechteres Angebot ab.
Wer ein Haus baut oder eine gekaufte Immobilie saniert, muss immer mit bösen Überraschungen rechnen. Meist liegen die Baukosten höher als ursprünglich veranschlagt. Wenn das Ersparte und der Kredit nicht ausreichen, steht das Projekt auf der Kippe. Baufinanzierer sollten daher Mehrkosten von zehn bis 15 Prozent einplanen.
Viele Bauherren wollen selbst anpacken, um Geld zu sparen. Sie überschätzen oft ihre Fähigkeiten oder ihr Zeitbudget. Wenn dann doch Handwerker ranmüssen, stimmt die Kalkulation nicht mehr. Besser ist es, den Wert der Eigenleistung konservativ anzusetzen.
Baufinanzierungen laufen über 30, 35 Jahre. In dieser Zeit fallen weitere Kosten für die Instandhaltung und Sanierung der Immobilie an. Wer nach Zins und Tilgung sein Budget ausgeschöpft hat, kann die Substanz seiner Immobilie nicht erhalten. Immobilieneigentümer sollten daher pro Jahr mindestens ein Prozent des Immobilienwerts als Rücklage ansparen.
Eine Baufinanzierung ist ein Projekt mit vielen Unbekannten. Schicksalsschläge lassen sich weder einplanen noch vermeiden. Tod oder Berufsunfähigkeit des Hauptverdieners können die Angehörigen in finanzielle Not bringen. Ohne ausreichenden Versicherungsschutz, muss die Immobilie unter Umständen zwangsversteigert werden. Sinnvoll sind Risikolebensversicherungen und Berufsunfähigkeitsversicherungen.
Banken haben kein Interesse daran, bei sinkenden Marktzinsen, ihre eigenen Konditionen nach unten anzupassen. Wer nicht rechtzeitig umschuldet, zahlt für die Anschlussfinanzierung wahrscheinlich zu hohe Zinsen. Baufinanzierer sollten sich spätestens sechs Monate vor Auslaufen der Zinsbindung nach einer Anschlussfinanzierung umschauen. Dabei sollten sie auch Angebote von anderen Banken als nur von der Hausbank einholen.
Viele Kinder bekommen schon bei der Geburt einen Bausparvertrag. Sie sollen sich damit später ein eigenes Heim finanzieren. Wer allein auf Bausparen setzt, zahlt jedoch am Ende zu viel für seine Baufinanzierung. Meist sind Bankkredite günstiger. Das liegt an der ungünstigen Kombination aus unattraktivem Sparzins und niedrigem Bauzins. Besser ist es, in Eigenregie anzusparen und damit den Eigenkapitalanteil erhöhen.
Wer eine Immobilie finanziert, kann neben der klassischen Finanzierung über Bankkredit oder Bauspardarlehen auch eine Lebensversicherung zur Tilgung einsetzen. Der Bauherr spart dabei in eine Lebensversicherung und zahlt Zinsen für das Baudarlehen. Später tilgt das Guthaben aus der Lebensversicherung den Kredit. Risiko: Oft ist das Guthaben aus der Police zu klein. Es bleibt eine Restschuld, die der Immobilieneigentümer abstottern muss. Besser ist es, auf tilgungsfreie Darlehen ganz zu verzichten.
Gegen kollabierende Bausparkassen spricht auch, dass die Branche derzeit eine hohe Zahl an Neuverträgen verzeichnet. Im ersten Halbjahr 2013 stieg die Zahl neuer Bausparverträge gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr um 25 Prozent. Zwar verdankten die Anbieter die steigende Nachfrage auch der Umstellung von Tarifen, doch selbst wenn man diese Sondereffekte herausrechnet, erwartet die Bausparbranche zum Jahresende noch ein signifikantes Wachstum. Zudem müssten die Bausparkassen vor Einführung neuer Tarife gegenüber der BaFin deren langfristige Tragfähigkeit durch Simulationsrechnungen unter Beweis stellen.
Zwar haben Bausparverträge als reines Anlageinstrument aufgrund der mickrigen Zinsen auf das Sparguthaben ausgedient. Doch für den Sparer mit der festen Absicht, eine Immobilie zu finanzieren, zu sanieren oder zu modernisieren haben Bausparverträge durchaus Vorteile - vor allem im Hinblick auf Planbarkeit und Finanzierungssicherheit.
Im Gegensatz zu den übrigen Banken im Privatkundengeschäft binden die Bausparkassen wie auch die Lebensversicherer ihre Kunden oft für viele Jahre und sogar Jahrzehnte. Das sorgt zumindest auf der Einnahmeseite für größere Stabilität gegenüber anders aufgestellten Banken. Die Niedrigzinsen hätten „spürbare Auswirkungen auf die Ertragssituation der Finanzinstitute“, erklärte Commerzbank-Privatkundenvorstand Martin Zielke. „Jede Bank, die im Privatkundengeschäft erfolgreich sein will, muss ihr Geschäftsmodell radikal umbauen. Nur das Schrauben an kleinen Teilen des Geschäftsmodells wird nicht mehr ausreichen.“
Somit erfährt die gesamte Finanzbranche einen Belastungsprobe. Für Sparer gibt es keinen Grund, gleich in Panik zu verfallen. Schließlich sind die Spareinlagen per Gesetz und durch zusätzliche freiwilligen Sicherungseinrichtungen der Finanzbranche zumindest bei den staatlich überwachten Instituten weitgehend geschützt.