Big-Data-Fonds "Datenschutz ist ein Risiko"

Fondsmanager Jacques-Aurelien Marcireau investiert für die Vermögensverwaltung Edmond de Rothschild in Big-Data-Unternehmen. Die Datensammler selbst stehen aber nicht im Fokus. Worauf seine Anlagestrategie aufbaut.

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Serverbank: Das Sammeln und Auswerten großer Datenmengen ist oft ein lukratives Geschäft. Quelle: AP

WirtschaftsWoche: Bei der Verwendung von Big Data sehen Sie weiterhin enormes Potenzial. Bei welchen Branchen, die bislang eher weniger damit in Verbindung gebracht werden, vermuten Sie den größten Bedarf?

Jacques-Aurelien Marcireau: Man erwartet bei der Verbreitung von Big Data so transformierende Auswirkungen in vielen Wirtschaftssektoren, dass sich keiner je wagen würde, ihre wirtschaftliche Realität in Frage zu stellen. Der Gesundheitsbereich, die Autoindustrie, Dienstleistungen, Banken und Versicherungen – kein Sektor bleibt unberührt. Traditionelle Unternehmen bemühen sich sehr, so viele Daten wie möglich über das Kundenverhalten zu sammeln, um Risikoanalysen zu optimieren und neue Märkte zu identifizieren.

Welche Märkte sind dafür prädestiniert?

Die Datenflut stellt eine beispiellose Chance für die Innovation im Gesundheitssektor dar: Erkennung von Risikofaktoren bei Krankheiten, Diagnosehilfe, Auswahl und Kontrolle der Behandlung und deren Effizienz, Unterstützung bei Arzneimittelsicherheit und Epidemiologie, etcetera. Dank Big Data entwickelt sich gerade in der Gesundheitspflege ein sogenannter „4 P“-Ansatz für „predictive“ – voraussagend, „preventative“ – vorsorglich, „personalised“ – personalisiert und „participative“ – partizipativ.

Zur Person

Was ist mit traditioneller Industrie?

Schon lange helfen Sensoren in unseren Autos zum Beispiel dabei, den Reifendruck sowie das Öl- und Kraftstoffniveau zu messen. Aber Big Data hat den Automobilsektor komplett verändert: Das Fahren wird sicherer und ökologischer. Die neuen Autos von heute verlassen die Fabrik mit durchschnittlich 100 Sensoren inklusive Radar, hochauflösender Kameras sowie optischen und thermischen Sensoren.

Das klingt, als könnten sie in Zukunft in nahezu jede Branche und jeden Markt investieren, weil Big Data überall ist.

Über die Sektoren hinweg werden einige Firmen mehr als andere von der Big Data-Revolution profitieren können. Wir glauben, der richtige Investmentansatz liegt in einem pragmatischen und selektiven Blick auf die bewerteten Unternehmen und deren Produkte und Lösungen. Unser Ziel ist es, Anbieter und Nutzer zu identifizieren, die von diesen Chancen profitieren werden. Unser Geschick bei der Titelauswahl ist unsere wichtigste Mehrwertquelle.

Fonds mit Schwerpunkt Big Data

Wie beurteilen Sie die Risiken, dass der Trend zu Big Data durch regulatorische Eingriffe der Regierungen zum erhöhten Datenschutz eingeschränkt wird?

Jeder technologische Fortschritt hat seine dunkle Seite. Datenschutz ist ein Risiko, das beobachtet werden muss. Daten müssen in einer verantwortungsvollen Art und Weise verwendet werden. Die Frage der Privatsphäre kann ein Risiko und eine Chance zugleich darstellen.

„Big Data kann auch zu Wettbewerbsrisiken führen“

Haben Sie ein Beispiel?

Ein gutes Beispiel ist der niederländische Anbieter von Cloud-Dienstleistungen Interxion: Das Unternehmen verfügt über 40 Rechenzentren in ganz Europa und hat ambitionierte Entwicklungspläne. Durch seine solide Basis in Europa genießt Interxion einen klaren Wettbewerbsvorteil, denn einige Firmen sind rechtlich dazu verpflichtet, ihre Daten in ihrem Heimatland zu lagern.

Wo liegen die Gefahren?

Big Data kann auch zu Wettbewerbsrisiken führen. Kürzlich haben wir an dem Risiko gearbeitet, das mit den Algorithmen des maschinellen Lernens verbunden ist. Wenn konkurrierende Firmen auf ihre durch Big Data neu gewonnenen Daten zurückgreifen, kann dies zum Beispiel zu stillschweigenden Preisabsprachen führen.

IT- oder Technologie-Fonds zeigten in der jüngeren Vergangenheit eine hervorragende Performance, trotz der jüngsten Rückschläge an der Börse. Braucht es da überhaupt Fonds mit dem Fokus auf Big Data?

Big Data deckt sehr unterschiedliche Sektoren ab: künstliche Intelligenz, vernetzte Gegenstände, Algorithmen… Wir sind davon überzeugt, dass die Werterzeugung in dieser Thematik nicht aus dem technologischen Sektor kommen wird, sondern aus anderen Bereichen und von Unternehmen, die Technologien nutzen möchten, um ihr Geschäftsmodell und ihren Sektor umzuwandeln. Der Edmond de Rothschild Fund Big Data ist daher im Wesentlichen ein Themenfonds, der in einem viel breiteren Universum unterwegs ist, als Fonds, die auf den IT-Sektor spezialisiert sind. 

Sind Sie der Meinung, dass Big Data-Fonds in Zukunft traditionelle IT- oder Technologie-Fonds bei der Performance übertreffen können?

Performance muss immer mit dem ausgewählten Risikoniveau relativiert werden und risikoadjustiert sein. Ein Themenfonds ist in seiner Natur breiter gefächert und bietet den Vorteil, nicht nur einem Sektor ausgesetzt zu sein, der kurzzeitige Einbrüche verzeichnen kann, wie es im IT-Sektor Anfang Juni beispielsweise der Fall war.

Also ist speziell das Thema Big Data derzeit erfolgversprechender als typische Technologiefonds?

Aus diesen Gründen vergleichen wir den EdRF Big Data nicht mit Tech-Fonds, da diese von einigen Schwergewichten des IT-Bereichs in ihrem Index gefesselt sind. Wir glauben bei Edmond de Rothschild Asset Management, dass wir mit unserem Fonds ein sehr starkes Risiko-Rendite-Verhältnis anbieten, welches zum Beispiel mit einem traditionellen Tech-Fonds-Engagement ergänzt werden kann. 

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