Beteiligungsfonds Blaues Wunder für Private-Equity-Anleger

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Theoretisches Totalverlustrisiko

Wo Anleger in Private Equity investieren können

In den Hochglanzprospekten der Branche ist von solchen Zombies naturgemäß nicht die Rede. So versprach der thüringische Finanzdienstleister Atvantis Privatanlegern vor sechs Jahren eine jährliche Rendite von „8 bis 12 Prozent“ mit ihrem Private Equity Garant 1 Zertifikat. Doch statt wie versprochen das Kapital insgesamt zu verdoppeln, ist in diesem Mai zur Fälligkeit des Investments ein Minus von fünf Prozent herausgekommen. Dabei nimmt sich das Renditeversprechen des ostdeutschen Finanzvertriebs noch bescheiden aus – gemessen an den Hoffnungen, mit denen zur Jahrtausendwende Anleger in Scharen in Private Equity gelockt wurden. Mit weniger als 25 Prozent pro Jahr, so die damalige Devise der Vertriebe von Private-Equity-Fonds mit einer Laufzeit von 10 bis 14 Jahren, sollten sich Anleger nicht zufriedengeben – insbesondere bei Risikokapital-(Venture-Capital-)Investitionen in junge Unternehmen (Startups). Die Hamburger Futura Capitalis warb einst mit jährlichen Traumrenditen von „70 bis 100 Prozent“; die Münchner Innovativ Capital ging mit einem angeblich „überzeugenden Portfolio“ an den Start, in dem aber nur ganze sieben Beteiligungen steckten.

Derart vollmundige Versprechen haben oft keine Basis. Denn selbst im Jahr 2000, dem Allzeitrekordjahr für lukrative Verkäufe via Börsengängen erwirtschafteten Venture-Capital-Fonds im Durchschnitt nur 13,7 Prozent Rendite – und das nur brutto, vor Gebühren für die Anleger.

Viele in der Branche störte das wenig: Selbst noch im Jahr 2005, als die Technologieblase längst geplatzt war und die Börse eine lange Talfahrt hinter sich hatte, warb etwa die Münchner RWB, einer der größten Initiatoren von Private-Equity-Fonds für den Normalsparer, mit jährlichen Renditen von bis zu 16 Prozent.

Viele Anleger glaubten RWB & Co. 11,4 Milliarden Euro haben deutsche Privatanleger zwischen 1998 und Ende 2012 insgesamt in die Fonds gesteckt, die entweder direkt in Unternehmen investieren oder wiederum in andere Fonds. Kein Kleingeld also, das zudem über die lange Laufzeit der Fonds feststeckt. Anteile lassen sich, wenn überhaupt, vor Ende der Laufzeit eines Fonds nur mit größeren Abschlägen verkaufen.

Verzinst, das zeigt die erstmalige Analyse der um die Jahrtausendwende verkauften und nun fälligen oder bald zur Fälligkeit anstehenden Fonds, haben sich die Investments meist schlecht. Von den blumigen Renditeversprechungen jedenfalls sind alle Initiatoren weit entfernt.

„Die Ergebnisse der Fonds liegen durch die Bank hinter den damaligen Prognosen“, räumt Norman Lemke ein, Vorstand der RWB. „Bei den Renditen sind alle bescheidener geworden“, so auch Christian Brezina, Leiter Fondsmanagement Private Equity bei Wealthcap in Hamburg.

Sinnvolle Investments nach Marc Faber

Wealthcap gehört zu den Anbietern, die der WirtschaftsWoche detaillierte Daten zur Entwicklung ihrer Fonds zur Verfügung gestellt haben. RWB als einziger der angefragten Großvertriebe dagegen nicht, was Vorstand Lemke mit einer speziellen Struktur der RWB-Produkte als „thesaurierende und reinvestierende Fonds“ erklärt. Thesaurierend heißt, dass Gewinne nicht ausgeschüttet werden, sondern im Fonds verbleiben. Die Renditen von RWB lägen je nach Investitionszeitpunkt der Anleger „zwischen sechs und neun Prozent“, sagt Lemke. Anleger, die etwa im Oktober 2000 mit 10.500 Euro Beteiligungssumme inklusive des üblichen Aufschlags von fünf Prozent (Agio) eingestiegen waren, erhielten laut RWB zum 1. Januar 2010 ein Rückkaufangebot über 15.147,83 Euro. Das sind zwar 44 Prozent plus, aber auch nur vier Prozent pro Jahr. Eine zehnjährige Bundesanleihe hätte sich pro Jahr um 0,5 Prozentpunkte besser verzinst.

Wenigstens vier Prozent hätte auch Stefanie L. gerne. 2004 verkaufte ein Vertreter des inzwischen insolventen Versicherungsmaklers Venturion der damals 29-Jährigen statt der eigentlich gewünschten Lebensversicherung einen Sparplan auf Private-Equity-Fonds der RWB „für die Altersvorsorge“. 63 Euro monatlich zahlte sie gut sechs Jahre lang ein, 2010 stoppte sie die Raten. Fehlende Informationen zu der Entwicklung ihres Fonds hätten bei ihr das Gefühl erweckt, dass es sich nicht um die versprochene „sichere Anlage für später“ handele. Das ist wahr: Im Gegensatz zu einer Lebensversicherung gehen Anleger in Private Equity ein – zumindest theoretisches – Totalverlustrisiko ein, so steht es in den Prospekten der Initiatoren, wenn auch nicht an prominenter Stelle. Frau L. beging den Kardinalfehler vieler Anleger, den Versprechen des Maklers zu vertrauen, statt selbst einen Blick in den Prospekt zu werfen. „Das würde ich heute nicht mehr machen“, so die zweifache Mutter. Heute wäre sie lieber ihre Beteiligung los. Rund 5000 Euro hat sie eingezahlt, 3270 Euro würde sie zurückbekommen – im Jahr 2029. „Das sind unsaubere Methoden“, klagt sie. Zumal sich RWB in anderen Fällen, wie dem eines Ärztepaares aus dem süddeutschen Raum, deutlich großzügiger gezeigt haben soll: Um eine Klage zu vermeiden, hatte man sich lieber geräuschlos auf einen Vergleich geeinigt, so eine mit der Transaktion vertraute Person. Insgesamt 380.000 Euro hatte das Arztpaar in Hoffnung auf zweistellige Renditen verwettet.

RWB-Vorstand Lemke dementiert nicht, dass es Rückkäufe gegeben hat. Vergleiche insbesondere bei Sparplänen hätten in der Regel bei 50 bis 60 Prozent des investierten Kapitals gelegen, in Einzelfällen auch bei „80 bis 90 Prozent“. Aktuell lägen Storno-Wünsche für etwa ein Prozent der Fondsvolumina vor. Die Anleger wollten aber nicht raus, weil die Produkte nichts taugten oder sie von Vertrieben falsch beraten worden seien, sondern zum Beispiel weil sie Liquiditätsprobleme hätten, wegen „Scheidung etwa“.

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